# taz.de -- Geschichte des Görlitzer Parks in Berlin: Früher brannten mehr Bagger
       
       > Für die einen Hort allen Übels, für die anderen Naherholung: Schon in den
       > 80er Jahren mussten Kreuzberger:innen für den Görlitzer Park kämpfen.
       
 (IMG) Bild: Anders schön: Gelände des heutigen Görlitzer Parks im Jahr 1987
       
       Berlin taz | Was waren alle aufgeregt, als im Frühjahr die Bauarbeiten für
       den Zaun um den Görlitzer Park ausgeschrieben wurden. Zaungegner:innen
       kündigten zivilen Ungehorsam an und erinnerten Baufirmen daran, [1][dass
       Konflikte in Kreuzberg „auch ganz anders ausgetragen werden können“].
       Zaunfreund:innen interpretierten den nett gemeinten Hinweis sogleich als
       Drohung und drohten ihrerseits mit Strafverfolgung.
       
       Abgesehen von etwas [2][zivilem Ungehorsam bei der im Juni dann erfolgten
       Einrichtung einiger Baustellen] ist bislang weder das eine (Wir können auch
       anders!) noch folglich das andere (Rübe ab!) eingetreten. Wie auch
       ansonsten nicht viel passiert ist an den Eingängen des Görlitzer Parks, die
       doch bis zum Ende des Jahres allesamt Drehkreuze und Stahltore zwecks
       nächtlicher Absperrung schmücken sollen.
       
       Am Eingang Görlitzer Straße, Ecke Görlitzer Ufer etwa gibt es außer ein
       bisschen Beton, ein paar Bauzäunen und Schachtabsperrungen nichts zu sehen.
       Vor gut einem Monat hatte hier ein einzelner Bauarbeiter eine Grube
       ausgehoben für ein Torfundament. Das Fundament ist fertig, die Baufirma
       anderswo zugange. „Es ist tatsächlich noch sehr unspektakulär“, sagt David
       Kiefer von der Initiative Görli Zaunfrei.
       
       ## Stille Prozession durch den Park
       
       Kiefer gehört wie Linke-Landeschefin Kerstin Wolter am Dienstagabend zum
       Begleitprogramm eines vom linksparteinahen Bildungsverein Helle Panke
       organisierten Rundgangs zur Geschichte und Gegenwart des Görlitzer Parks.
       Immerhin rund 50 Interessierte schließen sich der stillen Prozession an,
       die – von den restlichen Parkbesucher:innen gänzlich ignoriert – von
       der Skalitzer Straße quer durch den Park bis zum Görlitzer Ufer zieht.
       
       Wolter kündigt an, den Zaun umgehend wieder abreißen zu lassen, sollte die
       Linke nach der Abgeordnetenhauswahl 2026 „etwas zu sagen haben“. Kiefer
       spricht über die Wut der Anwohner:innen. Im Mittelpunkt aber steht Kessy
       Schmidt.
       
       Schmidt engagiert sich bei der Agentur für soziale Perspektiven, einem
       Verein für politische Jugendbildung, und hat einmal ein Kinderbuch zur
       Geschichte des ab Ende der 80er Jahre errichteten Parks veröffentlicht. Sie
       ist hier die Expertin.
       
       Und so berichtet sie: vom 1945 schwer beschädigten Görlitzer Bahnhof, der
       einst auf der Fläche stand, vom umstrittenen Abriss des Kopfbahnhofs ab
       1961, von der jahrzehntelangen Nachnutzung der ehemaligen Gleisanlagen als
       Kohle- und illegale Müllhalde. Und von renitenten Anwohner:innen, die ab
       Ende der 70er Jahre versuchten, ihre [3][Idee von einem Stadtpark gegen die
       Widerstände der Behörden] durchzusetzen. Was ihnen ein Jahrzehnt später
       schließlich auch gelang.
       
       ## Feuer und Flamme der studierten Verplanung
       
       Aber nicht mal alle Kreuzberger:innen waren von der Parkidee
       begeistert. Im November 1987 – ein halbes Jahr [4][nach den ersten Berliner
       1.-Mai-Krawallen] – krachte es. Die Gruppe „Wildwuchs 36“ fackelte zwei
       Bagger ab, die für vorbereitende Bauarbeiten angefangen hatten, verseuchte
       Erde herauszuholen.
       
       In einem seinerzeit von der taz durchaus empört zitierten
       Bekenner:innenschreiben wetterte die Gruppe gegen die „studierte
       Verplanung der Freifläche“. Sie wollten, dass alles bleibt, wie es ist, und
       weiter auf „wildwachsenden Flächen“ der „Abendröte entgegenschauen“.
       
       Wer hinter den Anschlägen steckte, kam nie heraus. Die Parkinitiative war
       jedenfalls fassungslos, berichtet Kessy Schmidt. „Die Leute haben das
       überhaupt nicht verstanden und gesagt: Wir machen das doch für uns alle.“
       Es gab Treffen und Proteste gegen das Abfackel-Kommando, das dann alsbald
       auch wieder in der Versenkung verschwand.
       
       Schmidt sagt: „Es war halt schon immer so, dass wir, die für den Park
       kämpfen, uns dagegen wehren müssen, was andere hier wollen.“ Oder eben
       nicht wollen.
       
       13 Aug 2025
       
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 (DIR) Rainer Rutz
       
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