# taz.de -- Proteste bei Vuelta-Radrennen in Spanien: Breite Solidarität bis zum raschen Ende
       
       > Bei der spanischen Fahrrad-Rundfahrt Vuela sorgen die Proteste gegen das
       > israelische Vorgehen in Gaza und einen israelischen Rennstall für einen
       > Teilabbruch.
       
 (IMG) Bild: Proteste an der Strecke: Bilbao, 3.9. 2025
       
       Radsport wird nicht auf einem fernen Planeten ausgetragen, unberührt von
       allen politischen Entwicklungen. Lange konnte sich das Sportgeschäft mit
       den radelnden Werbeträgern der Illusion hingeben, in einem politikfreien
       Raum unterwegs zu sein. Spätestens mit den massiven Protesten von Gegnern
       des israelischen Krieges in Gaza, die am Mittwoch [1][zur sportlichen
       Teilannullierung der 11. Etappe der Spanienrundfahrt] führten, ist diese
       Vorstellung nicht mehr haltbar.
       
       Tausende Menschen hatten die letzten 500 Meter der Etappe in der Innenstadt
       Bilbaos in Besitz genommen. Ein textiles Meer aus Palästina-Fahnen
       beherrschte diesen Teil der Rundfahrt. Auch akustisch setzte sich der Chor
       der Protestierenden mit seinen laut skandierten Sprüchen durch. Sie
       forderten Solidarität mit Palästina und bezichtigten Israel des Genozids in
       Gaza. Der Streckensprecher versuchte zwar, mit seinen durch große
       Lautsprecherboxen verstärkten Informationen noch durchzukommen. Aber auch
       er gab schließlich auf.
       
       Wie auch die Veranstalter. „Angesichts der Geschehnisse bei der ersten
       Zieldurchfahrt der 11. Etappe hat die Organisation entschieden, das Rennen
       drei Kilometer vor dem Ziel abzubrechen, um dort die Zeiten für das
       Gesamtklassement zu nehmen. Es wurde auch entschieden, keinen Tagessieger
       zu küren und keine Punkte für die Punktewertung im Ziel zu vergeben“, hieß
       es später in einem Kommuniqué.
       
       Tatsächlich hatten bei der ersten Zieldurchfahrt Demonstranten die
       Absperrungen durchbrochen. Ein massives Polizeiaufgebot schuf eine Gasse,
       durch die das Peloton fahren konnte. Behinderungen des Rennens hatte es
       bereits an einigen Stellen zuvor gegeben, einmal versperrte ein
       Protestbanner den Weg. Und beim Mannschaftszeitfahren auf der 5. Etappe
       wurden die Athleten von [2][Israel-Premier Tech] sogar angehalten.
       
       ## Ausschluss gefordert
       
       Gegen die Teilnahme des Rennstalls richten sich die Proteste. Die
       Vereinigte Linke Spaniens hatte sogar offiziell den Ausschluss von
       Israel-Premier Tech gefordert. Das ist insofern nachvollziehbar, als dass
       sich Teamgründer Sylvan Adams bei der öffentlichen Vorstellung des
       Rennstalls – damals noch Israel Star-Up Nation – als Botschafter und
       Werbeträger Israels inszenierte. Jetzt bei der Vuelta ist Adams auch vor
       Ort. Zur aktuellen Situation wollte er sich aber nicht äußern, eine
       Teamsprecherin blockte eine Anfrage der taz ab.
       
       Inzwischen hat Óscar Guerrero, Sportdirektor des Teams, von Morddrohungen
       gegen den Rennstall berichtet. „Wir haben Angst“, sagte er [3][dem
       spanischen Radiosender Onda Cero]. Er bat darum, „das Team nicht
       anzugreifen“. Der Rennstall beabsichtigt, das Rennen fortzusetzen: „Jede
       andere Vorgehensweise würde einen gefährlichen Präzedenzfall im Radsport
       schaffen, nicht nur für Israel-Premier Tech, sondern für alle Teams“, heißt
       es in einem offiziellen Statement.
       
       Die Fahrer waren vor allem enttäuscht, ihrem Sport nicht nachgehen zu
       können. „Es ist schade, dass wir heute nicht um den Sieg fahren konnten.
       Ich hätte gern für meinen Sohn gewonnen, er hat heute Geburtstag“, sagte
       der Gesamtführende Jonas Vingegaard. Er startete auf den letzten Kilometern
       eine Attacke, setzte sich mit dem Briten Thomas Pidcock ab. Auch der war
       sauer: „Ehrlich gesagt, ist es schwer, die Enttäuschung zu beschreiben. Ich
       hatte das Gefühl, das heute wäre mein Tag“, meinte er nach dem Rennen.
       
       Die Fahrer wussten, was auf sie zukommen könnte. „Wir waren in ständigem
       Austausch mit den Organisatoren. Und sie haben auch getan, was sie konnten.
       So viel Polizei“, meinte der italienische Sprinter Elia Viviana. „Die
       Entscheidung zum Rennabbruch wurde uns auch rechtzeitig übermittelt. Die
       Ansagen waren klar und unmissverständlich. Wir haben das dann an unsere
       Fahrer weitergegeben, und ja, die Teamtaktik etwas angepasst“, sagte mit
       leicht gequältem Lächeln Jesper Morkov, sportlicher Leiter von Vingegaards
       Team Visma – Lease a Bike.
       
       Vor allem für die Organisatoren war es ein herausfordernder Tag. „Wir sind
       nicht gegen politische Proteste, aber die Sicherheit des Rennens, aller
       Fahrer und des Begleitpersonals muss gewährleistet sein“, sagte Kiko
       Garcia, technischer Direktor der Vuelta. „Wir müssen den Regularien folgen
       und sind verpflichtet, Israel-Premier Tech hier fahren zu lassen. Würden
       wir das nicht akzeptieren, würden wir viel Ärger bekommen. Wir haben auch
       alles getan, eine extra Polizeieskorte für das Team, auch mehr Polizei für
       die anderen Teams. Jetzt müssen sich aber alle Beteiligten im Radsport
       zusammensetzen und eine gute Lösung finden. Die Zeit rennt“, meinte er.
       
       Sie rennt bei der Vuelta, sie rennt aber vor allem in Gaza, mit täglich
       immer neuen Toten. Im Fahrerfeld geht man allerdings davon aus, dass die
       Proteste abebben. Zur 12. Etappe verlässt die Vuelta das Baskenland. „Mir
       wurde gesagt, dass Mittwoch der Tag mit den meisten Protesten sein würde,
       also könnte es von jetzt an besser werden“, meinte Radprofi Pidcock.
       
       Die Bevölkerung im Baskenland, traditionell sehr begeisterungsfähig für den
       Radsport, hat ein Zeichen gesetzt. In Zukunft komme es darauf an, die
       richtige Balance aus Protest und Sicherheit zu finden, nahm sich
       Vuelta-Direktor Kiko Garcia als Aufgabe für die kommenden Tage vor.
       
       4 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.lavuelta.es/en/overall-route
 (DIR) [2] https://israelpremiertech.com/
 (DIR) [3] https://www.ondacero.es/programas/radioestadio-noche/oscar-gutierrez-director-israelpremier-tech-nos-han-llegado-amenazas-muerte-tenemos-miedo_2025090468b8c8598f77821956ac635e.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
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