# taz.de -- Ausschreitungen in den Niederlanden: Demonstration gegen Migration wird zur Gewaltorgie
> Einen Monat vor den Neuwahlen schockieren rechtsextreme Ausschreitungen
> die Niederländer. Doch der Rechtsruck reicht in die Mitte der
> Gesellschaft.
(IMG) Bild: Auch Polizeiautos brannten bei den Ausschreitungen am Samstag in Den Haag
Amsterdam taz | Bilder einer aus dem Ruder gelaufenen rechten Demonstration
in Den Haag schockten die Niederlande am Samstag: Ein rechtsextremer Mob
bewarf die Polizei mit Steinen, Flaschen und Feuerwerk, blockierte die
Stadtautobahn und skandierte „Wir sind die Niederlande“.
Brennende Polizei-Autos, entglaste Fenster am Büro der liberalen Partei
Democraten66 (D66) in Den Haag und Versuche auf das Parlaments-Gelände
vorzudringen. Bürgermeister Jan van Zanen sprach im Anschluss von
„beispiellosen Ausschreitungen“. Premierminister Dick Schoof klagte über
„schockierende und bizarre Bilder schamloser Gewalt“.
Mehrere Tausend Menschen waren dem Aufruf einer bekannten rechten
Influencerin gefolgt, die sich „Els Rechts“ nennt und der auf X gut 22.000
Personen folgen. „Gegen die versagende Asyl-Politik“ sollte sich die
Demonstration richten.
„Els Rechts“ ist eine 26-jährige Frau, die sich selbst als „ausgesprochen
christliche und rechts orientierte Stimme“ bezeichnet und sich zu
„deutlicher Sprache und Liebe für das Land“ bekennt. Ihre politische
Überzeugung, so berichten niederländische Medien, sei geprägt von der
Begegnung mit [1][PVV-Chef Geert Wilders] während eines Besuchs im
Parlament. Viele Posts drehen sich um Demonstrationen gegen
Asyl-Unterkünfte, auf Niederländisch abgekürzt „AZC“. Die Parole „AZC nee“
prägt den rechten Diskurs im Land seit über zehn Jahren.
## Prinzenflaggen und Rufe nach „Remigration“
In verschiedenen Online-Aufrufen wurde im Vorfeld der Demonstration „mehr
Wohnungssicherheit, mehr Sicherheit im Viertel, transparente Politik“
gefordert. Für die Kundgebung hatte Els Rechts über den Sommer per
Crowdfunding Geld gesammelt. Auf ihrem Account ruft sie dazu auf, bei den
Neuwahlen Ende Oktober die rechtspopulistische Partij voor de Vrijheid
(PVV) von Wilders zu wählen. [2][2023 war diese mit Abstand stärkste Partei
geworden.]
„Die gesamten rechten Niederlande vereinigen“ – schrieb Els Rechts im
Vorfeld der Demonstration sei Ziel der Kundgebung. Dazu postete sie ein
KI-Foto, auf dem sie, in den Landesfarben gekleidet, auf einer Bühne
stehend von einer fahnenschwenkenden Masse bejubelt wird. Von der „Gewalt
und Zerstörung“ am Samstag distanzierte sie sich zwar per Tweet. Doch sie
spricht auch von „einem Signal, das nicht ignoriert werden“ dürfe.
Ihr Idol Geert Wilders allerdings verurteilte die Ausschreitungen und
kommentierte: „Festnehmen, einsperren und den Schlüssel wegwerfen. Pack.“
Gewalt gegen Polizist*innen sei „total inakzeptabel“.
Bei einer Pressekonferenz machte Bürgermeister Jan van Zanen Hooligans, die
aus dem ganzen Land nach Den Haag gekommen seien, für die Gewalt
verantwortlich. Anwesend waren unter anderem Demonstrant*innen mit
sogenannten Prinzenflaggen. Diese Flaggen wurden während des Zweiten
Weltkriegs von der National-Sozialistischen Bewegung (NSB) der Niederlande
verwendet und sind heutzutage unter Rechtsextremist*innen populär.
Auch Anhänger*innen der völkisch-großniederländischen Organisation
Voorpost waren Teil der Kundgebung und trugen ein Banner mit der Aufschrift
„Remigratie“ – „Remigration“.
## Parlament will Antifa als terroristische Organisation einstufen
Die Eskalation von Samstag fügt sich in einen Kontext großer
Demonstrationen gegen Zuwanderung, [3][wie etwa eine Woche zuvor in
London]. In den Niederlanden ist der Rechtsruck schon länger bis weit in
die Mitte der Gesellschaft spürbar. Das niederländische Parlament hatte
sich erst in der vergangenen Woche dafür ausgesprochen, die Antifa nach
US-amerikanischem Vorbild als terroristische Organisation einzustufen.
Opfer des rechten Volkszorns wurde nicht zum ersten Mal die
progressiv-liberale Partei D66, an deren Parteizentrale in Den Haag die
Fenster zertrümmert wurden. In zahlreichen Posts auf Online-Plattformen
wurde anschließend relativiert, D66 habe sich den Angriff durch ihre
Politik selbst eingebrockt.
21 Sep 2025
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## AUTOREN
(DIR) Tobias Müller
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