# taz.de -- Die Bibel im Instrumentenkasten: Kurzschluss von Profit und Religion
       
       > Lob und Lobpreisung, Erfolg mit Religion verbrämt: Auch das sucht Donald
       > Trump und fand es in der Knesset.
       
 (IMG) Bild: Posiert gern mit der Bibel: Donald Trump am 1. Juni 2020 vor der St. John's Episcopal Church in Washington D.C
       
       Nun ist er also in Asien, der unermüdliche Donald Trump. Und wieder ein
       Friedensabkommen. Diesmal zwischen Thailand und Kambodscha.
       Friedensvermittlung ist wohl eine seiner erstaunlichsten Neigungen –
       angesichts des gleichzeitigen Schürens von Kriegsängsten. Etwa in der
       Karibik.
       
       Seinen Höhepunkt hatte dieser Widerspruch kürzlich im Nahen Osten. Wie groß
       war die Verwirrung, die er mit seinem erfolgreichen Geisel-„Deal“ ausgelöst
       hat! Das zeigte sich nicht zuletzt daran: Jeder Kommentar zu dem Thema
       begann mit dem Ausdruck der Freude. Über die Freilassung der Geiseln. Über
       das – prekäre – Schweigen der Waffen. Über das Ende des Sterbens. Es war
       das ungläubige Eingeständnis eines guten Wirkens ausgerechnet von ebenjenem
       Donald Trump.
       
       Man bekommt das nicht zusammen. Hier der „Friedensstifter“ – dort die
       [1][ICE-Razzien]. Hier die Geiselbefreiung – dort das Verständnis für das
       blutige Durchgreifen der Hamas als „Ordnungsmacht“. Hier der
       Friedensnobelpreis-Anwärter – dort der erbarmungslose Rächer an seinen
       Kritikern.
       
       Erhellend war diesbezüglich Trumps Auftritt im israelischen Parlament, in
       der Knesset. Während man allerorts Bilder der echten Emotionen der Menschen
       sah, wurden diese zum Spielgeld in diesem unglaublichen Spektakel der
       Macht.
       
       Der internationalen Politik gehe es immer um Interessen, Moral sei da
       bestenfalls ein Ornament, schrieb die Zeit. Selten aber liegen die
       Interessen so blank vor aller Augen als private Geschäftsinteressen, denen
       alles zum Anlass für Investitionen werden kann. Familybusiness im wahrsten
       Sinn. „Wandel durch Handel“ erhielt hier eine ganz neue Bedeutung. Moral
       kam dabei keine vor. Dafür aber Religion. Trump in der Knesset – das war
       gewissermaßen der Kurzschluss von Profit und Religion. Von Geschäft und
       Bibel. Die Heiligung des Profits. Und das Profitieren vom Heiligen. Ein
       Geben und Nehmen. Ohne Umweg über die Moral.
       
       ## Ein groteskes Schauspiel.
       
       Zwei der rechtesten Staatschefs der Welt – mitsamt ihrer jeweiligen
       Entourage – akklamierten sich wechselseitig. Wobei Trump eindeutig der
       Primus inter Pares, der Erste unter Gleichen, war. Was er dort erfahren
       hat, war nicht nur Lob, sondern Lobpreisung. Nicht nur Dank, sondern
       Huldigung. Erfolg verbrämt mit Religion. Aufgeladen mit Bibelanspielungen.
       Religion nicht als tatsächlicher Glaube, sondern als Arsenal der
       Superlative.
       
       Denn auf der nach oben hin offenen Skala der Ehrungen und Würdigungen
       bietet die Bibel einen wunderbaren Fundus: zur Beglaubigung der eigenen
       Auserwähltheit – von einem auserwählten Volk zum anderen, und das auch noch
       an einem authentischen biblischen Schauplatz. Zur Bekräftigung, zu Höherem
       berufen zu sein. Zur Erhebung des Spektakels der Macht zur Huldigung Trumps
       als Herrn, als Autorität.
       
       Und das ist das Stichwort, das ist die Klammer, die das gute Wirken von
       Trump und das negative verbindet: Friedensstifter und Kriegstreiber gegen
       die eigene Bevölkerung sind zwei Seiten der einen Medaille „Autorität“. Der
       gute und der böse Herr.
       
       Trump hat das nicht erfunden. Die Religion wurde immer wieder von der
       Herrschaft in Dienst genommen. Schon im 16. Jahrhundert schrieb Etienne de
       la Boétie: Die Tyrannen entlehnten der Religion immer ein Stückchen von der
       Gottheit als Stütze ihrer Herrschaft und inszenierten ihr Handeln als
       Wunderwerk. Aber Trumps direkter Kurzschluss zwischen Geschäft und Bibel
       ist etwas anderes.
       
       Er entspricht genau dem Religionsverständnis, das [2][Peter Thiel] in
       seinen Vorträgen „theoretisch“ zu untermauern versucht (wobei dessen
       Theorieansprüche ebensolcher Talmi sind wie das falsche Gold des
       Trump-Stils). Eine Lektüre, die die Bibel wörtlich nimmt. Als würden die
       Endzeiterzählungen, die Apokalypse, die Entscheidungsschlachten, sich
       tatsächlich heute abspielen, wie der Guardian schrieb. Nicht nur mystisch,
       sondern ganz real. Das erhebt die eigenen Kämpfe zu „heiligen Kriegen“.
       
       Wobei Lektüre bei Trump zu weit greift. Ihm genügt es, sein Lieblingsbuch
       triumphierend wie eine Trophäe ins Bild zu halten. Am liebsten die goldene
       „Trump-Bibel“.
       
       Die Autorin ist Publizistin in Wien.
       
       29 Oct 2025
       
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