# taz.de -- Finale bei der Frauenfußball-EM: Fortschritt mit fadem Beigeschmack
       
       > Die diesjährige EM hat gezeigt: Der Frauenfußball ist in der Normalität
       > angekommen. Im Guten wie im Schlechten.
       
 (IMG) Bild: England jubelt: Das englische Team hat die EM gewonnen, Englands Cheftrainerin Sarina Wiegman feiert das mit ihren Spielerinnen
       
       Viel Skepsis hat es gegeben vor dieser EM. Würde die Schweiz, wo es nicht
       mal eine Halbprofiliga gibt, den Publikumserfolg der EM in England
       wiederholen können? Was, wenn die Gastgeberin sofort ausscheidet? Es kam in
       jeder Hinsicht anders. Das Turnier hat kommerziell und popkulturell neue
       Maßstäbe gesetzt. Schon vor dem Finale, das England mit 4:2 gegen Spanien
       gewonnen hat, war klar, dass es einen Publikumsrekord von mindestens
       650.000 Fans geben würde. Fast alle Spiele waren ausverkauft, die Größe der
       Stadien war klug gewählt.
       
       Wie sehr eine eigene Kultur erwächst, das zeigten die vielen Teeniemädchen
       im Stadion, die solidarische Swiftie-Atmosphäre oder die Bestmarke von 20
       Millionen Tiktok-Aufrufen für [1][Torhüterin Ann-Kathrin Bergers legendäre
       Parade.] Dass Frauen öffentlich so gefeiert werden, ist eine echte
       feministische Errungenschaft. 400 Millionen TV-Zuschauer:innen sind
       ebenfalls Rekord. Die Verbände schmücken sich gern mit solchen Zahlen, doch
       tatsächlich zeigen sie: Frauenturniere haben eine kritische Schwelle
       überschritten. Sie können nun auch in einem Land Erfolg haben, das keine
       Profiliga oder Topklubs hat. Sie sind jetzt Establishment. Im Guten wie im
       Schlechten.
       
       Denn der gegenkulturelle Geist, der frühere Turniere umwehte, ist vorbei.
       Feminismus hat sich im DFB-Team vom Progressiven befreit. „Die Mannschaft
       steht für so viel“, hatte Kapitänin Giulia Gwinn gesagt. Doch abgesehen von
       LGBT waren es plötzlich eher konservative und neurechte Themen, für die
       dieses Team stand. Allen voran die unsäglichen [2][angeblichen „deutschen
       Tugenden“], die Trainer Christian Wück immer wieder hervorhob: Wille,
       Kampf, Mentalität. Frauen, die teils brutal für Deutschland holzen, das kam
       öffentlich gut an.
       
       Auch ultrareligiöse DFB-Spielerinnen nutzten die EM für Propaganda. Dieses
       weiße Team, das deutschen Schlager hört, den Kampf und teils die Bibel
       liebt – das hatte einen faden Beigeschmack. Ironischerweise zeigt es
       zugleich, wie viel normalisierter Frauenfußball rasend schnell geworden
       ist. [3][Erstmals ging es öffentlich nicht mehr zuvorderst darum, ob Frauen
       Fußball spielen können] oder jemand das sehen will. Es ging um die Themen
       dieser Zeit. Man kann das einen Fortschritt nennen.
       
       28 Jul 2025
       
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 (DIR) Alina Schwermer
       
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