# taz.de -- Rücktritt von Ministerin Anne Spiegel: Verheerendes Krisenmanagement
       
       > Einmal mehr haben die Grünen im Umgang mit einer wichtigen Personalkrise
       > versagt. Dieses Mal: Bundesfamilienministerin Anne Spiegel.
       
 (IMG) Bild: Claudia Roth, Anne Spiegel, Robert Habeck und Annalena Baerbock am 6. Dezember 2021
       
       Etwas Schlimmeres kann Politiker:innen kaum passieren: Der
       [1][Auftritt von Anne Spiegel am Sonntagabend] war mitleiderregend. Und
       zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Wie die 41-jährige Grüne am Redepult in
       ihrem Ministerium stand, den Tränen nahe nach Worten und Haltung ringend,
       hat Betroffenheit ausgelöst.
       
       Was ihre dramatische Erklärung noch irritierender gemacht hat: Spiegel
       hielt eine tief bewegte und bewegende Rücktrittsrede – ohne jedoch am
       Schluss zum „Abbinden“ jenen entscheidenden Satz zu sagen, der schon da der
       einzig folgerichtige gewesen wäre: „Ich trete zurück.“
       
       Die Frage, um die die Grünen nach diesem verstörenden Auftritt nicht mehr
       herumkommen: Wie war es möglich, dass sie Spiegel in diese verzweifelte
       Situation gebracht haben? Wie schnell war ausgerechnet bei ihnen das
       [2][Jahrhunderthochwasser vom Juli vergangenen Jahres, das in
       Rheinland-Pfalz immerhin 134 Menschenleben] gekostet hat, schon wieder aus
       dem Sinn?
       
       Im September 2021 setzte der rheinland-pfälzische Landtag seinen
       Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der verheerenden Flutkatastrophe
       ein. Es bedurfte keiner prophetischen Gaben, um vorauszusehen, dass dort
       auch und gerade das Verhalten der damaligen Landesumweltministerin auf dem
       Prüfstand stehen würde. Trotzdem wurde im November Spiegel von Habeck,
       Baerbock & Co für das Bundeskabinett auf den Schild gehoben.
       
       ## Fahrlässige Entscheidung
       
       Das war eine fahrlässige Entscheidung, einzig geschuldet innerparteilichen
       Kabalen: Weil entgegen der Flügelübereinkunft der Realo Özdemir und nicht
       der [3][Linke Hofreiter Landwirtschaftsminister werden sollte, musste die
       Reala Göring-Eckardt der Linken Spiegel im Familienministerium weichen].
       Klingt blöd, ist blöd – vor allem für eine Partei, die so gerne vorgibt, im
       Großen und Ganzen zu denken. Jetzt stehen Spiegel und die Grünen vor einem
       Scherbenhaufen.
       
       Die Verantwortung dafür bei der Opposition zu suchen, ist zu billig. Es ist
       deren Aufgabe, Schwachstellen einer Regierung zu skandalisieren. So wie es
       auch SPD und Grüne in Nordrhein-Westfalen im Fall der CDU-Umweltministerin
       Ursula Heinen-Esser gemacht haben. Da darf es keine doppelten Standards
       geben.
       
       Heinen-Esser und Spiegel eint dabei nicht nur ihr unglückliches Agieren
       während der Flutkatastrophe, sondern vor allem ihr fatales Krisenmanagement
       danach: Nur scheibchenweise mit der Wahrheit herauszurücken, ist nie ein
       guter Rat. Was die beiden noch eint: der unsolidarische Umgang ihrer
       Parteien, die ihrer Demontage zuschauten, anstatt sie zeitig von einem
       gesichtswahrenden Rücktritt zu überzeugen. Nun ist es zu spät. Zwei
       zwangsläufige, zwei traurige Abgänge.
       
       11 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.zdf.de/nachrichten/video/spiegel-flutkatastrophe-frankreich-urlaub-entschuldigung-100.html
 (DIR) [2] /Lukaschenko-und-der-Ukraine-Krieg/!5842508
 (DIR) [3] /Parteibasis-stimmt-fuer-Koalitionsvertrag/!5820570
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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