# taz.de -- Rückzug von Jette Nietzard: Keine Tränen, aber ein Nachgeschmack
       
       > Viel Rückhalt hatte die scheidende Chefin der Grünen Jugend in der Partei
       > nicht mehr. Für Nietzards Kritik am Umgang mit ihr gibt es aber
       > Verständnis.
       
 (IMG) Bild: Einmaliger Auftritt: Jette Nietzard im November 2024 als Sprecherin der Grünen Jugend auf dem Parteitag in Wiesbaden
       
       Berlin taz | Einen Namen hat sich Jette Nietzard gemacht, das muss man ihr
       lassen. Erst seit neun Monaten ist sie als Bundessprecherin der Grünen
       Jugend im Amt. Ein Posten, der die große Aufmerksamkeit nicht unbedingt
       garantiert: Manche ihre Vorgänger*innen haben zwei volle Amtszeiten
       absolviert und blieben der breiteren Öffentlichkeit trotzdem unbekannt.
       
       Nietzard aber hat es mit der Ankündigung [1][aus ihrem jüngsten
       Instagram-Video] sogar zur Eilmeldung auf tagesschau.de gebracht.
       „Grüne-Jugend-Chefin Nietzard kandidiert nicht erneut“, stand dort am
       Dienstag Vormittag rot umrandet – ganz so, als habe gerade eine Ministerin
       ihren Rückzug erklärt.
       
       Vor allem provokanten Posts in den sozialen Medien hat die 26-Jährige ihren
       hohen Bekanntheitsgrad zu verdanken. Mit am meisten Aufmerksamkeit hatte im
       Mai ein Foto erzeugt, auf dem sie einen Pullover mit dem Aufdruck „ACAB“
       (kurz für All Cops Are Bastards“) trug.
       
       Die Kehrseite ihrer Prominenz: [2][heftiger Gegenwind auch aus den eigenen
       Reihen.] Der baden-württembergische Realo Cem Özdemir forderte nach dem
       „ACAB“-Post, dass Nietzard aus der Partei austritt. Vertreter*innen des
       linken Flügels reagierten ebenfalls zunehmend genervt auf ihre Auftritte.
       Und wie es aus der Partei hieß, bröckelte auch innerhalb des Jugendverbands
       der Rückhalt.
       
       „Schon seit einiger Zeit ist klar, dass ich keine Zukunft in diesem
       Bundesvorstand haben kann. Das ist der Weg des geringsten Widerstands, aber
       auch der Weg, bei dem die Grüne Jugend weiter mit den Grünen
       zusammenarbeiten kann“, sagt Nietzard selbst in dem Video, in dem sie ihren
       Rückzug ankündigt. Grünen-Mitglied will sie demnach bleiben, bis zum Herbst
       amtiert sie auch weiter an der Spitze der Parteijugend. Nach dem
       Bundeskongress im Oktober ist dann aber Schluss.
       
       ## „Nie nach unten getreten“
       
       In dem knapp dreiminütigen Video verteidigt Nietzard ihren Kurs.
       Gleichzeitig kritisiert sie die Partei heftig. „Man kann vieles über mich
       sagen, aber auf eines werde ich immer stolz sein. Und zwar, dass ich immer
       nach oben getreten habe und nie nach unten“, sagt sie.
       
       Trotzdem sei „das Ganze an seine Grenzen gestoßen“ – und zwar „auch, weil
       Grüne lieber den Ton-Policing-Kampagnen irgendwelcher rechter Medienhäuser
       hinterhergelaufen sind, statt sich mit ihren eigenen Leuten zu
       solidarisieren“. Sie sei in Fraktionssitzungen ausgebuht und von
       Spitzen-Realos angeschrien worden. „Wenn die Parteispitze es nicht schafft,
       dass diese Anfeindungen enden, dann ziehe ich eben die Konsequenzen für
       meinen Jugendverband.“
       
       Nur knapp reagierte der Grünen-Vorstand auf diese Kritik. Die
       Parteizentrale verbreitete am Mittag ein Statement von Parteichef Felix
       Banaszak, das erkennbar darauf ausgelegt war, den Konflikt nicht weiter zu
       befeuern. Dass Nietzard und er „meistens unterschiedliche Auffassungen
       hatten, ist kein Geheimnis“, heißt es darin. Er habe aber Respekt vor dem
       Schritt und nehme ihn „zum Anlass, als Partei unsere Gesprächskanäle mit
       unserer Jugendorganisation weiter zu pflegen“.
       
       ## Ein Unbehagen bleibt
       
       Wer dort ab Herbst seine Ansprechpartner*innen sind, ist unklar.
       Nietzards Co-Vorsitzender Jakob Blasel lässt noch offen, ob er für eine
       zweite Amtszeit kandidieren wird. Der 24-Jährige pflegt einen anderen Stil
       als Nietzard, [3][äußerte Kritik an ihr bisher aber nur sehr diplomatisch].
       Am Dienstag stellte er sich hinter sie und beklagte „persönliche
       Anfeindungen“ gegen Nietzard aus den eigenen Reihen. „Unsouveräne
       Reaktionen und toxische Empörung der letzten Wochen müssen aufgearbeitet
       werden“, forderte er.
       
       Auch außerhalb des Jugendverbands hinterlässt der Umgang mit Nietzard zum
       Teil Unbehagen. Marcel Emmerich, Bundestagsabgeordneter aus dem linken
       Parteiflügel, hatte sich im Mai zwar selbst von Nietzards „ACAB“-Post
       distanziert. Es habe berechtigte Kritik an Nietzard gegeben, sagt er auch
       jetzt. „Aufmerksamkeit ist zwar eine wertvolle Währung in der Politik, aber
       nicht alles – entscheidend ist, was daraus entsteht. Auf Dauer war es nicht
       konstruktiv genug.“
       
       Auf der anderen Seite, so Emmerich zur taz, „täten wir als Grüne gut daran,
       die Vielfalt in der Partei auszuhalten. Wenn man verschiedene Klientelen
       erreichen will, muss man das auch mit unterschiedlichen Persönlichkeiten
       abbilden.“
       
       29 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.instagram.com/reel/DMrthX1tn6-/?utm_source=ig_web_copy_link&igsh=MzRlODBiNWFlZA==
 (DIR) [2] /ACAB-Gate-von-Jette-Nietzard-/!6087138
 (DIR) [3] /Jakob-Blasel-im-Portraet/!6094238
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schulze
       
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