# taz.de -- Merz’ Besuch in der Türkei: Demokratie second
> Kanzler Merz geht es in der Türkei darum, den Autokraten Erdoğan bei
> Laune zu halten. Dass ihm die Opposition egal ist, ist bezeichnend.
(IMG) Bild: Bundeskanzler Friedrich Merz geht neben seiner Frau Charlotte zu einem Flugzeug der Flugbereitschaft, um in die Türkei zu fliegen
An diesem Mittwoch und Donnerstag besucht Friedrich Merz erstmals als
Kanzler die Türkei. Er will Wirtschaftsvertreter treffen und vor allem
Präsident Recep Tayyip Erdoğan seine Aufwartung machen. Auf die Frage, ob
der Kanzler auch [1][einen Vertreter der massiv bedrängten Opposition]
treffen wird, sagte einer seiner Sprecher vorab: „Wir wollen uns ganz auf
Erdoğan fokussieren.“
Die Zeiten, als Menschenrechte, Demokratie und Meinungsfreiheit im
deutsch-türkischen Verhältnis noch eine Rolle spielten, sind in der Ära
Merz endgültig vorbei. Schon als im März der Istanbuler Bürgermeister Ekrem
Imamoğlu, der gleichzeitig der aussichtsreichste Konkurrent von Erdoğan bei
der nächsten Präsidentschaftswahl wäre, unter fadenscheinigen Gründen
verhaftet wurde, hieß es aus der CDU/CSU, öffentliche Kritik sei
kontraproduktiv – wenn, dann könne man nur hinter den Kulissen etwas
erreichen.
Merz will in der Türkei aber ganz anderes erreichen als die Freilassung des
Oppositionsführers. Er will, dass Erdoğan einer schnelleren „Rückführung“
abgelehnter türkischer Asylsuchender aus Deutschland in die Türkei
zustimmt, dass syrische Flüchtlinge über die Türkei nach Syrien abgeschoben
werden können – und er möchte die Geschäfte deutscher Firmen beflügeln.
Dafür unterstützt er den in dieser Woche zwischen Erdoğan und dem
britischen Premier Keir Starmer [2][klargemachten Verkauf von Eurofightern
an die Türkei] und eine engere Rüstungskooperation zwischen der EU und der
Türkei insgesamt – beides Dinge, die sich Erdoğan seit Längerem wünscht.
Angesichts der vielen Kriege im Nahen Osten, in der Ukraine und anderswo
sei Erdoğan „ein unverzichtbarer strategischer Partner“, hatte
Außenminister Johann Wadephul schon nach seinem Besuch in Ankara vor zwei
Wochen gesagt.
Die wichtigste Aufgabe sei es deshalb, Erdoğan in unserem Lager zu halten,
heißt es aus dem Umfeld des Kanzlers. Angesichts derart weltpolitischer
Fragen ist die drohende Abschaffung der Demokratie in der Türkei offenbar
eine zu vernachlässigende Marginalie.
29 Oct 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Abgesetzter-Istanbuler-Buergermeister/!6124771
(DIR) [2] https://defence-network.com/briten-liefern-44-eurofighter-fuer-ankara/
## AUTOREN
(DIR) Jürgen Gottschlich
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