# taz.de -- NATO-Gipfel und Sicherheit: Großbritannien macht sich kriegstüchtig
       
       > Die britische Labour-Regierung kündigt eine neue Sicherheitsstrategie an.
       > Sie will künftig „härter und schärfer“ auftreten.
       
 (IMG) Bild: Hat gerade ein neues Sicherheitskonzept für Großbritannien verkündet: britischer Premier Keir Starmer
       
       Berlin taz | Großbritannien muss sich auf Krieg vorbereiten – das ist die
       zentrale neue Aussage der neuen [1][„Nationalen Sicherheitsstrategie“], die
       die britische Labour-Regierung pünktlich zum Auftakt des Nato-Gipfels am
       Dienstagabend veröffentlicht hat. „Zum ersten Mal seit vielen Jahren müssen
       wir uns aktiv auf die Möglichkeit vorbereiten, dass das britische
       Territorium direkt bedroht wird, potenziell in einem Kriegsszenario“, heißt
       es. „Krieg zwischen Großmächten, eine internationale Sicherheitskrise oder
       eine Lage mit multiplen Unwägbarkeiten in mehreren Regionen ist eine
       tatsächliche Möglichkeit.“
       
       Die neue Sicherheitsstrategie tritt an die Stelle der letzten aus dem Jahr
       2015, die danach mehrmals überarbeitet wurde, [2][zuletzt im Jahr 2023]
       unter dem letzten konservativen Premierminister Rishi Sunak. Damals war
       Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine eingearbeitet und die Erwartung
       einer weiteren Verschlechterung der internationalen Sicherheitslage
       analysiert worden. „Das Risiko der Eskalation ist größer als seit
       Jahrzehnten“, [3][hatte es 2023 geheißen].
       
       ## Russland als größte unmittelbare Bedrohung
       
       Heute lautet das Risiko nicht „Eskalation“, sondern „Krieg“. Die Regeln der
       Weltordnung erodieren, die Fundamente der Stabilität sind bedroht, heißt
       es. Schon in den Vorarbeiten zu der Sicherheitsstrategie waren sich
       Experten einig gewesen, dass Russland die größte unmittelbare Bedrohung für
       Großbritannien darstellt.
       
       Im Dokument wird jetzt auch die zunehmende Zusammenarbeit feindlicher
       Staaten hervorgehoben: „Autoritäre Staaten errichten mehrjährige Pläne, um
       liberale Demokratien in allen Gebieten zu übertreffen, von militärischer
       Modernisierung bis zur Entwicklung von Wissenschaft und Technologie, von
       ihren Wirtschaftsmodellen bis zum Informationsraum“. Angesichts dessen
       müsse Großbritannien einerseits „starke Bündnisse“ pflegen – einschließlich
       der EU – und andererseits seine nationalen Interessen besser wahren und
       verteidigen. „Härter und schärfer“ müsse die britische Sicherheitspolitik
       werden.
       
       ## Rüstungsinvestitionen als gesellschaftlicher Vorteil
       
       Labour grenzt sich von den Konservativen ab, indem äußere und innere
       Sicherheit als Einheit gesehen werden: Investitionen in Sicherheit und
       Rüstung sollen auch ganz bewusst ökonomische und gesellschaftliche Vorteile
       bringen. Eine Stärkung der nationalen Rüstungsindustrie war bereits ein
       Kern des Anfang Juni veröffentlichten [4][„Strategic Defence Review“], das
       die Ausgabenpläne im Militärbereich für die nächsten Jahre vorstellte.
       
       Die Sicherheitsstrategie geht jetzt noch weiter: „Wir müssen jedes Element
       der Gesellschaft zugunsten einer kollektiven nationalen Anstrengung
       mobilisieren.“
       
       ## 5 Prozent des BIP für Sicherheit – bis 2035
       
       Der größte Schwachpunkt der aktuellen britischen Sicherheitsdebatten bleibt
       aber auch jetzt ungeklärt: Wo kommt das Geld her? Das neue Dokument nennt
       zwar die „historische Verpflichtung“ einer Erhöhung der
       sicherheitsrelevanten Staatsausgaben auf 5 Prozent des BIP bis zum Jahr
       2035, 3,5 Prozent davon Militärausgaben, entsprechend der neuen
       Nato-Beschlusslage.
       
       Die geltende Haushaltsplanung der Labour-Regierung sieht lediglich vor, bis
       zum Jahr 2027 auf 2,6 Prozent zu kommen. Sollte sich weder daran noch an
       der Weltlage etwas ändern, müsste eine spätestens 2029 wiederzuwählende
       Labour-Regierung in ihrer zweiten Amtszeit die Militärausgaben viel stärker
       erhöhen als bisher.
       
       Schon die bisher eingepreisten mageren Steigerungen gehen an die
       Schmerzgrenze der Labour-Partei, da sie mit Kürzungen bei Sozialausgaben
       einhergehen. Einige davon musste Finanzministerin Rachel Reeves bereits vor
       zwei Wochen [5][zurücknehmen]. Andere sollen nach wie vor am Dienstag
       nächster Woche zur Abstimmung im Parlament kommen, trotz einer drohenden
       massiven Revolte in der Labour-Fraktion. Vizepremierministerin Angela
       Rayner bekräftigte am Mittwoch im Unterhaus, die Abstimmung werde
       stattfinden.
       
       Sollten kommenden Dienstag die derzeit 126 Dissidenten in der 403
       Abgeordnete starken Labour-Fraktion hart bleiben, könnte Premierminister
       Keir Starmer trotz seiner riesigen Mehrheit im 650 Abgeordnete zählenden
       Unterhaus auf die Stimmen der konservativen Opposition angewiesen sein. Es
       gilt als möglich, dass er die Abstimmung zur Vertrauensfrage erklärt, um
       diese Blamage zu vermeiden.
       
       26 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.gov.uk/government/publications/national-security-strategy-2025-security-for-the-british-people-in-a-dangerous-world
 (DIR) [2] https://www.gov.uk/government/publications/integrated-review-refresh-2023-responding-to-a-more-contested-and-volatile-world/integrated-review-refresh-2023-responding-to-a-more-contested-and-volatile-world
 (DIR) [3] /Neue-Sicherheitsstrategie/!5919233
 (DIR) [4] https://www.gov.uk/government/publications/the-strategic-defence-review-2025-making-britain-safer-secure-at-home-strong-abroad
 (DIR) [5] /Regierungsvorhaben-in-Grossbritannien/!6090263
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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