# taz.de -- Fazit zum PR-Getöse bei der EM: Hochfliegende Erzählungen
       
       > Während der EM konnte man glauben, der Frauenfußball platze aus allen
       > Nähten. Warum nur die maßlose Marktschreierei? Der Sache dient sie nicht.
       
 (IMG) Bild: Wieder ein EM-Rekord: Beim Vorrundenspiel Deutschland – Dänemark wird höchste Zuschauerzahl ohne Gastgeberbeteiligung gefeiert
       
       Ein wenig sehne ich mich schon nach Stille. Mir dröhnen die Ohren von dem
       gut dreiwöchigen PR-Geschrei rund um diese EM. Die UEFA-Direktorin Nadine
       Keßler schwärmte und lärmte vor dem Halbfinale: „Die Leute schlagen sich um
       Tickets, versuchen, irgendwie noch irgendwo ins Stadion reinzukommen.“
       
       Wilde Szenen spielten sich in meinem Kopf ab. Wo blieb denn nur ihr Dank an
       die Schweizer Polizei, Sicherheitskräfte und Armee, welche diese prekäre
       Lage offenkundig gut in den Griff bekommen haben?
       
       An einem anderen Tag prophezeite Keßler „eine Explosion“ auf dem
       Transfermarkt des Frauenfußballs. Die Marke von 100 Millionen Euro Ablöse
       könnte durchbrochen werden, mutmaßte sie im Wissen, dass es bislang zwei
       Spielerinnentransfers gab, welche knapp über einer Million Euro lagen.
       Unfassbar und unglaublich. Diese beiden Wörter sind inflationär rund um
       diese EM in den Mund genommen worden.
       
       Das Fazit von [1][Kapitänin Giulia Gwinn] zum eigentlich spielerisch sehr
       mäßigen DFB-Auftritt bei dem Turnier hätte auch kaum euphorischer mit Blick
       auf die Zukunft ausfallen können. „Wir haben eine unfassbar gute Grundlage
       gelegt.“ Die Gastgeber berauschten sich selbst an ihrer Liebe zum
       Frauenfußball, [2][sozusagen an einer Zeitenwende.]
       
       ## Hilfsbedürftiges Etwas?
       
       Bewirken diese maßlosen Übertreibungen nicht das Gegenteil von dem, was sie
       bezwecken sollen? Verweisen die hochfliegenden Erzählungen nicht gerade
       darauf, dass hier etwas massiv unterstützt und hochgepäppelt werden soll?
       Diese Art von PR gibt es seit geraumer Zeit beim Fußball der Frauen. Sie
       wirkt mittlerweile aber besonders bizarr, weil der Qualitätszuwachs auf dem
       Rasen zuletzt so rasant geworden ist. All das Wohlmeinende und maßlos
       Marktschreierische markiert den Fußball der Frauen eher als
       hilfsbedürftiges Etwas.
       
       Es wird gesehen, was man sehen möchte und was zur eigenen Erzählung passt.
       Die zuletzt abnehmenden Zuschauerzahlen in der ersten Liga des
       [3][EM-Finalisten England,] sowohl in den Stadien als auch vor dem
       Fernseher, passen etwa eher nicht. Über ältere Männer, die wie immer dieses
       Turnier zahlreich begleiteten und auch beim ersten Spiel der Deutschen in
       St. Gallen einige Betten im Youth Hostel gebucht hatten, wurde eher nicht
       berichtet. Dass nach wie vor mehr Männer in den EM-Stadien waren als
       Frauen, auch das ging eher unter.
       
       Wer genauer hinschaut, erhält vielschichtigere Bilder. Der Fußball der
       Frauen platzt wahrlich nicht aus allen Nähten. In der taz, die mit zwei
       EM-Seiten täglich ein breit getragenes Bekenntnis zu mehr Partizipation im
       Sport ablegte, ist die Begeisterung, so viel Transparenz muss sein, ebenso
       ausbaufähig. Bei der Männer-EM 2024 war die Beteiligung am Tippspiel im
       Haus mehr als doppelt so hoch. Wer während der Frauen-WM 2023 in
       Australien/Neuseeland im Gebäude nach einem leeren Raum suchte, wurde am
       ehesten im Trakt des taz-Cafés fündig, wo alle Spiele gezeigt wurden. Es
       ist so etwas wie eine Kopfliebe. Viele Gründe sprechen für den Fußball der
       Frauen. Das Herz braucht noch etwas Zeit. *Nur etwas Kleines
       
       27 Jul 2025
       
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