# taz.de -- Expertenbericht zu Klimazielen: So wie Schwarz-Rot es plant, wird es nichts
       
       > Deutschland schafft sein Klimaziel für das aktuelle Jahrzehnt, reißt aber
       > alle anderen, sagt der Expertenrat Klima. Der Koalitionsvertrag hilft
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Wann regnet es? Ein Landwirt hält trockene Erde in den Händen
       
       Berlin taz | Um die deutschen Klimaziele zu erreichen, geht vom
       Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung „kein nennenswerter
       positiver Impuls“ aus. Das urteilt der Expertenrat Klima, der im Auftrag
       der Bundesregierung regelmäßig den Fortschritt im Klimaschutz untersucht.
       
       Zwar bestätigt der Expertenrat, dass Deutschland voraussichtlich sein
       Klimaziel für die Jahre 2021 bis 2030 einhalten wird. Das sei aber „keine
       Entwarnung“, sagte Expertenratsmitglied Brigitte Knopf, „weil alle anderen
       Ziele nicht eingehalten werden“.
       
       Das Gremium prognostiziert in seinem am Donnerstag vorgestellten Bericht,
       dass Deutschland weder seine europäischen Verpflichtungen zum Klima
       erfüllen wird noch das Ziel, bis 2040 die Emissionen im Vergleich zu 1990
       um 88 Prozent zu reduzieren.
       
       Für das ganze Jahrzehnt 2031 bis 2040 geht der Expertenrat von einer
       Überschreitung des CO2-Budgets um 20 Prozent – 554 Millionen Tonnen CO2 –
       aus.
       
       Auch das Ziel, 2045 klimaneutral zu sein, ist dem Expertenrat zufolge mit
       einem „Weiter so“ in der Klimapolitik nicht zu erreichen. „Wenn wir heute
       nicht mehr tun und mehr investieren, werden wir 2045 nicht klimaneutral
       sein“, sagte Knopf.
       
       ## Maue Wirtschaft und Erneuerbare haben Puffer geschaffen
       
       Das Emissionsziel für das laufende Jahrzehnt hält Deutschland
       voraussichtlich ein, weil von 2021 bis 2024 ein Puffer von 113 Millionen
       Tonnen CO₂ aufgebaut wurde. Dem Expertenrat zufolge liegt das unter anderem
       an der schwachen Wirtschaftsleistung, deretwegen die Industrie weniger CO₂
       ausgestoßen und der Lkw-Verkehr abgenommen hat. Einen wichtigen Beitrag
       leisteten auch der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien und der
       Kohleausstieg.
       
       „Die gute Nachricht ist, dass dank des starken Erneuerbaren-Ausbaus das
       Klimaziel 2030 weiter in Reichweite ist“, sagt Julia Verlinden,
       stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag. „Es kommt
       jetzt auf die politischen Entscheidungen in diesem und den nächsten drei
       Jahren an: Um die Ziele für 2030, 2040 und 2045 zu erreichen, darf sich die
       neue Regierung nicht auf den grünen Lorbeeren ausruhen.“
       
       Im Koalitionsvertrag, sagt Expertin Knopf, blieben viele Maßnahmen vage.
       Die angekündigten Kaufanreize für E-Auto-Förderung könnten zum Beispiel
       wenig zum Klimaschutz beitragen, wenn auch Plug-in-Hybride und nicht nur
       reine Batterie-Autos gefördert würden.
       
       Auch die Effekte der „Abschaffung des Heizungsgesetzes“, die im
       Koalitionsvertrag angekündigt wurde, seien unklar. In seiner derzeitigen
       Fassung führe es zu „merklichen Emissionsminderungen“, sagte der
       Expertenrat-Vorsitzende Hans-Martin Henning.
       
       Brigitte Knopf warnt davor, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, mit
       außereuropäischen Klimaschutzprojekten die deutsche CO₂-Bilanz aufbessern
       zu wollen. „Oft fehlt die Qualität der CO₂-Zertifikate, und die
       Klimawirkung wird überschätzt.“
       
       ## Auswirkungen des Sondervermögens unklar
       
       Wie sich die Investitionen aus dem Sondervermögen auf den Klimaschutz
       auswirken werden, konnte der Expertenrat ebenfalls noch nicht einschätzen.
       „Es kommt darauf an, in welchen Bereichen Wirtschaftswachstum entsteht“,
       sagt Ratsmitglied Barbara Schlomann. Die resultierenden Emissionen, so
       Brigitte Knopf, seien zum Beispiel höher oder niedriger, „je nachdem, ob
       vor allem in Straße oder Schiene investiert wird“.
       
       Der Verkehrssektor ist zusammen mit dem Gebäudesektor der Bremsklotz. Beide
       emittieren mehr CO₂ als gesetzlich vorgesehen, rissen 2024 die Vorgaben
       sogar noch deutlicher als 2023. Hier erwartet der Expertenrat „besonders
       Aufmerksamkeit“ der neuen Bundesregierung.
       
       Klimaschutzminister Carsten Schneider (SPD) kündigte in seiner
       Regierungserklärung am Donnerstag an, „das in Ordnung bringen“ zu wollen.
       Konzentrieren werde er sich darauf, Umwelt-, Klima- und Naturschutz „wieder
       ins Zentrum des gesellschaftlichen Interesses zu rücken“. Klima- und
       Umweltschutz müsse sozial gerecht organisiert werden.
       
       Darin ist er sich einig mit dem Expertenrat, der in seinem Bericht darauf
       hinweist, dass „nahezu alle klimaschutzpolitischen Maßnahmen Auswirkungen
       auf Verteilungsfragen haben“.
       
       ## Zustand der Wälder katastrophal für Klimaschutz
       
       Schneider versprach außerdem, das von der Vorgängerregierung aufgelegte
       Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz fortzusetzen. Damit sollen Moore
       wiedervernässt, Städte begrünt und Wälder und Wiesen wieder in die Lage
       versetzt werden, CO2 aufzunehmen.
       
       Aktuell, warnt der Expertenrat Klima, sind Wälder, Moore, Wiesen und Co
       insgesamt eine CO2-Quelle und werden 2030 netto 63 Millionen Tonnen CO2
       ausstoßen, obwohl sie laut Klimaschutzgesetz 35 Millionen Tonnen CO2 binden
       sollen.
       
       „In den letzten Jahren kam es zu vielen Schadensereignissen im Wald wegen
       der Dürre und des Borkenkäfers“, erklärt Expertenratsmitglied Marc Oliver
       Bettzüge.
       
       Beim Vermodern toter Bäume entweicht wie bei der Trockenlegung von Mooren
       CO2. In Deutschland entweicht so derzeit mehr CO2 in die Atmosphäre als
       Pflanzen binden.
       
       Wie jede neue Bundesregierung muss auch Schwarz-Rot laut Klimaschutzgesetz
       innerhalb des ersten Jahres der Legislatur ihr Klimaschutzprogramm
       vorstellen.
       
       Darin muss sie erklären, wie sie die Klimaziele für das kommende Jahrzehnt
       und für 2040 einhalten will und dabei auch auf die desaströse Klimabilanz
       von Wäldern, Mooren, Wiesen und Co eingehen.
       
       16 May 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Waack
       
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