# taz.de -- Falschmeldungen nach Amoklauf in Graz: (Un-)Journalistische Reflexe bei Gewalttaten
       
       > Nach den Schüssen in Graz verbreiten sich Falschmeldungen auf sozialen
       > Medien. Aber auch etablierte Medien reagieren oft falsch bei Amok und
       > Terror.
       
 (IMG) Bild: Remedierung der Fakten und der Wirklichkeit, bei Attentaten manchmal zweierlei
       
       Am Dienstag, den 10. Juni, hat ein 21-Jähriger an einer Grazer Schule bei
       einem Amoklauf mit einer Schrotflinte neun Jugendliche und eine Lehrerin
       erschossen. Wie häufig bei einem solchen tragischen Ereignis, bricht kurz
       danach eine Debatte darüber aus, wie man überhaupt ethisch über
       Terroranschläge und Amokläufe berichten kann.
       
       Weil die Lage oft sehr unüberschaubar ist, steigt auch die Rate an
       kursierenden Fehlinformationen an. Im aktuellen Fall wurde etwa ein Bild
       des US-Amerikaners Sam Hyde geteilt, der angeblich der ehemalige Schüler
       Samuel Haider gewesen sein soll – und die Tat begangen habe.
       
       Sam Hyde gibt es wirklich, aber er hat nichts mit der Tat zu tun. Dass aber
       sein Bild mit einer Waffe in der Hand gezeigt wurde, ist kein Zufall: Hyde
       wurde seit 2015 immer wieder Opfer von Falschmeldungen im Internet, die ihm
       andichteten, Täter von mehreren Terroranschlägen gewesen zu sein. So etwa
       am Umpqua Community College. Nach dem dortigen Amoklauf teilten sogar BBC
       und CNN fälschlicherweise ein Bild von Hyde als angeblichen Täter. Unter
       anderem wurde er auch als Täter bei den Anschlägen in Paris 2015 und
       München 2016 genannt. Er hatte mit keinem der Anschläge etwas zu tun.
       
       ## Bedroht und beleidigt nach Falschmeldung
       
       Nach der Tat in Graz wurde über den Täter bekannt, dass er Artur A. heißt.
       Auch das führte zu weiteren Falschmeldungen. Ein Mann aus der
       Südweststeiermark wurde fälschlicherweise mit der Tat in Verbindung
       gebracht, weil er denselben Vornamen und Anfangsbuchstaben des Nachnamens
       hat. Er wurde „bedroht und beleidigt“, schreibt die Internetplattform
       Mimikama in ihrer Faktencheck-Sektion. Der Täter Artur A. hatte nach der
       Tat jedoch Selbstmord begangen.
       
       Neben dem falschen Täter wurden beim Amoklauf in Graz auch falsche Videos
       in den sozialen Medien von dem angeblichen Tatort geteilt. Ein häufig
       geteiltes Video zeigt nicht den Tatort, sondern einen Skatepark im Wiener
       Stadtteil Floridsdorf am 21. Mai 2025. Die Schüsse, die im Video zu hören
       sind, kommen außerdem von einer Schreckschusswaffe. Der falsche Ort und
       Kontext ist eine klassische Falschmeldung.
       
       ## Wie umgehen mit Gewalt?
       
       Abgesehen von den zahlreichen Fakenews, steht die generelle Frage im Raum,
       wie Medien Amokläufe zeigen dürfen und sollten. Im Grazer Fall sollen die
       privaten Sender Krone.at und oe24.at ein Video, das offensichtlich von
       einer Schülerin bei der Tat gefilmt wurde, gezeigt haben.
       
       Die österreichische Zeitung Der Standard schreibt, ihm liege ein Screenshot
       der oe24.at-Website vor, auf dem unter dem Titel „Video! Unvorstellbar: So
       verlief die Evakuierung der Grazer Schüler“ ein X-Post des rechten Senders
       Auf1 mit einem Handyvideo der Tat zu sehen gewesen sei. Auch die
       Kronenzeitung zeigt unter der Überschrift „Horror-Szenen: Video zeigt, wie
       Jugendliche um ihr Leben rennen“ ebenfalls ein Video auf der Seite. Und
       bild.de bettete zunächst ein Video von Auf1 zum Attentat auf ihrer Seite
       ein, löschte es aber später wieder, schreibt der Standard.
       
       Die Medienethikerin Claudia Paganini kritisierte im Standard, dass die
       Sender das Video gezeigt hatten. Es instrumentalisiere die Ängste der
       Kinder für Klicks, daher sei es „völlig inakzeptabel“. Boris Rosenkranz
       schreibt auf der Plattform Übermedien, dass die Eile, schnell etwas zu
       spekulieren und zu zeigen, etwa bei Amokläufen, quasi normal sei. Das sei
       ärgerlich und zudem unjournalistisch.
       
       13 Jun 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ann-Kathrin Leclere
       
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