# taz.de -- Syrische Parlamentswahlen: Noch weit von einer Demokratie entfernt
       
       > Die Wahlen bilden weder die ethnisch-religiöse Vielfalt Syriens noch den
       > Willen der Bevölkerung ab. Der Westen schweigt weiter – aus Eigennutz.
       
 (IMG) Bild: Ernannte ein Drittel der 210 Abgeordneten direkt: der syrische Übergangspräsident Ahmed al-Sharaa
       
       Die jüngsten Parlamentswahlen [1][in Syrien] markieren [2][keinen
       demokratischen Neuanfang], sondern die Fortsetzung autoritärer Macht unter
       neuer Führung. Der sogenannte Übergangsprozess unter Ahmad al-Schara hat
       eine politische Struktur hervorgebracht, die von demokratischer
       Legitimation weit entfernt ist.
       
       Ein Drittel der 210 Abgeordneten wurde direkt vom Übergangspräsidenten
       ernannt, die übrigen Sitze gingen an Personen, die über Komitees mit enger
       Verbindung zur Organisation Hai’at Tahrir al-Scham (HTS) ausgewählt wurden.
       Von einem freien, inklusiven Wahlprozess kann keine Rede sein – die
       Bevölkerung war faktisch ausgeschlossen. Besonders gravierend ist der
       politische Ausschluss der demokratisch-säkularen Kräfte in Syrien –
       darunter kurdische und drusische Gemeinschaften. Regionen wie Suwaida,
       Hasaka und Raqqa blieben vollständig unrepräsentiert.
       
       Die Reaktion der westlichen Staaten ist auffallend verhalten. Weder die USA
       noch die europäischen Regierungen äußern ernsthafte Kritik an der
       mangelnden Legitimität des neuen syrischen Parlaments. Stattdessen
       dominieren geostrategische und wirtschaftliche Erwägungen den politischen
       Diskurs. Die derzeitige US-Administration sucht die Annäherung an die
       wohlhabenden Golfstaaten – Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten
       Arabischen Emirate – um Kapitalflüsse und politische Kooperation zu
       sichern.
       
       Akteure mit radikal-islamistischer Ideologie werden plötzlich als legitime
       politische Kräfte akzeptiert. Diejenigen, die einst Seite an Seite mit
       westlichen Partnern gegen den IS kämpften und für säkulare Prinzipien
       eintraten, verlieren zunehmend politische und materielle Unterstützung.
       Dieser Widerspruch offenbart den moralischen Erosionsprozess westlicher
       Politik. Solange westliche Regierungen bereit sind, ihre Prinzipien
       ökonomischen und sicherheitspolitischen Interessen unterzuordnen, werden
       sie weiter ihre Glaubwürdigkeit als Verteidiger demokratischer Werte
       verlieren.
       
       6 Oct 2025
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Amed Mardin
       
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