# taz.de -- Fotoarbeit von Arne Beierlorzer: „Anders als in meiner Vorstellung schämen sich Kinder nicht“
> Arne Beierlorzer hilft als Arzt in einem Friedensdorf, wo Kinder mit
> Verbrennungen behandelt werden. Er zeigt, wie unbefangen sie mit ihrer
> Versehrtheit umgehen.
taz: Herr Beierlorzer, Sie engagieren sich im [1][Friedensdorf
International] in Oberhausen. Was genau machen Sie?
Arne Beierlorzer: Ich bin Assistenzarzt in der plastischen Chirurgie, aus
Interesse habe ich angefangen, dort ehrenamtlich zu helfen. Über das
Friedensdorf International in Oberhausen werden zirka 180 Kinder behandelt,
die aus Ländern mit einer schlechten medizinischen Versorgung kommen,
beispielsweise aus Afghanistan oder Angola. Sie sind meist zwischen 6
Monaten und einem Jahr in Deutschland.
taz: Was haben die Kinder erlebt, die nach Oberhausen kommen?
Beierlorzer: Viele leiden an den Spätfolgen von Verbrennungen, die nicht
adäquat behandelt wurden. Einige wurden durch die Feuerstelle zu Hause,
andere durch Verpuffung und leider auch einige durch Gewaltverbrechen
verbrannt. Es bilden sich starke Narbenstränge, die dafür sorgen können,
dass etwa das Kinn an die Brust wächst und der Hals nicht mehr gestreckt
werden kann. Bei Verbrennungen an den Händen kann es zu einer starken
Beugekontraktur kommen, also dass sich die Hand nicht mehr strecken lässt.
In einzelnen Fällen wachsen die Finger dann in die Hohlhand.
taz: Wie helfen Sie den Kindern?
Beierlorzer: Je nach Schweregrad ihrer Verletzung werden sie im
Friedensdorf selbst oder in einem Krankenhaus operiert. Im Anschluss
beginnt die Rehabilitation, zum Beispiel Physiotherapie. Das Ganze
finanziert sich ausschließlich über Spenden.
taz: Und was ist dabei Ihre Rolle?
Beierlorzer: Ich bin ehrenamtlich im Versorgungsteam tätig und helfe hin
und wieder bei den Operationen. Es wäre jedoch nicht richtig zu sagen, dass
ich nur aufgrund der guten Sache dort arbeite. Natürlich spielt das auch
eine Rolle, ganz klar, aber unabhängig davon bin ich auch aus fachlicher
Sicht an der Behandlung der Kinder interessiert. Oft weisen sie
Krankheitsbilder auf, die es in Deutschland gar nicht mehr gibt.
taz: Sie machen im Friedensdorf auch Fotos. Wie kam es dazu?
Beierlorzer: Die Fotografie ist meine große Leidenschaft. Im letzten Jahr
habe ich an einem Seminar des [2][Fotografen Nikita Teryoshin] in Berlin
teilgenommen, das „Surprise, Surprise die Radikale Reportage“ hieß. Es ging
darum, aus der traditionellen Dokumentarfotografie auszubrechen. Das fand
ich spannend. Anfangs wollte ich unter anderem Bilder aus dem
Operationssaal im Friedensdorf machen oder von den Verletzungen der Kinder.
Als Arzt habe ich schon viel gesehen und eine große Toleranz entwickelt für
Blut und Verletzungen. Als ich die Bilder aber anderen Menschen zeigte,
merkte ich an ihrer Reaktion, wie krass die Fotos sind.
taz: Deshalb haben Sie sich einen anderen Fokus gesucht?
Beierlorzer: Ja. Ich sah die Kinder im Dorf spielen. Mit der Zeit merkte
ich, dass sie ganz selbstbewusst posierten, wenn ich mit der Kamera kam,
egal welche Art von Verletzung oder Verbrennung sie haben. Anders als in
meiner Vorstellung schämen sich die Kinder nicht, im Gegenteil. Jedes Mal,
wenn ich Fotos mache, drängen sie geradezu ins Bild. Es ist ihnen auch sehr
wichtig, dass sie noch im Dorf sind, wenn ich die Bilder ausgedruckt
mitbringe.
taz: Das Besondere ist, wie unbefangen und normal sie trotz ihrer
Versehrtheit sind?
Beierlorzer: Absolut! Stellt man sich die Arbeit im Friedensdorf vor, denkt
man sofort an arme Kinder. Das sind sie natürlich in bestimmter Hinsicht
auch. Aber in erster Linie sind sie starke Charaktere und tolle Kids, die
sich sicherlich nicht nur auf ihr Handicap reduzieren lassen. Das
Fotoprojekt heißt aus genau diesem Grund „Just Kids“. Im Vordergrund stehen
die Kinder als Kinder. Erst auf den zweiten Blick merkt man, dass diese
Kinder in unterschiedlicher Weise beeinträchtigt sind. Sie selbst
beschäftigt das, wenn sie beispielsweise ins Spiel vertieft sind, nur am
Rande. Das möchte ich abbilden. Wie die Kinder miteinander umgehen, wie
sich die Älteren um die ganz Kleinen kümmern, wie sich alle verbrüdern und
verschwestern, das ist wirklich etwas Besonderes.
Arne Beierlorzer, 34, ist Arzt und Fotograf, [3][[Link auf
http://www.arnebeierlorzer.com]] [4][www.arnebeierlorzer.com]
17 Nov 2025
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## AUTOREN
(DIR) Raweel Nasir
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