# taz.de -- Quartiersmanagerin über 1. Mai: „Eine klare Win-win-Situation“
       
       > Die hedonistische MyGruni-Demo im Villenkiez Grunewald setzt in diesem
       > Jahr auf eine neue Strategie: Superreiche sollen ins All geschossen
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Vielleicht finden sich im Villenviertel ja Freiwillige für den One-Way-Trip zum Mars
       
       taz: Frau Frauke Geldher, der Weltraum mit seinen unendlichen Weiten war
       früher ein Sehnsuchtsort für Zukunftsutopien, heute ist er eine Spielwiese
       für den Größenwahn einiger Superreicher. Was will die Grunewald Space
       Agency dem entgegensetzen? 
       
       Frauke Geldher: Das Weltall ist immer noch ein Sehnsuchtsort – nur sind die
       Sehnsüchte sehr unterschiedlich. Gerade sehen wir, wie reiche Oligarchen
       den Planeten mit seinen Bewohner:innen kaputt machen, wie sie in ihren
       Zielen total abgehoben sind. Sie wollen kein funktionierendes
       Gesundheitssystem mehr, sondern individuelle Unsterblichkeit, keinen
       Wohnraum für alle, sondern Luxusbunker. Und da sagen wir: Dann lasst uns
       doch trennen. Ihr bekommt das [1][unsterbliche, künstliche Leben auf dem
       Mars], wir die Ressourcen, unsere terrestrischen Probleme zu lösen – eine
       klare Win-win-Situation.
       
       taz: Wird es für die Superreichen die Möglichkeit geben, zur Erde
       zurückzukommen? 
       
       Geldher: Wir bieten One-Way-Tickets an. Wir gehen davon aus, dass sie sich
       da oben sehr wohlfühlen werden. An mehr haben wir ehrlicherweise auch nicht
       gedacht. Aber das sind ja alles innovative Köpfe, wir sind sicher, die
       werden sich was einfallen lassen, falls sie zurückwollen.
       
       taz: Dürfen auch Politiker:innen auf den Mars umsiedeln? 
       
       Geldher: Also zunächst wollen wir Milliardär:innen den Weg ebnen. Aber
       wir alle wissen: Ökonomische Macht geht mit politischem Einfluss einher.
       Wir gehen davon aus, dass es da einen Pullfaktor geben wird – und manche
       Politiker:innen mitfliegen. Wir sagen: Musk, Milei und Merz first!
       
       taz: Ihr Raumschiff ist das „Antinationale Space Shuttle MyAss“. Klingt,
       als haben Sie es nicht so mit Grenzen. Ist Superreiche ins All zu schießen
       aber nicht auch eine Form der Abschiebung? 
       
       Geldher: Nein, das basiert ja alles auf Freiwilligkeit. Wir sehen klare
       Anzeichen, dass die Superreichen dieser Menschheit und ihrer Probleme
       überdrüssig sind. Also gehen wir davon aus, dass sie dieses Angebot mit
       Freuden annehmen werden.
       
       [2][Die Demo MyGruni betreut den Problemkiez Grunewald nun schon seit
       2018]. Jedes Jahr am 1. Mai machen Sie auf die vielen Missstände vor Ort
       aufmerksam, zum Beispiel auf die verbreitete Steuerkriminalität. Ist Ihr
       neuer Ansatz nicht auch eine Form der Resignation? Man schießt die Reichen
       ins All – statt langfristig Sozialarbeit zu leisten? 
       
       Geldher: Ja, das ist natürlich auch eine Reaktion auf die Sparpolitik in
       Berlin und überall. Wer hat schon noch Geld für langjährige Sozialarbeit?
       Wir haben einfach nicht mehr die Mittel, die Reichen zu betreuen, deshalb
       jetzt dieses Angebot.
       
       taz: Wir interessieren uns natürlich auch für die Umweltfolgen Ihres
       Vorhabens. Ist denn damit zu rechnen, dass die Villengegend im Grunewald
       Schaden nimmt? 
       
       Geldher: Es wird zu keinen Umweltschäden kommen. Unsere Autonomen Space
       Worker sind seit Jahren in der Gegend aktiv, uns liegt das dortige
       Ökosystem aus Zuchtorchideen und Rassehunden am Herzen. Unser Space Shuttle
       ist natürlich nicht emissionsfrei – aber da extremer Reichtum die größte
       Klimasauerei überhaupt ist, sind wir zuversichtlich, dass die CO₂-Bilanz
       unseres Vorhabens schon jetzt positiv ist.
       
       taz: Was planen Sie am 1. Mai konkret? 
       
       Geldher: Das Areal rund um den ehemaligen Johannaplatz wird ab 13 Uhr zum
       Cape Gruneval umgestaltet. Um diesen zentralen Raumfahrtcampus gibt es fünf
       verschiedene Kundgebungen, die durch eine Orbiterdemo ab 12 Uhr beständig
       verknüpft werden, sodass wir diesen gesamten Bereich als autonome Space
       Force fluten können. Auf [3][jeder dieser Kundgebungen] können sich
       Interessierte über verschiedene Aspekte des „MilliardeXit“, wie wir unser
       Raumfahrtprogramm nennen, informieren.
       
       29 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Der-Irrsinn-der-Tech-Oligarchen/!6075030
 (DIR) [2] /Satirische-Demo-am-1-Mai-in-Berlin/!592770
 (DIR) [3] https://mygruni.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Timm Kühn
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
 (DIR) Grunewald
 (DIR) Oligarchen
 (DIR) Elon Musk
 (DIR) Antikapitalismus
 (DIR) Umverteilung
 (DIR) Tag der Arbeit / 1. Mai
 (DIR) Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
 (DIR) taz Plan
 (DIR) Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
 (DIR) Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
 (DIR) Wannsee
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Berlin-Grunewald: Raketenstimmung in „Cape Gruneval“
       
       Der Protest am 1. Mai im Berliner Grunewald-Viertel stand unter dem Motto
       „Milliardäre zum Mars“. 1800 Menschen kamen laut Polizei – teils als
       Aliens.
       
 (DIR) 1. Mai in Berlin: Kampftag zwischen Sternis und Raketen
       
       Am Tag der Arbeit gleicht Berlin einem politischen Volksfest. Die taz
       rekonstruiert das Geschehen bis zur revolutionären Abenddemo.
       
 (DIR) Demos am 1. Mai in Berlin: Auf die Straße nicht trotz, sondern wegen allem
       
       Vieles am 1. Mai fühlt sich aufgebraucht an – und doch erfüllt der Tag
       weiter eine wichtige Funktion. Die taz-Übersicht zu allen Terminen.
       
 (DIR) Revolutionärer 1. Mai-Demo: Hammer entspannt
       
       Die 18-Uhr-Demo hat wieder einen Schwarzen Block, der zur Solidarität mit
       Antifas aufruft. Die Polizei macht sich wenig Sorgen.
       
 (DIR) Demonstration im Villenviertel Grunewald: Partystimmung im Problemkiez
       
       Hauptsache, die Reichen werden aufs Korn genommen: Die Mygruni-Demo
       präsentiert sich dieses Jahr als „Großeinsatz der
       Spezial-Enteignungs-Kräfte“.
       
 (DIR) MyGruni-Demonstration am Wannsee: Umverteilung auf Schwanenwerder
       
       Satirisch unterwegs auf Schwanenwerder: Nach den Grunewaldvillen nehmen
       MyGruni-Aktivisten den Reichtum auf Insellage in den Blick.