# taz.de -- Bayeux-Teppich in diplomatischer Mission: Echter Stoff für eine Kränkung
       
       > Die Kritik steigt an Macrons Plan, den fast 1.000 Jahre alten Teppich von
       > Bayeux ins British Museum reisen zu lassen. Warum es trotzdem gut wäre.
       
 (IMG) Bild: Der Teppich von Bayeux erzählt in 58 Einzelszenen die Eroberung Englands durch den Normannenherzog Wilhelm der Eroberer
       
       Berlin taz | Der Teppich von Bayeux hat schon einiges mitgemacht.
       Wahrscheinlich wurde er im 11. Jahrhundert in England angefertigt, nach der
       Schlacht bei Hastings 1066. Von dem epochalen Ereignis berichtet die
       gestickte Bildergeschichte des Teppichs auf siebzig Metern Leinwand. Das
       macht seinen Ruhm aus. Nun steht ihm ein Auftritt im British Museum bevor.
       Präsident Macron möchte es so, Alter und Zustand spielen keine Rolle.
       
       Patrioten, Kunstliebhaber, Kuratoren und Restauratoren sind erbost. Wie
       kann es sein, dass dieses singuläre Werk, ein unwiederbringliches
       Weltkulturerbe, das in der Normandie im Dienst des Tourismus steht, durch
       die Reise über den Ärmelkanal noch Risse im Gewebe oder Schlimmeres
       riskiert. Eine Onlinepetition des Kunstmagazins Tribune de l’art
       verzeichnet bereits über 70.000 Unterstützer. Doch ist der Teppich
       französischer Staatsbesitz und hat Anweisungen Folge zu leisten. Er kann
       den Job auch nicht auf seinen Stellvertreter im Museum von Reading
       abwälzen, wo seine Kopie aus dem 19. Jahrhundert gezeigt wird.
       
       Verlangt wird das Original, Zeitalter der Reproduzierbarkeit hin oder her.
       Mehrfach hatten die Briten das Zeugnis der eng verwobenen Geschichte
       Englands und Frankreichs angefragt. Lange schien ein Transport des
       ehrwürdigen Textils abwegig. Nun aber muss [1][der Teppich seinen Dienst]
       tun, den Brexit zur Episode werden lassen, Frankreich stärken, Europa
       einen. Das Unmögliche möglich machen. Noch immer in Erinnerung sind auch
       die 4.000 Gefallenen des Zweiten Weltkriegs, die heute in der britischen
       Kriegsgräberstätte von Bayeux begraben liegen. Es sind Armeeangehörige aus
       dem britischen Commonwealth, die Frankreich und Europa vor
       Hitler-Deutschland von der Normandie aus befreit hatten.
       
       ## Die politische Symbolkraft des fragilen Originals
       
       Erlebt also das Original ein Comeback? Das glaube er nicht, sagt der
       [2][Kunst- und Kulturwissenschaftler Wolfgang Ullrich]. „Deutlich wird,
       dass ein Original in gewissen Situationen offenbar nicht substituierbar
       ist. Gerade weil mit dem Transport ein Risiko verbunden ist und die
       Restauratoren abwinken, kann sich daraus umso größere Symbolkraft
       entwickeln.“ Frankreich zeige, dass es bereit sei, für ein gutes Verhältnis
       zu England alles zu geben. England könne beweisen, dass es sich des
       Vertrauens würdig erweist, wenn der Teppich unversehrt nach Bayeux
       zurückkehre.
       
       Eine verzwickte Geschichte, die jene Wissenschaftlerinnen und Restauratoren
       auf ihre Plätze verweist, die um den Erhalt des Teppichs von Bayeux
       kämpfen. Die Kränkung würde zu verschmerzen sein, wenn Großbritannien
       wieder Mitglied der EU wird, die gerade mehrere diplomatische Schlachten
       gleichzeitig zu schlagen hat. Doch klingt diese Vision nicht minder
       utopisch als die, dass Macron und der britische Premierminister Keir Stamer
       den Teppich dort lassen, wo er ist, zum Wohle künftiger Generationen.
       
       11 Sep 2025
       
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