# taz.de -- Neues Opernhaus für Hamburg: Musik-Maschine im menschengemachten Berg
> Der Entwurf für einen spektakulär zurückhaltenden Opern-Neubau wurde
> vorgestellt. Das Haus soll ein Geschenk des Logistik-Unternehmers Kühne
> werden.
(IMG) Bild: Zwischen Landschaft und Gebäude: Entwurf fürs neue Hamburger Opernhaus
Es könnte Hamburgs drittes Wahrzeichen werden, nach dem Michel und der
Elbphilharmonie: ein neues Opernhaus in der Hafencity mit einer Kaskade
weit ausragender geschwungener Dächer und Glasfassaden nach allen Seiten.
Die Dächer sollen begrünt und begehbar sein, ein öffentlicher Ort auch für
Leute, die mit Oper nichts am Hut haben – und das alles als Geschenk des
Logistik-Milliardärs Klaus-Michael Kühne.
Der Hamburger Senat und die Stiftung des in Hamburg geborenen Kühne haben
am Donnerstag den Sieger eines „architektonischen
Qualifizierungsverfahrens“ vorgestellt. Eine 14-köpfige Jury aus Vertretern
des Senats, der Bürgerschaft, der Stiftung und Leuten vom Fach wählte unter
fünf Entwürfen einstimmig den des Kopenhagener Architekturbüros [1][Bjarke
Ingels Group].
Der Entwurf soll in den kommenden zwei Jahren ausformuliert werden. Danach
will die Kühne-Stiftung entscheiden, ob sie das Projekt tatsächlich
finanziert. Die Rede war bisher von 350 Millionen Euro, die Kühne ausgeben
würde. Die [2][Stadt würde das Grundstück bereitstellen und für 147,4
Millionen Euro herrichten], das heißt insbesondere mit einer Gründung und
Flutschutz versehen.
Kühne ist für manche ein rotes Tuch, weil er seinen Wohnsitz in der Schweiz
hat, ergo hierzulande keine Steuern zahlt. Die taz hat zudem publik
gemacht, dass Kühnes Firma Kühne+Nagel von den Arisierungen unter der
Nazi-Herrschaft profitiert hat. Bis heute [3][weigert sich Kühne, die
Firmengeschichte aufzuarbeiten].
Dabei hat auch der Baakenhafen, an dem die Oper gebaut werden soll, eine
schmutzige Geschichte. Hier wurde in den 1940er-Jahren geraubtes Eigentum
von Jüdinnen und Juden verladen, auch von Schiffen von Kühne+Nagel. Und
hier legten die Schiffe mit den Soldaten ab, die zwischen 1904 und 1908 den
[4][Völkermord an den Herero und Nama] im heutigen Namibia begingen.
Das neue Operngebäude würde an der Spitze des Kais, auf dem Baakenhöft,
gebaut, auf halber Strecke zwischen der Elbphilharmonie im Westen und
Hamburgs höchstem Hochhaus in spe – dem Elbtower – im Osten. Es wäre auf
drei Seiten von Wasser umgeben, was sich durch die Glasfassaden und
Spazierwege auf und an dem Gebäude erschlösse.
## Im „Man made mountain“ verschwunden
Tobias Kratzer, Intendant der Staatsoper, sieht in dem Entwurf
architektonisch all das verkörpert, wofür die Staatsoper in ihrer
Programmatik stehe: „Ein Gebäude, das sich in vollen 360 Grad zur Stadt hin
öffnet; ein Park, der die Oper buchstäblich in jeder Windung seiner Wege
mit der Welt und die Welt mit der Oper konfrontiert – und eine Silhouette,
die in ihrer Leichtigkeit einfach gute Laune macht.“
Tatsächlich haben es die Architekten geschafft, „die Maschine, die ein
Opernhaus zu sein hat“, wie es Kultursenator Carsten Brosda ausdrückte,
aufs Anmutigste zu verpacken. Ein 34 Meter hohes Gebäude mit Zuschauerraum,
Hauptbühne, Hinterbühne, Nebenbühnen, Proberäumen, Werkstätten, Lager und
Technik soll unter einem „Man made mountain“ verschwinden, wie der
Architekt Bjarke Ingels sagte. „Es ist unglaublich rational konstruiert“,
lobte Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing.
Die Terrassen des Gebäudes setzen sich zur Landspitze hin fort – bis hin zu
einem Bereich, der im Falle einer Sturmflut überspült würde. Hier schlagen
die Architekten eine ufertypische Bepflanzung vor, hinter dem Gebäude ein
Küstenwäldchen. Ingels und seine Kollegen schufen damit eine Landschaft,
die aber zugleich deutlich als Gebäude erkennbar ist. Oberbaudirektor Höing
nannte es ein Haus, das es schaffe, den prominenten Ort zu besetzen, „ohne
vordergründig laut zu sein“.
## Für die Linke ist das viele Grün nur ein Feigenblatt
Der Entwurf sieht ein Foyer über mehrere Stockwerke vor. Mit 1.501 Plätzen
würde der Zuschauerraum etwas [5][kleiner als bei der heutigen Oper in der
Innenstadt]. Im Gegensatz zum heutigen Saal aus den 1950er-Jahren wären
nicht alle Balkone nach vorn ausgerichtet. Die Opera stabile als Nebenbühne
würde mit 250 Plätzen größer als heute.
Kühnes Angebot, das auf die Opernbegeisterung zurückgeht, die seine Frau in
ihm geweckt hat, kommt zur rechten Zeit, denn beim alten Gebäude steht eine
Generalsanierung an. Währenddessen müsste die Oper schließen. Solche
Sanierungen haben sich in anderen Städten als Millionengräber erwiesen. Auf
der anderen Seite sind in Hamburg auch die Kosten von Neubauten im Verlauf
der Arbeiten exorbitant gestiegen.
„Dieser Betrag ist gedeckelt“, steht in der Pressemitteilung des Senats
neben den 147,5 Millionen Euro, die er beisteuern will. Daran, dass es
dabei bleibt, wecken Projekte wie die Elbphilharmonie [6][oder der
Elbtower] Zweifel.
Die Linke spielte bei dem vielen Lob den Spielverderber. Sie bemängelte das
beschränkte Auswahlverfahren und bezeichnete das viele Grün des Entwurfs
als Feigenblatt. „Das Nachhaltigste wäre es, die Staatsoper an der
Dammtorstraße zu sanieren und an neue Anforderungen für den Spielbetrieb
anzupassen“, vermutet der Bürgerschaftsabgeordnete Marco Hosemann.
13 Nov 2025
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## AUTOREN
(DIR) Gernot Knödler
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