# taz.de -- Bildungspolitik in Berlin: Nur noch Deutsch, Englisch, Mathe
       
       > Initiativen werfen dem Senat vor, mit seiner Kürzungspolitik
       > ganzheitliche Bildung zu gefährden. Sie kündigen Proteste noch vor den
       > Sommerferien an.
       
 (IMG) Bild: Unter dem Motto „unkürzbar“ protestieren Einrichtungen und Initiativen seit Monaten gegen die Haushaltspolitik des Senats
       
       BERLIN taz | Berlin ist ein immer härteres Pflaster für Kinder und
       Jugendliche – so sieht es der Dachverband Landesjugendring. „Wir können
       weniger Fahrten mit den Pfadfindern anbieten, wir werden auf einen Teil der
       Gedenkstättenbesuche verzichten und unsere politische Bildung sowie andere
       außerschulische Bildungsprojekte zurückfahren müssen“, so ein Vertreter am
       Dienstagabend bei einem Fachgespräch zu den aktuellen Kürzungen im
       Bildungsbereich.
       
       Das Gesamtbild wird damit aus seiner Sicht immer dramatischer: „Kinder
       wachsen unter schlechteren Bedingungen auf. Sie sind ja nicht nur [1][von
       Kürzungen in Bildungsprojekten] betroffen, sondern auch von denen in
       anderen Bereichen: etwa, dass der Senat weniger Radwege fertigstellt und
       bei Schulgebäuden Abstriche macht.“ Das sei „einer Stadt wie Berlin nicht
       würdig“.
       
       Der Landesjugendring ist ein weiteres Beispiel dafür, wie stark die
       Einsparungen der aktuellen Haushaltsplanung die Bildungs- und
       Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen einschränken. Dabei
       treffen die [2][Kürzungen oft diejenigen besonders, die ohnehin schon
       belastet] sind durch Armut, Flucht, Probleme in der Familie oder prekäre
       Wohnlagen.
       
       Die Linke hat Initiativen und Bildungsträger zu dem Gespräch ins
       Abgeordnetenhaus eingeladen, um sich mit Politiker*innen über den
       „Schwarz-Roten Kahlschlag bei Bildung, Jugend und Familie“ auszutauschen
       und „Alternativen zum Kürzungschaos“ vorzustellen. Der Gesprächsbedarf ist
       offensichtlich groß: Rund 85 Mitarbeiter*innen von Schulen, Kitas und
       Bildungsinitiativen sind gekommen – eine vergleichsweise große Runde für
       ein Fachgespräch.
       
       ## Praxislernen fällt weg
       
       Und diejenigen, die sich zu Wort melden, tun das, [3][um ihrem Frust Luft
       zu machen]. Der Schulleiter einer Integrierten Sekundarschule in Neukölln
       berichtet, dass [4][bei ihnen Plätze für das Praxislernen an der Werkschule
       Löwenherz] wegfallen. Das Praxislernen ist ein Konzept, bei dem
       Schüler*innen, denen der klassische Unterricht schwerfällt, sich
       handwerklich ausprobieren können.
       
       „Darüber haben sich jedes Jahr 10 bis 15 Schüler eine berufliche
       Perspektive erarbeitet – wenn dieses Programm nun wegfällt, stehen solche
       Schülerinnen und Schüler am Ende ohne Schulabschluss und Ausbildungsidee
       da“, sagt der Schulleiter. Er nutzt seine Redezeit, um auch seinen Ärger
       loszuwerden. „Was richten wir da an? Das ist Raubbau an den Kindern und
       Jugendlichen, und volkswirtschaftlich ein Desaster.“
       
       Mehrere Redner*innen weisen darauf hin, dass die Schulstationen bedroht
       sind – möglicherweise berlinweit. In diesen Stationen, die an Schulen
       angedockt sind, arbeiten Sozialarbeiter*innen. Sie unterstützen
       Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern bei Fragen, Konflikten und
       Problemen rund um die Schule, und zwar im Rahmen der Jugendhilfe
       
       Mitte hat bereits angekündigt, seine letzten 5 Stationen zu schließen.
       Andere Bezirke zögen nach – oder müssten das angesichts des Spardrucks,
       befürchten mehrere Anwesende. Eine Kürzung, die der Senat nicht auf seine
       Kappe nehmen müsste – die er aber letztlich ausgelöst habe, heißt es. Schon
       jetzt ist absehbar, dass der Senat den Spardruck auch für kommende Jahre
       aufrechterhält.
       
       ## Belastete Bezirke
       
       Wie sehr die Kürzungen die Bezirke belasten, schildert Neuköllns
       Jugendstadträtin Sarah Nagel (Linke). „Bei uns fehlen 20 Millionen pro
       Jahr“, sagt sie. Auch das werde viele Kinder treffen, die in Armut
       aufwachsen. Der Bezirk hat bereits Eckwerte für den Doppelhaushalt 2026/27
       aufgestellt – und in einer Mitteilung [5][„schmerzhafte Einschnitte“]
       angekündigt. „Schulen sind die Orte, wo Chancengerechtigkeit umgesetzt
       werden kann“, schreibt Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) darin.
       
       Neukölln habe hier eigene Schwerpunkte gesetzt – doch die seien in Zukunft
       nicht mehr möglich. Angebote der Kinder- und Jugendarbeit, Spiel- und
       Sportangebote oder die Pflege von Grünanlagen drohen wegzufallen. „Die
       Finanzierung der Bezirke muss dringend auf neue Füße gestellt werden“,
       fordert Hikel daher.
       
       „Was passiert wo, und was verschlechtert sich? Wir kommen kaum hinterher“,
       sagt Klaudia Kachelrieß von der Gewerkschaft für Erziehung und Bildung
       (GEW). Zu den Kürzungen kämen noch die Änderungen im Schulgesetz. „Wir
       hatten lange [6][den Ansatz einer ganzheitlichen Bildung. Den fährt der
       Senat gerade massiv] zurück“, so Kachelrieß. „Es bleibt nur noch Deutsch,
       Englisch, Mathe. Das ist ein bildungspolitischer Rollback“, kritisiert sie.
       
       Kachelrieß wie auch die Gastgeberin und bildungspolitische Sprecherin der
       Linken-Fraktion, Franziska Brychcy, rufen zu Protesten auf. Noch vor den
       Sommerferien wollen sie ihre Kritik vor das Abgeordnetenhaus tragen. „Es
       geht jetzt um den Kern“, sagt Brychcy.
       
       19 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Naechste-Kuerzungsrunde-in-Berlin/!6071170
 (DIR) [2] /Kuerzungen-im-Jugend--und-Sozialbereich/!6050124
 (DIR) [3] /Demonstration-gegen-die-Kuerzungspolitik/!6070972
 (DIR) [4] /Schwarz-roter-Sparhaushalt/!6084424
 (DIR) [5] https://www.berlin.de/ba-neukoelln/aktuelles/pressemitteilungen/2025/pressemitteilung.1570682.php
 (DIR) [6] /Bildungspolitik-in-Berlin/!6068652
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uta Schleiermacher
       
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