# taz.de -- Protest auf Nordseeinsel Borkum: Gegen Gasförderung im Wattenmeer
       
       > Auf Borkum protestieren Hunderte gegen die Erdgasförderung. Der haben
       > Bund und Niedersachsen gerade den Weg bereitet – trotz noch anhängiger
       > Klagen.
       
 (IMG) Bild: Schreckensvision Bohrinsel vorm Badestrand: Teilnehmer:innen des Protestcamps auf Borkum am Freitag
       
       Osnabrück taz | Weit mehr Menschen als erwartet haben am Wochenende auf der
       Nordseeinsel Borkum am [1][Protest gegen die Gasförderung] teilgenommen.
       Insgesamt hätten rund 800 Menschen protestiert, teilten die
       Organisator:innen von Fridays for Future (FFF) mit. Über 200 hätten
       sich am eigentlichen Protestcamp beteiligt.
       
       Bei einem Demonstrationszug über die Insel samt Kundgebung am Strand zählte
       die Polizei 400 Menschen, erwartet hatte sie 150. „Wir erhalten sehr viel
       Unterstützung von den Insulanerinnen und Isulanern“, sagte Nele Evers von
       FFF.
       
       Die Proteste richten sich gegen den niederländischen Energiekonzern
       ONE-Dyas, der [2][rund 20 Kilometer nordwestlich der Insel Erdgas fördern
       will], am Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Aber auch die
       schwarz-rote Bundesregierung und Niedersachsens rot-grüne Landesregierung
       stehen in der Kritik. Zuletzt haben sie gemeinsam den Weg für einen Beginn
       der Bohrungen freigemacht.
       
       ## In sechs Schutzgebieten ist die Förderung verboten
       
       Ende August haben Deutschland und die Niederlande ein von Katherina Reiche
       (CDU), Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, vorgelegtes
       [3][sogenanntes Unitarisierungsabkommen unterzeichnet]. Damit sichern sie
       das ONE-Dyas-Vorhaben völkerrechtlich ab. Das Bundeskabinett hatte
       zugestimmt, Reiche dabei die „Versorgungssicherheit“ beschworen.
       
       Anfang September hat das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie
       und Geologie (LBEG) [4][dem Antrag auf „Sofortvollzug“ der Bohrungen
       zugestimmt]. Seine Entscheidung komme „dem überwiegenden öffentlichen
       Interesse an einer sicheren Energieversorgung nach“, erklärte das LBEG, das
       dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium unter Grant Hendrik Tonne
       (SPD) untersteht.
       
       Anfang September hat die Bundesregierung indes eine [5][Änderung des
       Bundesnaturschutzgesetzes] beschlossen: In sechs Schutzgebieten in Nord-
       und Ostsee ist künftig die Exploration und Förderung von Öl und Gas
       verboten. „Der Schutz der Meeresnatur und der Ausstieg aus der Nutzung
       fossiler Energien“, so Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD), passe
       „mit Öl- und Gasbohrungen nicht zusammen“.
       
       Einerseits wird die Förderung fossiler Energieträger im Meer gefördert,
       andererseits eingeschränkt? Auf das ONE-Dyas-Vorhaben vor Borkum haben
       Schneiders Verbote keine Auswirkungen. Sie gelten nur für die Seegebiete in
       der Ausschließlichen Wirtschaftszone, die das innerhalb der 12-Meilen-Zone
       gelegene Küstenmeer nicht einschließt.
       
       Marie Kollenrott, Sprecherin für Energie und Klimaschutz der
       Grünen-Landtagsfraktion in Hannover und Kritikerin des ONE-Dyas-Vorhabens,
       wertet Schneiders Vorstoß als Verschleierung. „Ich sehe das auch als
       politisches Manöver“, sagt sie der taz, „als Versuch, von der
       LBEG-Entscheidung und dem Unitarisierungsabkommen abzulenken.“
       
       Jedes Plus für den Meeresschutz sei natürlich gut. „Aber Schneider greift
       zu kurz. Warum gibt es kein gesetzlich geregeltes Verbot für küstennahe
       Gebiete?“ Zudem gelte es, das Bundes-Bergrecht endlich um Klimaschutz- und
       Umweltziele zu erweitern. „Stattdessen wirft Schneider Nebelkerzen“, sagt
       Kollenrott.
       
       ## Keine Gas-Mangellage mehr
       
       Vor dem Hintergrund von Niedersachsens Selbstverpflichtung, 2040
       klimaneutral zu sein, seien Fördervorhaben wie das vor Borkum widersinnig.
       Hinzu komme, so Kollenrott: „Zur Sicherstellung der Wärmeversorgung
       brauchen wir das Borkumer Gas nicht; es gibt ja keine Gas-Mangellage mehr.“
       Es gehe um die Steigerung der Profite der Gasindustrie. „Und es geht um
       eine Wegbereitung für die Erschließung weiterer Gasvorkommen im Wattenmeer.
       ONE-Dyas hat daran ja schon deutlich Interesse bekundet.“
       
       Auch das von Greenpeace [6][bei der Hamburger Völkerrechtlerin Roda
       Verheyen in Auftrag gegebene Rechtsgutachten] mit dem Titel „Gasförderung
       vor Borkum. Unitarisierungsabkommen verstößt gegen Grundgesetz und
       Völkerrecht“, sieht diese Gefahr: Das Abkommen ermögliche „die Realisierung
       einer unbegrenzten Anzahl an Erdgasförderprojekten im Grenzgebiet zwischen
       Deutschland und den Niederlanden im Bereich des Festlandsockels“.
       
       Eine Konfliktdebatte, bei der Kollenrott die Bundesebene in der
       Verantwortung sieht. „Bundesrecht bricht Landesrecht. Das Land genehmigt
       immer auf dessen Grundlage. Tut es das nicht, wird es verklagt werden – und
       verliert vor Gericht.“ Das Land sei Prüfer ohne Exit-Option. Die politische
       Entscheidung, ob gefördert werde, liege klar beim Bund.
       
       ## Landesamt hätte Sofortvollzug nicht genehmigen müssen
       
       Erklärt das, warum Niedersachsens Minister für Umwelt, Energie und
       Klimaschutz, Christian Meyer (Grüne), obwohl erklärtermaßen „kritisch
       gegenüber neuen fossilen Förderungen“, so machtlos wirkte?
       
       „Das Unitarisierungsabkommen hätte vom Bund nicht unterschrieben werden
       dürfen“, sagt Kollenrott. „Das war eine rein politische Entscheidung der
       Bundesregierung. Ohne Unterschrift keine Gasförderung.“ Aber auch in
       Niedersachsen werden Entscheidungen getroffen: Das LBEG hätte den
       Sofortvollzug nicht genehmigen müssen.
       
       Unverständlich ist zudem, dass mit alldem nicht gewartet wurde, bis in
       Sachen ONE-Dyas juristisch entschieden ist. Die Gemeinde Borkum klagt
       derzeit noch gegen die Bohrgenehmigung, an der Seite der Deutschen
       Umwelthilfe und der Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland,
       
       Mit Material von dpa und epd
       
       7 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [5] https://www.bundesumweltministerium.de/pressemitteilung/ausschluss-von-oel-und-gasfoerderung-in-meeresschutzgebieten-von-nord-und-ostsee
 (DIR) [6] https://www.greenpeace.de/publikationen/2025_09_Rechtsgutachten%20Unitarisierungsabkommen.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Harff-Peter Schönherr
       
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