# taz.de -- Potsdams neue Oberbürgermeisterin: Alle recht freundlich
       
       > Das erste Mal als Rathauschefin nimmt Noosha Aubel am Mittwoch an der
       > Stadtverordnetenversammlung teil. Eins ist klar: Ihre Schonfrist ist
       > kurz.
       
 (IMG) Bild: Noosha Aubel
       
       „Viel Glück und viel Segen auf all Ihren Wegen“ wünscht der
       FDP-Stadtverordnete Björn Teuteberg der neuen Potsdamer
       Oberbürgermeisterin. Benjamin Körner von Volt verspricht „der lieben
       Noosha“, seine Fraktion werde sie unterstützen, „wo es um Fortschritt geht“
       und ihr einstiger CDU-Mitbewerber um das Amt, Clemens Viehrig, lobt ihr
       Vorhaben, die Sitzungen der Stadtverordneten zu straffen: „Da kann ich nur
       sagen, gehnse da voran“.
       
       Es sind alle ziemlich nett am Mittwochnachmittag auf der ersten Sitzung der
       Stadtverordnetenversammlung, an der die parteilose Noosha Aubel als
       Rathauschefin teilnimmt. [1][Nach diesem Jahr, in dem die Stadtverordneten
       die Abwahl des Oberbürgermeisters Mike Schubert (SPD) durchsetzten], liegt
       der Wunsch nach einem Neuanfang in der Potsdamer Stadtpolitik nahe. Sogar
       der SPD-Fraktionschef Nico Marquardt verspricht artig, seine Fraktion werde
       Aubel unterstützen.
       
       [2][Dabei hatte die SPD auf den letzten Metern des Wahlkampfs panisch vor
       „grünen Experimenten“ gewarnt], als die Niederlage ihres aus Berlin
       importierten Kandidaten Severin Fischer auf einmal möglich schien, und
       damit ein Ende von 35 Jahren SPD-Herrschaft in der Stadt. Doch das ist
       Schnee von gestern, künftig muss Aubel auch mit den Sozialdemokraten
       zusammen arbeiten, vor allem, weil der Landeshauptstadt ein Sparhaushalt
       bevorsteht. Marquardt bat denn auch um einen „zeitnahen, transparenten
       Haushaltsprozess“.
       
       Nach all den Glückwünschen steht Aubels erster Bericht als
       Oberbürgermeisterin an. Zu berichten hat sie noch nichts, erst am Dienstag
       war die 49-Jährige feierlich in ihr Amt eingeführt worden. Und so liefert
       sie in ihrer Rede stattdessen einen Problemaufriss: „Wir alle kennen doch
       die Spirale: Die Politik sagt zur Verwaltung: Wenn ihr zügig und adäquat
       liefern würdet, müssten wir nicht so viele Anträge stellen. Und die
       Verwaltung sagt: Wenn ihr nicht so viele Anträge stellen würdet, könnten
       wir endlich unsere eigentliche Arbeit machen.“ Das stimme zwar beides, sagt
       sie, „beides führt uns aber nicht weiter“. Sie stellt sich „Verwaltung und
       Politik als eingespieltes Team“ vor, die zusammen arbeiten für „das
       gemeinsame Ziel, eine lebenswerte Stadt“.
       
       ## Schwere Entscheidungen
       
       Vielleicht konnte Aubel den Erdrutschsieg von 72,9 Prozent bei der
       Stichwahl Mitte Oktober auch deswegen erreichen, weil solche Sätze bei ihr
       erstaunlicherweise nicht nach heißer Luft klingen, sondern nach einem Plan.
       Die Potsdamer Stadtpolitik benötige weniger Symbolik, weniger Meinung,
       dafür mehr fakten- und datenbasierte Entscheidungen. „Wir müssen das Tempo
       erhöhen und unsere Wirksamkeit sichtbarer machen“, fordert sie. Sie habe
       die Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung besucht und dabei gemerkt,
       dass man bei vielen Themen „inhaltlich nicht weit auseinander liege.“
       Wohnen, soziale Gerechtigkeit, Klimaresilienz nennt sie als wichtige
       Themen.
       
       Übersetzt ins Kommunale bedeutet das zum Beispiel, [3][über die weitere
       Finanzierung von Leih-Lastenrädern abzustimmen]. Mit 75.000 Euro hatte die
       Stadt in den vergangenen drei Jahren ein Projekt des Vereins Inwole
       gefördert, mit dem 15 Lastenräder sowie Schwerlastanhänger in Potsdam
       kostenfrei gegen Spende genutzt werden konnten.
       
       Ende Oktober erreichte den Verein ein Brief aus der Stadtverwaltung, in dem
       diese ihr Bedauern darüber ausdrückte, dass die Fördersumme im kommenden
       Haushalt nicht mehr zur Verfügung stehe. Die Verwaltung – und mit ihr die
       neue Verwaltungschefin – argumentieren am Mittwoch, ohne eine neue
       Ausschreibung könne die Stadt das Projekt nicht weiter fördern. Das jedoch
       sieht eine Mehrheit aus den Fraktionen von Linken, Grünen, Andere und
       Freien Wählern anders und beschließt die weitere Finanzierung. Abgestimmt
       wird am frühen Abend – da ist die Stunde der Glückwünsche schon vorbei.
       
       6 Nov 2025
       
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