# taz.de -- Olivenöl aus Österreich: Österreich wird Ölstaat
       
       > In Kroatien wird es für manche Olivensorten zu heiß. Weiter nördlich
       > dafür gerade heiß genug, zum Beispiel in der Alpenrepublik.
       
 (IMG) Bild: Sieht noch gut aus: kroatischer Olivenzweig
       
       Ein gleichmäßiges, leises Maschinensurren durchzieht die warme Luft. Es ist
       Ende Oktober, hier im kroatischen Dalmatien ist Olivenernte, so wie überall
       am Mittelmeer. Unter den Bäumen breiten Mitarbeitende Netze aus, fahren den
       Rüttler ins Geäst, dann prasseln die Oliven herunter. An den unteren Ästen
       und dort, wo die Maschinen nicht hinkommen, wird von Hand gepflückt. Nach
       dem Abfüllen und Sortieren geht es in die Presse. Dort wird aus den
       Früchten Öl.
       
       Sobald das Brot in die grasgrüne Flüssigkeit getunkt wird, ist die Mühe
       vergessen. Olivenernte, so romantisch das klingt, ist keine leichte Arbeit
       – das weiß Milenko Zagorac. Seine Familie baut seit 2006 Oliven an,
       ökologisch. Jetzt führen Zagorac und seine Schwiegertochter durch ihren
       Olivenhain in der kleinen Stadt Polača im Süden Kroatiens. Über 1.000 Bäume
       stehen hier, die Ernte dauert fast 14 Tage, ohne Wochenende.
       
       Die Olivenernte dieses Jahr? „Ne tako dobro“, nicht so gut, sagt Zagorac,
       seine Schwiegertochter übersetzt. Und [1][wie beeinflusst die
       Klimaerhitzung den Anbau hier]? Um das zu sagen, sei er eigentlich noch
       nicht lang genug dabei. „Aber was ich beobachten kann“, sagt Zagorac,
       „jedes Jahr wird es etwas heißer, extremere Wetter nehmen zu, und ein
       milder Übergang zwischen Frühling und Sommer, der fehlt irgendwie.“
       
       Der Olivenbaum ist zu einem bestimmten Zeitpunkt der Vegetationsperiode auf
       Wasser angewiesen. Bleibt der Regen aus, muss nachgeholfen werden. 2024 war
       so ein Jahr. Der kroatischen Wetterbehörde zufolge war es das heißeste seit
       Beginn der Aufzeichnungen. Da kamen auch die eigentlich an Hitze
       angepassten Oliven in Polača nicht mehr mit. Sie mussten gewässert werden,
       mit Wassertanks, die bestellt und bezahlt werden mussten.
       
       ## Nährboden für Schädlinge
       
       Die Regionen rund ums Mittelmeer erhitzen sich besonders schnell. Die
       Folgen: [2][Wetterextreme wie Hitze und Dürre]. Hinzu kommen milde Winter,
       ein idealer Nährboden für Schädlinge. Für den Olivenbaum bedeutet das
       Stress. Die Hitzeanpassung kostet den Baum Energie, die dann nicht zur
       Bildung der Frucht da ist.
       
       Für die Menschen, die mit und von der Olive leben, eine Herausforderung.
       Was also tun? Tatjana Klepo von der Universität Split hat Ideen. Die
       Professorin erforscht Olivenbäume und ihre genetische Vielfalt. Sie steht
       an einem der ältesten Olivenbäume Kroatiens – er wird auf etwa 1.500 Jahre
       geschätzt. Groß und voll beladen mit Oliven steht er etwas verloren in
       einem Vorort von Split. Darüber donnern immer wieder Flugzeuge, die vom
       nahen Flughafen starten.
       
       Die Auswirkungen des Klimawandels seien bereits spürbar, sagt Klepo. „Die
       Vegetationsperiode des Olivenbaums hat sich verschoben. Er blüht oft eine,
       manchmal sogar zwei Wochen früher.“ Um den widrigen Bedingungen des
       Klimawandels zu trotzen, braucht es widerstandsfähige, anpassungsstarke
       Sorten. Die sucht Klepo. Auch fernab von Kulturpflanzen. „Die wilden Oliven
       haben sich unter schwierigsten Bedingungen über Jahrhunderte gehalten. Wenn
       wir sie mit herkömmlichen, autochthonen Sorten kreuzen könnten, hätten wir
       vielleicht einen strapazierfähigen Olivenbaum.“
       
       Doch nicht jeder Olivenbaum kann überall wachsen. Böden, Mikroklima, alles
       spielt mit hinein. Das heißt, es müsste für jede Haupt- und Subzone
       unterschiedliche Bäume geben. Sowieso ist all das schwierig vorherzusagen
       und zu kalkulieren. Mit großer Wahrscheinlichkeit, sagt Klepo aber, wird
       sich die Anbauzone nach Norden verschieben, weg vom Mittelmeer.
       
       ## Österreich optimal für die Olive?
       
       Was noch wie ein Modell klingt, wird in Österreich bereits erprobt, auf dem
       Hof von Mathias und Erich Welleschitz. Neben Reis und Edamame pflanzen
       Vater und Sohn in Niederösterreich auch Oliven an. Auf kargen,
       nährstoffarmen Böden mit Süd-Hanglage. „Das scheint optimal zu sein für die
       Olive“, sagt Mathias Welleschitz bei einem Video-Anruf.
       
       Die Inspiration zum Olivenanbau kam von Markus Fink, er leitet den Verein
       Agro Rebels in Österreich. Das Motto bei der Gründung: Der Klimawandel ist
       da, den Landwirten muss geholfen werden. Denn nicht nur im Mittelmeerraum,
       sondern auch in Österreich wird es wärmer. „Geschlossene Schneedecke im
       Osten Österreichs kannst du vergessen“, sagt Fink, „die typische
       Tiefsttemperatur liegt heute bei minus 8 oder minus 9 Grad Celsius. In den
       1990er Jahren waren es noch minus 18 Grad.“ Für die Olive wird es in
       Österreich also angenehmer.
       
       „Die Olive, die ist griffig, die kennt man vom Urlaub am Mittelmeer“, sagt
       Markus Fink, und genau deshalb wurde der Baum auch als erste exotische
       Testpflanze des Vereins für Österreich gewählt.
       
       Bereits heute gibt es mehr als 7.000 Olivenbäume in Österreich. Natürlich
       funktioniere das nicht überall, sagt Fink. „Das war ein breiter Lernweg,
       der uns gezeigt hat, dass es eigentlich nicht unbedingt die
       Tiefsttemperaturen sind, die etwas ausmachen, sondern eher der gesamte
       Witterungsverlauf, vor allem auch die Schneelage“.
       
       ## Erste Ernten
       
       Olivenbäume tragen nach zehn Jahren erst so richtig. Die ersten
       österreichischen Ernten 2024 sind weit entfernt von den hohen Ertragsmengen
       in Kroatien. Aber irgendwann soll auch auf dem Welleschitzer Hof die
       Olivenproduktion fester Bestandteil des Anbausortiments werden.
       
       Der Olivenbaum ist eine robuste Pflanze, die sich anpassen kann. Deshalb ja
       auch die Hoffnung vieler, dass sie es schafft, egal ob in Österreich oder
       Dalmatien. In Kroatien setzt Milenko Zagorac darauf, dass zusätzliche
       nachhaltige Bewässerungsmethoden den Oliven über Dürreextreme hinweghelfen
       werden. Und Professorin Tatjana Klepo hat vor dem 1.500 Jahre alten Baum in
       Split noch eine Botschaft: „Das Schöne am Olivenbaum ist, dass er sehr,
       sehr widerstandsfähig ist. Und ich glaube, dass er noch viele, viele Jahre
       widerstehen und sich an den Klimawandel anpassen wird.“ Dann donnert am
       Himmel wieder ein Flugzeug.
       
       5 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Olivenernte-und-Klimakrise/!6122073
 (DIR) [2] https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg2/chapter/ccp4/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lisa Stueve
       
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