# taz.de -- Kopftuch-Phobie in Hannover: Die gefühlte Diskriminierung der Klara P.
> Weil ein Friseur in Hannover Rabatte für Frauen mit Kopftuch gewährt,
> fühlt sich eine Anwohnerin benachteiligt. Warum nur?
(IMG) Bild: Die Preise beim Friseur sind immer schon sehr verschieden
Der Istanbul-Friseursalon in Hannover liegt am eher schrabbeligen Ende der
Fußgängerzone, zwischen McDonald’s, Beauty-Salon und einem Modegeschäft,
das Abendkleider von der Sorte verkauft, die man öfter auf kurdischen
Hochzeiten sieht. Die meisten Menschen würden wohl achtlos daran
vorbeilaufen – wenn da nicht dieses eine Werbeplakat wäre, das es vor
Kurzem [1][ganz groß in die Lokalpresse geschafft hat]. „Ladies only“ steht
da, „Mittwochs 40 Prozent Rabatt auf alles“ und „nur für Damen mit
Kopftuch“. Dazu das Foto einer hübschen jungen Frau mit Hijab.
Davon, gibt die 82-jährige Klara Paulmann (Name von einer anderen Redaktion
geändert) gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung an, fühle sie
sich so sehr diskriminiert, dass sie damit schnurstracks zur
Antidiskriminierungsstelle gelaufen ist. Das, erklärt der umgehend befragte
Ladeninhaber verdutzt, sei keineswegs seine Absicht gewesen. Es gäbe auch
sehr schöne Rabatte für Nichtkopftuchträgerinnen, versichert er. Überhaupt
verlangt er auch kein religiöses Bekenntnis, der Rabatt gelte auch für
christliche oder jüdische Kopftuchtragende.
Es sei einfach so, dass er extra eine Etage dazu gemietet hat, wo Frauen
unter sich sind und auch nur von weiblichem Personal bedient werden. Das
ist für viele Kopftuchträgerinnen wichtig, weil sie das Tuch in Gegenwart
von fremden Männern eben nicht abnehmen würden.
Damit könnte der Fall nun eigentlich erledigt sein. Es handelt sich
schlicht um den Versuch, eine bestimmte Zielgruppe mit Rabatten zu einem
bestimmten Zeitpunkt in den Salon zu locken. Wenn ein Friseur am Dienstag
den Lockentag ausruft, ist das ja auch keine Diskriminierung von
Glatthaarigen. Und wenn Donnerstag Kindertag ist und alle
Kinderhaarschnitte nur sieben Euro kosten, ist das kein Fall von
Altersdiskriminierung – auch wenn Klara P. diesen Rabatt nicht in Anspruch
nehmen könnte.
## Frauen zahlen immer mehr
Geschlechterdiskriminierung ist im Friseurgeschäft übrigens sowieso völlig
okay, Frauen zahlen für Haarschnitte immer mehr – Männer für die gleiche
Behandlung oft weniger als die Hälfte. Klara P. gibt aber zu Protokoll,
dass sie befürchtet, als Frau ohne Kopftuch schlechter behandelt zu werden.
Ausprobiert hat sie das offensichtlich nicht, sonst wäre ihr aufgefallen,
dass der Friseur durchaus Kundinnen ohne Kopftuch bedient und seine
Social-Media-Auftritte mit Vorher-Nachher-Fotos von ihnen bestückt.
Aber es ist wie immer bei diesem Thema: Ein Kopftuch ist eben nicht nur ein
Stück Stoff. Es ist ein [2][Symbol religiöser Unterwerfung]. Im wirklichen
Leben gibt es Frauen, die es aus den unterschiedlichsten Gründen dauerhaft
oder gelegentlich tragen. Weil sie tatsächlich religiös sind, weil es dem
Schönheitsideal entspricht, mit dem sie aufgewachsen sind, weil die
Schwiegermutter zu Besuch ist, weil Ramadan ist, weil die Haare nach der
Schwangerschaft scheiße aussehen – natürlich existiert keines dieser Motive
in den öffentlichen Debatten ums Kopftuch.
Im Gegenteil: Da – und das zeigt sich auch wieder einmal in den Kommentaren
zu der Friseur-Geschichte – wird so getan, als würde bei einer Frau, die
ein Kopftuch aufsetzt, umgehend das Gehirn schrumpfen und sie sich in eine
dumme, unterdrückte, fundamentalistische Person verwandeln.
Und weil das so ist, fühlen sich dann Leute ermächtigt, sie in der
Öffentlichkeit anzurempeln, anzuspucken, zu beschimpfen, sie bei
Bewerbungen, der Wohnungssuche oder im Gesundheitswesen zu benachteiligen.
Aber Klara P. findet, wenn sie mittwochs keine 40 Prozent Rabatt in einem
Friseursalon bekommt, ist das irgendwie auch Diskriminierung.
4 Oct 2025
## LINKS
(DIR) [1] https://www.haz.de/lokales/hannover/hannover-friseur-rabatt-nur-fuer-frauen-mit-kopftuch-ist-das-diskriminierung-2YSMRGBBTJCDPJHG2TKBNRUHPY.html
(DIR) [2] /Integrationsbeauftragte-von-Neukoelln/!6112759
## AUTOREN
(DIR) Nadine Conti
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