# taz.de -- Friedenspreis des deutschen Buchhandels: Frühzeitiger Warner
       
       > Der Osteuropahistoriker Karl Schlögel erhält verdientermaßen den
       > Buchhandelspreis. Niemand hierzulande kennt den postsowjetischen Raum so
       > gut wie er.
       
 (IMG) Bild: Karl Schlögel bei einer Lesung in Berlin 2019
       
       Chapeau! Karl Schlögel kann seiner langen Liste von Auszeichnungen eine
       weitere hinzufügen: Der renommierte Osteuropahistoriker wird mit dem
       [1][diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels] geehrt. Seit
       Dekaden erkundet Schlögel akribisch das Innenleben der Sowjetunion und ab
       1991 auch all jener Staaten, die aus ihr hervorgegangen sind. Er, der den
       heutigen postsowjetischen Raum aus eigener Anschauung so gut wie
       hierzulande kein Zweiter kennt, fand übrigens nichts dabei zu konstatieren,
       [2][in Bezug auf die Ukraine selbst lange einen blinden Fleck] gehabt zu
       haben. Mea culpa im besten Sinne! Derlei schonungslose Selbsterkenntnis
       wäre auch so manchen westlichen politischen Entscheidungsträger*innen
       zu wünschen.
       
       Sollten sie sich überhaupt jemals in Schlögels Werke vertieft haben, so
       haben sie diese entweder nicht ernstgenommen oder beschlossen, die Befunde
       des Wissenschaftlers schlichtweg zu ignorieren. Seit Langem schon warnt
       Schlögel vor einer aggressiven Expansionspolitik von Russlands Präsident
       Wladimir Putin. Erinnert sei an den russisch-georgischen Krieg um die
       Region Südossetien im August 2008.
       
       Spätestens 2014, dem Jahr der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und
       dem offenen Ausbruch der fälschlicherweise als Bürgerkrieg bezeichneten
       Feindseligkeiten im Donbass, hätte man wissen können, wohin die Reise in
       der Ukraine geht. Doch da glaubten immer noch einige Politiker*innen
       fest daran, mit den Minsker Abkommen den Konflikt einhegen und befrieden zu
       können.
       
       Das sind übrigens teilweise dieselben Leute, die heutzutage unverdrossen
       Friedensverhandlungen mit Moskau das Wort reden und alle Waffenlieferungen
       an Kyjiw, [3][anders als Schlögel es fordert,] schon gestern eingestellt
       hätten. Dabei kann es an den Kriegszielen Moskaus wahrlich keine Zweifel
       mehr geben. So wie es aussieht, wird Schlögel auch weiter seine warnende
       und mahnende Stimme erheben – gut so. Nur müssten wir dann auch hinhören,
       es lohnt sich. Und zu spät ist es dafür nie.
       
       29 Jul 2025
       
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