# taz.de -- Bremer Senat improvisiert Finanzplanung: Löcher stopfen und neue reißen
       
       > Eine Millionenlücke im Bremer Arbeitsressort kann kurzzeitig durch
       > Amtshilfe von der Wirtschaftssenatorin aufgefangen werden. Eine echte
       > Lösung fehlt.
       
 (IMG) Bild: Muss sich für ihr Programm Geld aus dem Wirtschaftsressort leihen: Bremens Sozialsenatorin Claudia Schilling, hier im Mai 2024
       
       Bremen taz | Wer gute Nachrichten will, darf nicht zu wählerisch sein. Und
       deshalb: hurra! Eine arbeitsmarktpolitische Katastrophe ist in Bremen erst
       mal abgewendet. Die Angebote für Arbeitslose, Alleinerziehende und
       Migrant*innen, die in Bremen unter anderem über den Europäischen
       Sozialfonds (ESF) finanziert wurden, hat der Senat nun doch noch
       abgesichert. Zumindest viele von ihnen. Zumindest für eine kurze Zeit. Und
       danach? Kann immer noch ein Wunder geschehen.
       
       Bis zu siebzig Projekte hätten quasi sofort wegfallen sollen: Beratungen,
       Sprachkurse, psychosoziale Angebote, Beschäftigungsmaßnahmen,
       Weiterqualifizierungen. Das Land Bremen hatte dafür über den ESF insgesamt
       60 Millionen Euro von der EU bekommen, für den gesamten Zeitraum 2021 bis
       2027.
       
       Das Geld konnte man gut brauchen, gerade als nach der Coronakrise ein paar
       andere Förderprogramme ausliefen, die damit finanzierten Projekte aber noch
       weiterliefen. Anfang 2025 waren bereits 52 Millionen Euro verplant – aber
       irgendwie war in der Sozialbehörde von Claudia Schilling (SPD) niemandem
       aufgefallen, dass dann für die übrigen Jahre nicht mehr genügend Geld da
       sein wird.
       
       Und auch sonst ist der Haushalt im Arbeitsressort zu knapp bemessen. So
       fehlen für die Arbeitsmarktförderung insgesamt schon in diesem Jahr 19,3
       Millionen Euro. Dabei ist schon abgerechnet, dass der Bund aus seinen
       eigenen ESF-Mitteln noch einmal neun Millionen Euro an Bremen abtreten
       will.
       
       ## Die Wirtschaftssenatorin hilft kurzzeitig aus
       
       Gestopft wird das akute Loch jetzt zum großen Teil mit einem Kredit von der
       Senatskollegin: Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Die Linke) hat besser
       geplant und die EU-Mittel zur Wirtschaftsförderung für den Zeitraum 2021
       bis 2027 noch nicht aufgebraucht. Geld aus dem „Europäischen Fonds für
       Regionale Entwicklung“ (EFRE) finanziert für dieses Jahr also erst einmal
       Beratungs- und Beschäftigungsangebote, statt wie vorgesehen eine bessere
       Forschungs-Infrastruktur oder Projekte für mehr Energieeffizienz.
       
       Die Amtshilfe, auf die sich der Senat am Dienstag geeinigt hat, hat aber
       einen entscheidenden Schönheitsfehler: Das Geld kann ohne Genehmigung der
       EU gar nicht beliebig zweckentfremdet werden – und wird am Ende für die
       Wirtschaftsförderung auch noch gebraucht.
       
       Das Sozialressort muss das Geld deshalb Ende 2025 zurückzahlen. Wie? Nun
       ja. Sparen soll das Ressort, hat der Senat beschlossen: Einfach dieses Jahr
       weniger ausgeben als ursprünglich vorgesehen. Außerdem allen Trägern ganz
       genau auf die Finger schauen und jeden nicht verwendeten Cent
       zurückfordern. Und noch einmal betteln gehen bei der EU, für neue
       Fördermittel. Am Ende, [1][hofft und rechnet der Senat,] wird's alles
       irgendwie hinkommen.
       
       ## Ein Déjà-vu der schlechten Nachrichten
       
       Bekannt geworden war das Missmanagement im März diesen Jahres. Wer das vage
       Gefühl hat, schon länger davon zu wissen, sitzt entweder an entscheidender
       Stelle in der Behörde, oder aber verwechselt die Meldung mit einer der
       anderen Bremer Hiobsbotschaften aus dem Bereich der Arbeitsmarktpolitik.
       
       Denn schon im Sommer 2024 musste sich das hiesige Jobcenter öffentlich
       erklären: Leider hatte man das Gesamtbudget für das Kalenderjahr da schon
       völlig verplant und musste [2][sich selbst einen Vorschuss zahlen] und ein
       paar andere Töpfe anpumpen, um Arbeitssuchenden überhaupt noch Maßnahmen
       anbieten zu können.
       
       Von bedrohten Arbeitsförderungsprojekten hatte man dann auch noch mal
       gehört: Vor dem Jahreswechsel wurde deutlich, dass das Jobcenter mit
       nochmals gekürztem Budget für 2025 weniger AGHs, also
       „Arbeitsgelegenheiten“ finanzieren würde – und dass damit Projekte vor dem
       Aus standen. Unter anderem d[3][as Geschichtenhaus im Schnoor stand auf der
       Kippe], bis die Finanzierung kurzfristig durch eine Stiftung übernommen
       wurde.
       
       ## Dieses Mal fehlt mehr Geld
       
       Allerdings fehlten damals etwa fünf Millionen Euro für die
       Arbeitsgelegenheiten. Dieses Mal geht es um größere Summen. Und auch wenn
       die Finanzierung nun erst einmal gesichert ist: 2026 ist dann wirklich gar
       kein Geld aus dem Europäischen Sozialfonds mehr übrig. Gleichzeitig muss
       das Sozialressort seine Anleihe ans Wirtschaftsressort zurückzahlen.
       
       Haben also Träger und Teilnehmer*innen einfach ein paar Monate
       gewonnen, um sich auf den Wegfall von Projekten einzustellen? Oder wird
       doch noch irgendwo Geld gefunden, das im regulären Bremer Haushalt dem
       Ressort für Arbeit und Soziales zugute kommen kann? Ein bisschen Zeit ist
       noch: Weil die Haushaltsaufstellung mit viel Bedarf und wenig Geld wieder
       einmal kompliziert wird, soll der [4][Haushalt fürs nächste Jahr in schöner
       Bremer Eigenwilligkeit erst im März] 2026 verabschiedet werden.
       
       24 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://sd.bremische-buergerschaft.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZfRNPk0vtFhJ4YMVA6CYLc8uBMJSeCMZ-TLVzxa2vZu8/TOP_II.1_-L-_ESF-Liquiditaetsdeckung_2025_Anlage.pdf
 (DIR) [2] /Notloesung-fuers-Missmanagement/!6019673
 (DIR) [3] /Bremer-Projekt-fuer-Arbeitslose-droht-Aus/!6053424
 (DIR) [4] /Bremer-Landeshaushalt/!5651229
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lotta Drügemöller
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bremen
 (DIR) Arbeitsmarkt
 (DIR) Jobcenter
 (DIR) Finanzpolitik
 (DIR) Senat Bremen
 (DIR) Bremer Sozialbehörde
 (DIR) Arbeitsplätze
 (DIR) Tafel
 (DIR) Gebühren
 (DIR) Förderung
 (DIR) Jobcenter
 (DIR) Bremen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Armes Bremerhaven: Die Tafel ist nicht mehr gedeckt
       
       Die Bremerhavener Tafel muss schließen, vor allem weil geförderte Stellen
       wegbrechen. Der Tafel-Landesverband empfiehlt, mehr aufs Ehrenamt zu
       setzen.
       
 (DIR) Lange Liste mit Sparmaßnahmen: Bremen muss riesiges Haushaltsloch stopfen
       
       Kein Bundesland ist so verschuldet wie Bremen. Finanzsenator Fecker plant
       bis 2027 Einsparungen von 254 Millionen. Die Sanierungsmaßnahmen sind hart.
       
 (DIR) Bremer Projekt für Arbeitslose droht Aus: Geschichtenhaus bald Geschichte
       
       Das mehrfach ausgezeichnete Geschichtenhaus gilt als Vorbild für
       Arbeitsmarktintegration. Nach 18 Jahren will das Jobcenter die Förderung
       einstellen.
       
 (DIR) Notlösung fürs Missmanagement: Bremer Jobcenter lebt auf Pump
       
       Weil das Qualifizierungsbudget des Jobcenters aufgebraucht ist, soll Geld
       aus dem Haushaltsjahr 2025 Lücken stopfen. Doch da wird das Geld nicht
       mehr.
       
 (DIR) Geld alle für Eingliederungsmaßnahmen: Bremer Jobcenter arbeitslos
       
       Das Jahr ist zur Hälfte vorbei und das Bremer Jobcenter hat kein Geld mehr
       für Eingliederungsmaßnahmen. Damit fällt ein Teil von dessen Arbeit flach.