# taz.de -- Neue Jobs für Ex-MinisterInnen: Danke, Christian Lindner!
       
       > Anne Spiegel bekommt einen Versorgungsposten in Hannover, aber bei
       > Christian Lindner ist die Häme groß. Dabei sollte sein neuer Job Vorbild
       > sein.
       
 (IMG) Bild: Hat Lust auf Auto: Christian Lindner (FDP) geht als Vizechef zum Kfz-Händler „Autoland“
       
       Diese Woche haben zwei ehemalige Ampel-MinisterInnen ihre Nachfolgejobs
       geklärt: Anne Spiegel von den Grünen und Christian Lindner von der FDP. Die
       ehemalige Bundesfamilienministerin, die wegen ihrer früheren Rolle als
       Landesministerin bei der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz zurücktreten
       musste, wird Sozialdezernentin der Region Hannover mit über einer Million
       Einwohnern. Christian Lindner geht als Vizechef zum Kfz-Händler „Autoland“,
       eine Firma, die wohl alle, die nicht zufällig gerade auf der Suche nach
       einem Gebrauchtwagen sind, erst mal googeln mussten.
       
       Bei Anne Spiegel, die keinerlei Erfahrung mit Hannover hat, handelt es sich
       um einen typischen Fall von Versorgungsposten: Wenn man scheitert, ist das
       politische Netzwerk behilflich, [1][in ihrem Fall der Noch-Regionspräsident
       Steffen Krach], der im nächsten Jahr bei den Stadtwahlen ausgerechnet die
       Berliner SPD retten soll, bislang aber eher als Strippenzieher aufgefallen
       ist und mit der Personalie wohl die rot-grüne Achse stabilisieren will.
       
       Wenn bei einer Führungsperson in ihrem Verantwortungsbereich ein Unglück
       mit vielen Toten passiert, diese sich aber entscheidet, in Urlaub zu
       fahren, dürfte sie danach erst mal kleinere Brötchen backen, Stichwort
       Demut. Nicht so bei Anne Spiegel.
       
       Ein Fall von Versorgung ist auch Ex-Bauministerin Klara Geywitz: Nachdem
       sie über mehrere Monate ohne Aufgabe war, hatte ihr SPD-Netzwerk wohl
       Erbarmen mit ihr; jetzt soll sie Vizepräsidentin des Bundesrechnungshofes
       werden.
       
       Erstaunlich ist die Häme, die nun ausgerechnet Lindner trifft, dabei ist
       sein Jobwechsel erfrischend klar: Er macht jetzt das, worauf er immer Lust
       hatte – Auto. Sympathisch ist, dass ihm als ehemaligem Bundesfinanzminister
       und Parteichef Statusverlust – oh Gott, Gebrauchtwagen! – offenbar egal
       ist. Davon könnten sich SPD und Grüne eine Scheibe abschneiden, denn gerade
       unter Linken sollte Status nie Selbstzweck sein.
       
       Hinter [2][der Häme mit der unvermeidlichen Spitze „Gebrauchtwagenhändler“]
       verbirgt sich ein ärgerlicher Dünkel von akademischen Linken, die auf
       dieses seltsame Ding namens Privatwirtschaft wie ein seltenes Zootier
       blicken. Dabei sind die allermeisten Menschen in ebenjener Privatwirtschaft
       beschäftigt und nicht in NGOs, Fraktionen oder Stiftungen.
       Gebrauchtwagenhändler machen übrigens etwas sehr Vernünftiges, eigentlich
       Sozialdemokratisches: Sie ermöglichen angesichts immer teurerer Neuwagen
       Gering- und MittelverdienerInnen Mobilität abseits von urbanen
       U-Bahn-Netzen (ja, es gibt inzwischen auch elektrische Gebrauchte).
       
       Bemerkenswert ist, dass ausgerechnet linken Ex-MinisterInnen mit viel
       angespartem Geld im Rücken die Fantasie fehlt, dass nun der Moment wäre,
       etwas völlig anderes jenseits der Droge Macht zu machen: zum Beispiel ein
       Praktikum in einer Seehundstation absolvieren, prekär Beschäftigten beim
       Organizing helfen oder meinetwegen mit dem Motorrad die Welt erkunden. Das
       ist in der Tat eine deprimierende Erkenntnis.
       
       15 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/anne-spiegel-mit-fuenfstelligem-monatsgehalt-zurueck-in-die-politik-110731894.html
 (DIR) [2] /Endlich-Gebrauchtwagenhaendler/!6129216
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gunnar Hinck
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Reden wir darüber
 (DIR) Christian Lindner
 (DIR) Ampel-Koalition
 (DIR) GNS
 (DIR) Reden wir darüber
 (DIR) Arbeitsmarkt
 (DIR) Anne Spiegel
 (DIR) Familienpolitik
 (DIR) Anne Spiegel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ostermontag abschaffen?: Ohne wirklichen Nutzen
       
       Eine bekannte Unternehmerin will den Ostermontag abschaffen – eine alte
       Forderung. Doch Feiertage sind nicht das Problem, sondern mangelnde
       Innovation.
       
 (DIR) Wirtschaftsstandort Deutschland: Unternehmen verlagern Zehntausende Jobs ins Ausland
       
       Niedrigere Kosten, Fachkräftemangel, attraktive Märkte: Deutsche Firmen
       zieht es ins Ausland. Allerdings entstanden auch zahlreiche Jobs im Inland.
       
 (DIR) Wucht der Bilder: Mit Kreuzen und Grablichtern gegen politisches Comeback
       
       Anne Spiegel war während der Ahrtal-Katastrophe Umweltministerin. Nun will
       sie Sozialdezernentin der Region Hannover werden. Es gibt Protest.
       
 (DIR) Rücktritt von Ministerin Anne Spiegel: Verheerendes Krisenmanagement
       
       Einmal mehr haben die Grünen im Umgang mit einer wichtigen Personalkrise
       versagt. Dieses Mal: Bundesfamilienministerin Anne Spiegel.
       
 (DIR) Rücktritt von Ministerin Anne Spiegel: Zwischen den Krisen
       
       Die zurückgetretene Familienministerin Spiegel erklärte ihren Urlaub mit
       persönlichen Gründen. Muss während privater Krisen eine Auszeit möglich
       sein?