# taz.de -- Die Frage nach der Pflicht: Die Koalition ringt um den neuen Wehrdienst
       
       > Bevor das Gesetz in den Bundestag kommt, wollen Union und SPD strittige
       > Punkte ausräumen. Doch die Sozialdemokraten stehen mit dem Rücken zur
       > Wand.
       
 (IMG) Bild: Soll keine Schattenarmee sein: die Bundeswehr
       
       Berlin taz | Noch bevor der Bundestag das Gesetz zum neuen Wehrdienst
       behandelt, bemühen sich Union und SPD um eine Einigung in einem
       Streitpunkt. Dabei geht es um die Frage, unter welchen Bedingungen eine
       Wehrpflicht eingeführt werden kann, [1][wenn die angestrebte Zahl der
       Soldat*innen] nicht über das freiwillige Modell erreicht werden kann. Im
       Gesetzentwurf aus dem Verteidigungsministerium ist eine Wiedereinführung
       der Wehrpflicht durchaus vorgesehen, für den Fall, dass sich nicht genügend
       Freiwillige für den Dienst melden. Nebulös bleibt dabei nur, wann diese
       Pflicht eintreten soll.
       
       Bis Donnerstag wollen Unterhändler aus Union und SPD eine Lösung für diese
       Frage finden – dann soll der Entwurf für den neuen Wehrdienst nämlich in
       den Bundestag eingebracht werden. Dafür sollten am Montagabend das
       Verhandlungsteam um die Vize-Fraktionschefs Norbert Röttgen (CDU) und
       Siemtje Möller (SPD) sowie die verteidigungspolitischen Sprecher Thomas
       Erndl (CSU) und Falko Droßmann (SPD) zusammentreffen. Aus dem Umfeld heißt
       es, dass die Gespräche bislang konstruktiv verliefen und eine Einigung
       erreicht werden könne.
       
       [2][Dabei haben Union und die Sozialdemokraten sehr unterschiedliche
       Vorstellungen darüber,] wie die Pflicht-Elemente im neuen Gesetz
       tatsächlich aussehen sollen. Und auch in der SPD selbst gibt es dazu
       verschiedene Auffassungen.
       
       Nur mit größter Mühe hatte ein SPD-Parteitag Ende Juni eine [3][Einigung
       zum neuen Wehrdienst ausgearbeitet]. Dabei waren es vor allem die Jusos,
       die den von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vorgegebenen
       Marschweg durchkreuzten, indem sie einen Antrag gegen die Einführung eines
       „Zwangsdiensts“ einbrachten. Die innerparteiliche Auseinandersetzung wurde
       mit einem Kompromiss befriedet, der sich nun auch in dem Gesetzentwurf
       widerspiegelt: Die SPD möchte keine aktivierbare gesetzliche Möglichkeit
       zur Heranziehung Wehrpflichtiger einführen, „bevor nicht alle Maßnahmen zur
       freiwilligen Steigerung ausgeschöpft sind“.
       
       Wann das der Fall sein soll? Diese Frage hat die SPD in ihrem
       Parteitagsbeschluss bewusst ausgeklammert – und auch im Gesetzentwurf
       bleibt es schwammig. Unter anderem aus diesem Grund sorgte der Entwurf
       [4][unlängst für verfassungsrechtliche Bedenken].
       
       ## Linke kritisiert das Vorhaben grundsätzlich
       
       Für die Union geht der Entwurf dagegen längst nicht weit genug. Vergangene
       Woche meldeten sich gleich mehrere Politiker zu Wort, darunter selbst
       Bundeskanzler Friedrich Merz, die den eigenen Gesetzentwurf öffentlich
       hinterfragten und für die schnellstmögliche Einführung eines Pflichtmodells
       warben.
       
       Jetzt deutet sich zumindest ein kleiner Kompromiss an. Es sei aus seiner
       Sicht richtig, dass „Zieldaten“ bei der Zahl der nötigen Freiwilligen
       genannt würden, sagte SPD-Fraktionschef Matthias Miersch am Montag den
       Sendern RTL und ntv. „Aber es gibt nicht den Tag XY, wo man dann den Hebel
       umschaltet und einen Automatismus einsetzt.“
       
       Auf der anderen Seite scheint die Union ihre Forderungen zu einer
       automatischen Wiedereinführung der Wehrpflicht für junge Männer
       heruntergedimmt zu haben. „Wir wollen eine Messbarkeit im Gesetz haben und
       wir wollen Instrumente haben, wenn die Anzahl der Freiwilligen nicht
       erreicht wird“, sagte CSU-Unterhändler Thomas Erndl dem Portal Table
       Briefings.
       
       Ein Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland, wonach sich Union und SPD
       auf ein Losverfahren zur Musterung inklusive einer darauf aufbauenden
       Pflicht geeinigt hätten, wurde am Montag zunächst nicht bestätigt. Ein
       solches Vorgehen wäre auch nicht im Sinne der von der Koalition
       angestrebten breiteren Wehrerfassung.
       
       Die Linke übt grundsätzliche Kritik an den Plänen. „Ich bin völlig gegen
       jede Art von Wehrpflicht, egal ob gelost oder nicht gelost“, sagte der
       Parteivorsitzende Jan van Aken am Montag. „Das darf nicht kommen.“ Zudem
       habe ihm noch niemand in der Bundesregierung sagen können, warum überhaupt
       künftig 260.000 Menschen in Deutschland Dienst an der Waffe machen sollen.
       
       Der Gesetzentwurf der Regierung sieht bislang vor, dass die Bundeswehr auf
       260.000 aktive Soldat:innen anwachsen soll. Dafür sollen ab dem 1.
       Januar alle Frauen und Männer ab dem Jahrgang 2008 mit Erreichen der
       Volljährigkeit einen digitalen Fragebogen erhalten, mit dem ihr Interesse
       an einem Dienst abgefragt wird. Frauen können, Männer müssen antworten.
       Geeignete Kandidat:innen sollen dann zur Musterung geladen werden.
       Hinzu kommt: Laut den Plänen soll ab Juli 2027 für alle 18-jährigen Männer
       die Musterung verpflichtend werden – auch wenn sie kein Interesse an der
       Bundeswehr bekundet haben.
       
       Dass die Pflicht aktuell jeweils nur für Männer gelten soll, hat damit zu
       tun, dass für eine Ausweitung auf andere Geschlechter das Grundgesetz
       geändert werden müsste und die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit im
       Bundestag derzeit als nicht erreichbar gilt.
       
       13 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
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