# taz.de -- Umweltschutz in Bolivien: Die Kraft des Jaguars
       
       > Marcos Uzquiano zählt zu den bekanntesten Parkwächtern und
       > Umweltschützern Boliviens. Sein Einsatz für die Natur bringt ihn immer
       > wieder in Gefahr.
       
 (IMG) Bild: Marcos Uzquiano schützt heute das Biosphärenreservat Beni
       
       La Paz taz | Als Kind verbrachte Marcos Uzquiano Stunden damit, die Ankunft
       der Fische im Fluss Beni im bolivianischen Amazonasgebiet zu beobachten. Er
       wusste genau, zu welcher Jahreszeit die Sardinen, Chipichipis,
       Sábalo-Fische und andere Arten eintrafen. Diese Beobachtungen, zusammen mit
       den Streifzügen durch den Wald an der Seite seiner Großmutter, weckten in
       ihm eine tiefe Leidenschaft für die Natur. Und den Wunsch, sie zu schützen.
       
       Als er erfuhr, dass der Jaguar das größte Tier des Waldes ist und eine
       wichtige Rolle im Gleichgewicht des Ökosystems spielt, wollte er es ihm
       gleichtun: tief in den Wald eindringen und Bedrohungen für das Gebiet
       bekämpfen.
       
       Diese Vorstellung wurde zu einer regelrechten Obsession. Zum Leidwesen
       seiner Mutter, die schon damals ahnte, dass dieser Weg ihm viele Probleme
       bereiten würde. Und sie sollte recht behalten.
       
       Uzquiano, 48 Jahre alt, hat dunkle Haut, ein militärisches Auftreten und
       einen durchdringenden Blick. Mit ruhiger, aber bestimmter Stimme erzählt er
       aus einem bewegten Leben: „Aus meiner Verbindung mit dem Fluss und dem Wald
       stammt meine Leidenschaft, ein Jaguar zu sein und das Territorium zu
       schützen.“ 1998 absolvierte er ein Freiwilligenprogramm im Nationalpark
       Madidi, wo er sah, wie die Parkwächter gegen den illegalen Holzhandel
       kämpften. Auch Uzquiano sollte schon bald zu kämpfen beginnen.
       
       ## Den Wald lieben und schützen
       
       Geboren in San Buenaventura – einer von fünf Gemeinden im bolivianischen
       Amazonasgebiet –, wuchs Uzquiano in einer indigenen Familie des Volkes der
       Tacana auf. Sein Vater starb, als er fünf Jahre alt war. Großgezogen wurde
       er von seiner Mutter und Großmutter. Sie vermittelten ihm Werte, die ihn
       bis heute leiten: den Wald zu lieben und zu schützen.
       
       Heute ist Uzquiano einer der bekanntesten Parkwächter Boliviens. Er ist
       Leiter des Schutzes im Biosphärenreservat und indigenen Territorium Beni,
       das dem Nationalen Dienst für Schutzgebiete (Sernap) untersteht. Die Folgen
       der Klimakrise erlebt er aus nächster Nähe. Er wurde Zeuge, wie weite Teile
       des Nationalparks in Flammen standen, [1][begünstigt durch ungewöhnlich
       trockene Vegetation. Auch Überschwemmungen stellen ein wachsendes Problem
       dar], insbesondere für indigene Gemeinschaften. „Früher waren diese
       Überschwemmungen besser vorhersehbar“, sagt er.
       
       In seinen 22 Berufsjahren hat es Uzquiano geschafft, den Handel mit
       Jaguaren, den illegalen Bergbau und die Abholzung zu stoppen, zumindest
       zeitweise. Doch die Arbeit hat ihm viele Feinde eingebracht, die Folge:
       [2][Drohungen, Strafverfahren, Entlassungen].
       
       ## Ärger wegen Untätigkeit der Behörden
       
       Bereits 2015 wurde er abgesetzt und später in ein Biosphärenreservat
       versetzt. 2023 folgte ein Strafverfahren, nachdem er und ein Kollege in
       sozialen Netzwerken den Versuch von Eindringlingen dokumentiert hatten, mit
       schwerem Gerät in den Park einzudringen. Ende 2024 erhielt er ein
       Entlassungsschreiben.
       
       Was war passiert? Er hatte einen Post auf Facebook abgesetzt. Dort warnte
       er vor Waldbränden. Und er machte seinen Ärger über die Untätigkeit der
       Behörden freien Lauf. Laut der Stiftung Tierra erreichten die Brände 2024
       einen historischen Rekord: [3][12,6 Millionen Hektar wurden zerstört].
       Daneben reichte er eine Klage gegen ein Tourismusunternehmen ein, das im
       Naturschutzgebiet San Matías Jaguare jagte. Außerdem kritisierte er immer
       wieder den illegalen Bergbau.
       
       Für das Sernap galten viele seiner Handlungen als regelwidrig. In einem
       Disziplinarverfahren hieß es unter anderem: Er habe Waldbrände über soziale
       Netzwerke gemeldet, ohne vorher eine offizielle Mitteilung zu machen, und
       Behörden öffentlich in Interviews kritisiert.
       
       ## Wiedereinstellung nach Entlassung
       
       Eine zentrale Politik der Regierung der Bewegung zum Sozialismus (MAS) –
       der bolivianischen Regierungspartei – ist es, keine freie Meinungsäußerung
       in ihren Reihen zu dulden. So erklärte der damalige Präsident Evo Morales
       bereits 2012, dass die Behörden „keine Freidenker“ seien.
       
       „Es ist paradox, denn man verfolgt Uzquiano gerade deshalb, weil er seine
       Arbeit gemacht und die Natur verteidigt hat“, meint Cecilia Requena,
       Senatorin der Partei Comunidad Ciudadana. Uzquiano machte seine Entlassung
       öffentlich, erhielt Unterstützung von der Ombudsstelle für Menschenrechte.
       Der Druck zeigte Wirkung: Ein Gericht hob die Entlassung auf und ordnete
       seine Wiedereinsetzung an.
       
       Uzquiano schweigt nicht, er mischt sich ein und spricht Missstände offen
       an. Das blieb nicht ohne Folgen: Seine Familie fürchtete um seine
       Sicherheit und bat ihn jahrelang, den Beruf aufzugeben. „Am Ende haben sie
       verstanden, dass es meine Lebensaufgabe ist“, sagt er heute. „Das zu
       ändern, hieße, nicht mehr ich selbst zu sein.“ Sein Weg sei nie einfach
       gewesen, doch er wird ihn weitergehen – mit derselben Entschlossenheit wie
       zu Beginn. Wie ein Jaguar, der den Wald beschützt.
       
       Karen Gil ist eine bolivianische Investigativjournalistin,
       Dokumentarfilmerin und Direktorin der Onlinemagazins [4][La Brava]. 
       
       Übersetzt aus dem Spanischen von Niklas Franzen
       
       26 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Klimawandel-in-Bolivien/!6000715
 (DIR) [2] https://www.iucn.nl/en/news/tigre-gente-calls-for-support-for-environmental-defender-marcos-uzquiano/
 (DIR) [3] https://www.ftierra.org/index.php/tema/medio-ambiente/1321-informe-revela-quienes-estuvieron-detras-del-fuego-que-devasto-12-6-millones-de-hectareas-en-bolivia
 (DIR) [4] https://revistalabrava.com/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karen Gil
       
       ## TAGS
       
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