# taz.de -- Initiative von Rot-Rot-Grün-Abgeordneten: Stopp für Waffenlieferungen nach Israel
       
       > Drei Abgeordnete fordern den Stopp deutscher Rüstungsexporte nach Israel
       > und eine Anerkennung Palästinas als Staat. Es droht ein Koalitionsstreit.
       
 (IMG) Bild: Keine Waffenexporte nach Israel, sagt Isabel Cademartori von der SPD
       
       Berlin taz | Der Aufruf ist in doppelter Hinsicht ein Novum: Drei
       Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken fordern in einem offenen Brief einen
       Stopp deutscher Waffenlieferungen nach Israel und eine Anerkennung
       Palästinas als Staat. Bei der Initiative handelt es sich um die erste
       rot-rot-grüne Initiative auf Bundesebene seit Langem und um einen
       Zusammenschluss bei Fragen, die selbst innerhalb der Parteien kontrovers
       diskutiert werden. „Die Lage vor Ort ist so zugespitzt, dass wir etwas tun
       wollen“, sagt eine der Initator*innen, die SPD-Abgeordnete Isabel
       Cademartori aus Mannheim.
       
       Gemeinsam mit dem Grünen-Politiker Kassem Taher Saleh und der
       Linken-Abgeordneten Nicole Gohlke [1][fordert sie ein „sofortiges Ende der
       militärischen und politischen Unterstützung für Benjamin Netanjahus
       Regierung“,] um den Druck auf Israel für das neue Zustandekommen eines
       Waffenstillstands zu erhöhen. In dem offenen Brief heißt es, Deutschland
       und die Europäische Union sollten nicht nur Appelle an die israelische
       Regierung veröffentlichen, sondern „ihre Verpflichtung gegenüber dem
       Völkerrecht mit Taten untermauern“.
       
       Besonders SPD-Politikerin Cademartori wagt sich mit dem Aufruf aus der
       Deckung. In der Ampel-Regierung hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stets
       betont, dass Deutschland Waffen an Israel liefere und dies auch weiter tun
       werde. [2][Zuletzt hatte der dafür zuständige Bundessicherheitsrat im
       Januar auch etwa die Exporte von Komponenten für militärische Ketten- und
       Radfahrzeuge nach Israel erlaubt.]
       
       Mit ihrem künftigen Koalitionspartner könnte die SPD mit weitergehenden
       Forderungen konfrontiert werden. So hatte der designierte Außenminister Jo
       Wadephul (CDU) der Ampel-Regierung vorgeworfen, mit einer Blockade von
       Waffenlieferungen nach Israel „gegen die Staatsräson zu verstoßen“.
       Unionsabgeordnete vertreten zudem die Position, Israel bei Waffenexporten
       mit einem Nato-Partner gleichzustellen und so die Lieferungen deutlich zu
       vereinfachen.
       
       ## Koalitionsstreit droht
       
       „Wir sind mit einem Koalitionspartner konfrontiert, der noch vehementer für
       eine politische und militärische Unterstützung Israels wirbt, als Olaf
       Scholz das unkritisch getan hat“, sagt die SPD-Politikerin Cademartori. Sie
       hoffe deshalb, dass auch die SPD-Fraktion Abgeordnete künftig deutlicher in
       der Frage Stellung beziehe. „Es gibt da einige, die meine Haltung teilen.“
       
       Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hat Israel
       in dem darauffolgenden Krieg mehr als 50.000 Menschen im Gazastreifen
       getötet. Vor zwei Monaten hatte die Regierung von Netanjahu zudem die zwei
       Millionen Einwohner*innen im Kriegsgebiet von allen Hilfslieferungen
       abgeschnitten. Das Welternährungsprogramm verbraucht dieser Tage nach
       eigenen Angaben seine letzten Vorräte im Gazastreifen.
       
       „Es ist keine theoretische Frage mehr, ob Israel Völkerrecht verletzt“,
       sagt Cademartori. „Das Verweigern von humanitärer Hilfe, um militärische
       Ziele zu erreichen, ist klar völkerrechtswidrig.“
       
       Für Nicole Gohlke von der Linkspartei geht es mit der Initiative darum, ein
       Netzwerk zu schaffen, um die Diskussionen im Bundestag weiterzutreiben.
       „Leider gibt es bislang wenige Politiker, die sich dazu äußern“, sagt sie.
       Es gehe darum, das Thema fraktionsübergreifend voranzubringen. Auch vor dem
       Hintergrund von Donald Trumps Unterstützung für das militärische Vorgehen
       Israels in Gaza hofft sie auf die SPD und darauf, dass sie der Union etwas
       entgegensetzen werde.
       
       ## Hoffen auf Frankreich
       
       In dem offenen Brief fordern die Abgeordneten neben dem Stopp der
       Waffenlieferungen nach Israel und einer aktiveren Vermittlerrolle
       Deutschlands bei Waffenstillstandsverhandlungen die Anerkennung Palästinas
       als eigenständigem Staat, „in Abstimmung mit Frankreich“. Der französische
       Präsident Emmanuel Macron lädt gemeinsam mit Saudi-Arabien im Juni zu einer
       Konferenz zur Zweistaatenlösung nach New York und hatte angekündigt, Paris
       werde Palästina als Staat anerkennen. Bereits vergangenes Jahr hatten
       Spanien, Irland und Norwegen einen solchen Schritt unternommen.
       
       „Wir haben das parteiintern noch nicht diskutiert, ich würde aber davon
       ausgehen, dass das bei uns nicht so kontrovers ist“, sagt
       Linken-Politikerin Gohlke. Grünen-Politiker Taher Saleh hatte sich bereits
       im vergangenen Sommer für die Anerkennung Palästinas als Staat
       ausgesprochen. Auch SPD-Abgeordnete Cademartori findet, dass sich die
       kommende Bundesregierung der französischen Initiative anschließen solle.
       „Ich finde, dass wir das unterstützen sollten, um die
       Palästinenser*innen wirksamer gegen israelische Landnahme zu
       unterstützen.“
       
       Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD ist von einem solchen Schritt
       dagegen weit entfernt. Doch an einem anderen Prinzip möchte die
       Bundesregierung zumindest dem Namen nach weiter festhalten: Entgegen eines
       ersten Entwurfs mit Handschrift der Union ist im Koalitionsvertrag
       weiterhin von der Zweistaatenlösung die Rede, die als „tragfähige
       Perspektive für ein friedliches Zusammenleben von Israelis und
       Palästinensern“ bezeichnet wird.
       
       29 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://etosmedia.de/politik/waffenstillstand-statt-waffenlieferungen-glaubwuerdig-fuer-menschenrechte-und-voelkerrecht-eintreten/
 (DIR) [2] /Waffenexporte-nach-Israel/!6069183
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Cem-Odos Güler
       
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