# taz.de -- Post-Gender K-Pop-Konzert von XLOV: „Niemand kann euch daran hindern, ihr selbst zu sein“
       
       > Vier veröffentlichte Songs, Konzert ausverkauft: Die Post-Gender
       > K-Pop-Band XLOV begrüßt im Berliner Columbia Theater ein
       > extravagant-friedliches Publikum.
       
 (IMG) Bild: Die TikTok-Performance funktioniert auch life auf der Bühne: XLOV beim Konzert am 18. Juni 2025 in Südkorea
       
       Zehn Sekunden, dann waren alle Tickets für Berlin und Köln ausverkauft und
       die Website des Eventportals abgestürzt. Kurz darauf kam Warschau und Sofia
       dazu, wenige Minuten später waren auch diese Karten weg. Niemand hatte
       damit bei XLOV, gerechnet, einer neuen K-Pop-Group mit nur vier
       veröffentlichten Songs.
       
       Samstag Mittag, Stunden vor Einlass, versammeln sich schon über hundert
       Fans vor dem Columbia Theater in Berlin. Sie kommen aus ganz Deutschland,
       einige aus Polen und Tschechien. Sie tragen verspielte Outfits und Make-up,
       manche halten selbstgemachte Lightsticks mit XLOV-Logo in der Hand, von
       einem Fan entworfene Banner werden für das Konzert verteilt.
       
       Der Club fühlt sich familiär an. Die Bühne ist schlicht, keine Dekoration
       oder LED-Wände. Als das Saallicht ausgeht, jubeln die Fans, dann treten die
       Mitglieder auf die Bühne. Ihre Outfits sind komplett in schwarz gehalten,
       elegant, cool und soft zugleich. Sie tragen Röcke über Hosen und eng
       geschnittene Oberteile. Bevor ein einziger Song gespielt wird, spricht
       Wumuti, Leader von XLOV, fast zehn Minuten über eine Entscheidung des
       Managements, keinerlei Flaggen auf der Bühne zu erlauben. Fans reagierten
       online zuvor irritiert und verletzt. Er spricht ruhig, zugewandt und auf
       Englisch, er will einen direkten Kontakt zu den Fans aufbauen. „Niemand
       kann euch daran hindern, ihr selbst zu sein,“ sagt er. „Wir wissen, was wir
       euch bedeuten. Und wir wollen, dass ihr immer so kommt wie ihr wirklich
       seid und zeigt, wie stolz ihr darauf seid. XLOV wird für euch immer ein
       sicherer Ort sein.“
       
       ## Die Fanchants werden geschrien
       
       Danach erklingt die Melodie von „I’mma be“. Das Licht der Scheinwerfer
       taucht die Bühne in vibrierende Farben. XLOV tanzen mit präzisen und
       kraftvollen Bewegungen, ihre Energie und Bühnenpräsenz ist überwältigend.
       Sie singen und rappen, die Fans staunen, bisher kannten die meisten sie nur
       aus Tiktok-Edits. Ihre Songs mischen R&B, Hip-Hop und Afropop, sie sind
       mitreißend, unglaublich gut geschriebene Popmusik. Am lautesten singen, die
       Fans bei „1&Only“ mit, die Fanchants werden geschrien, einige kennen jede
       einzelne Strophe auf Englisch und Koreanisch. Zusätzlich covern XLOV auch
       Songs von [1][Megan Thee Stallion] und Blackpink, mal als Duo, dann alle
       zusammen. Zwischen den Songs geht immer wieder das Saallicht an und XLOV
       sprechen zu ihrem Publikum. Sie wirken gerührt, als würden sie erst jetzt
       wirklich begreifen, welche Wirkung sie auf ihre Fans haben. Rui sagt: „Die
       Menschen fühlen sich frei an in Deutschland. Das passt gut zu XLOV.“
       
       XLOV sind Wumuti, Rui, Hyun und Haru. Sie stammen aus China, Taiwan,
       Südkorea und Japan, ihr Label 257 Entertainment nennt sie „die erste
       gender-free K-Pop Gruppe“. Sie selbst verstehen ihr Konzept offiziell nicht
       als Identitätsaussage, sondern als künstlerische Haltung. Ihr Ziel sei,
       Schönheit ohne Geschlechtergrenzen auszudrücken. Wumuti, Produzent und
       Gründer der Gruppe, kommt aus Xinjiang im Nordwesten Chinas, [2][einer
       Region mit starker uigurischer Kultur]. Er wuchs in einer Künstlerfamilie
       auf, spricht vier Sprachen und arbeitete zwei Jahre lang an der Idee, bevor
       XLOV im Januar 2025 debütierten. Rui, Haru und Wumuti kannten sich aus der
       Castingshow Boys Planet, Hyun war ein Freund aus früheren Trainee-Zeiten.
       Kreative Entscheidungen werden von XLOV selbst getroffen. Diese Freiheit
       ist auch Ergebnis ihrer Umstände. Sie stehen nicht bei einem der großen
       K-Pop-Konzerne, sondern bei einem kleinen Label unter Vertrag.
       
       Dass XLOV in Europa in ausverkauften Venues spielen, wirkt fast wie ein
       kleiner Kulturwandel. In Südkorea werden sie wenig besprochen. Andere
       K-Pop-Boygroups der fünften Generation, etwa Boynextdoor oder Cortis, sind
       dank großer Labels regelmäßig in Mainstream-Medien präsent. Die
       Sichtbarkeit von XLOV hingegen entsteht über internationale Fanmedien und
       Social Media.
       
       ## Kraft durch Weichheit und Liebe
       
       Auch bei den typischen Tiktok-Dance-Challenges, wo Idols Choreografien
       anderer Gruppen tanzen, machen sie nicht mit. Ihre eigenen seien „zu
       kompliziert“, sagen sie, und sie wollten „keinen Druck auf andere Idols
       ausüben“. Zwischen den Zeilen spürt man ihre Zurückhaltung, nicht
       ungewöhnlich in einem Land, das konservative Erwartungen an Idols stellt.
       Seit ihrem Erfolg in Europa haben sich die Posts von XLOV auf Social Media
       verändert. Sie sind direkter, spielerischer, lebendiger. Vielleicht, weil
       sie spüren, dass ihr Publikum sie nicht nur toleriert, sondern versteht und
       liebt. An diesem Abend zeigen XLOV, wie viel Kraft darin steckt, mit
       Weichheit und Liebe in dieser Welt zu existieren und damit eine Zukunft zu
       gestalten.
       
       13 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
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