# taz.de -- Weltgipfel für Menschen mit Behinderung: Entwicklungszusammenarbeit braucht Inklusion
       
       > Am Mittwoch beginnt der Global Disability Summit. Im Fokus steht die
       > Entwicklungszusammenarbeit, in der Behinderung noch immer nicht bedacht
       > werde.
       
 (IMG) Bild: Gerade jene mit Behinderung haben es schwer zu flüchten und bedürfen entsprechender Aufmerksamkeit
       
       Am Mittwoch startet in Berlin der [1][Weltgipfel für Menschen mit
       Behinderung]. Ausgerichtet wird der Gipfel von der International Disability
       Alliance, dem Welt-Dachverband der Selbstvertretungsorganisationen von
       Menschen mit Behinderungen, zusammen mit dem Königreich Jordanien und der
       Bundesrepublik Deutschland.
       
       Letztere wird durch das Bundesentwicklungsministerium vertreten, denn
       erklärtes Ziel des zweitägigen Gipfeltreffens ist es, die [2][Umsetzung der
       UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)] in der Entwicklungszusammenarbeit
       voranzutreiben.
       
       Die UN-BRK trat 2008 in Kraft und gilt in Deutschland seit 2009. „Trotzdem
       ist sie in vielen Ländern, auch hier, nicht umfassend umgesetzt“,
       kritisiert Dinah Radtke von der [3][Interessenvertretung Selbstbestimmt
       Leben in Deutschland (ISL)]. Sie hat als damalige Vizepräsidentin der
       internationalen Behindertenrechteorganisation Disabled Peoples
       International (DPI) an den Verhandlungen zur UN-Konvention in New York
       teilgenommen.
       
       Rund 3.000 Vertreter:innen von Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und
       der Zivilgesellschaft werden zum Gipfel erwartet. Auch Dinah Radtke nimmt
       Teil. [4][Entwicklungszusammenarbeit] sei lange nicht inklusiv gewesen und
       sei es zum Teil immer noch nicht, sagt die 77-Jährige.
       
       „Bei vielen Projekten, ob es um sauberes Trinkwasser oder Bildung geht,
       wurde z.B. nicht geschaut, ob behinderte Menschen mit einbezogen sind“,
       kritisiert Radtke. „Wenn ich nicht mobil bin oder der Verkehr nicht
       barrierefrei, [5][komme ich auch nicht zur Schule] oder zum
       Ausbildungsort“.
       
       1,3 Milliarden Menschen weltweit leben mit einer Behinderung. Laut einer
       Studie der Weltgesundheitsorganisation haben sie eine bis zu 20 Jahre
       geringere Lebenserwartung. Menschen mit Mehrfachbehinderungen sind etwa
       stärker von der Klimakrise betroffen, da sie [6][bei Katastrophen
       schwieriger flüchten] können.
       
       Bei bewaffneten Konflikten haben sie weniger Zugang zu Schutzräumen. Frauen
       und Mädchen mit Behinderung haben zudem ein [7][höheres Risiko, Opfer von
       sexualisierter Gewalt] zu werden.
       
       „Es gilt immer noch: [8][Armut erzeugt Behinderung und Behinderung erzeugt
       Armut]“, betont Radtke. Obwohl die UN-BRK seit nunmehr 16 Jahren gilt,
       stellt sie bei der Barrierefreiheit sogar wieder Verschlechterungen fest
       und nennt ein persönliches Beispiel: In ihrem Wohnort Erlangen sei die
       örtliche Sparkasse neu gebaut worden. Jedoch seien die Tische nun zu hoch
       für Rollstuhlfahrer:innen. Gerade im Privatsektor gebe es große Mängel.
       
       Auch deshalb müssten die [9][Selbstvertretungen von Menschen mit
       Behinderung] beteiligt werden. „Wir sind Expertinnen und Experten in
       eigener Sache und wissen am besten, was gebraucht wird“, so Radtke. „Die
       Ziele und die Bedürfnisse behinderter Menschen sind in allen Ländern die
       gleichen. Es sind überall die gleichen Hindernisse, die uns vom
       öffentlichen Leben ausschließen.“
       
       Deshalb sei es wichtig, dass diese Themen multilateral angegangen würden
       und die UN-BRK überall umgesetzt werde, sagte auch Jürgen Dusel,
       Bundesbeauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Gerade
       in Zeiten, in denen [10][die USA ihr Engagement in der
       Entwicklungszusammenarbeit] abbauen.
       
       Für ihre Umsetzung sind allerdings die jeweiligen Regierungen zuständig.
       Deutschland wurde [11][2023 von den Vereinten Nationen für die mangelnde
       Umsetzung] gerügt. Zu Recht, findet Jürgen Dusel: „Die Umsetzung der UN-BRK
       ist kein Akt der Nächstenliebe, sondern demokratische Pflicht“, sagte er.
       
       Dinah Radtke sieht [12][die Bundesregierung in der Verantwortung]. Vom
       scheidenden Bundeskanzler Olaf Scholz genau wie von seinem Nachfolger
       Friedrich Merz fordert sie, Barrierefreiheit auch im Privatsektor, also in
       der Gastronomie, in ärztlichen Praxen, in Freizeiteinrichtungen, zur
       rechtlichen Pflicht zu machen. „Inklusion gibt es nicht ohne
       Barrierefreiheit“, sagt Radtke.
       
       1 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bmz.de/de/aktuelles/global-disability-summit
 (DIR) [2] /UN-Behindertenrechtskonvention/!5579449
 (DIR) [3] /Rechte-fuer-Menschen-mit-Behinderung/!5785823
 (DIR) [4] /Deutsche-Entwicklungszusammenarbeit/!6072686
 (DIR) [5] /Tag-der-Menschen-mit-Behinderung/!6049895
 (DIR) [6] /Flucht-mit-Behinderung/!5453955
 (DIR) [7] /Gewalt-gegen-Frauen-mit-Behinderungen/!5467464
 (DIR) [8] /Bericht-des-Europarats-zu-Deutschland/!5999018
 (DIR) [9] /Berliner-Behindertenparlament/!5896494
 (DIR) [10] /Ende-von-USAID/!6064957
 (DIR) [11] /Teilhabe-behinderter-Menschen/!5956876
 (DIR) [12] /UN-Behindertenrechtskonvention/!5017242
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Fründt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) UN-Behindertenrechtskonvention
 (DIR) Behinderung
 (DIR) Behindertenpolitik
 (DIR) Menschen mit Behinderung
 (DIR) Berlin
 (DIR) Entwicklungszusammenarbeit
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) Entwicklungszusammenarbeit
 (DIR) Entwicklungszusammenarbeit
 (DIR) Leben
 (DIR) Entwicklungszusammenarbeit
 (DIR) Inklusion
 (DIR) Inklusion
 (DIR) Entwicklungszusammenarbeit
 (DIR) Menschen mit Behinderung
 (DIR) Flüchtlinge
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Krise der Entwicklungszusammenarbeit: Senegal allein gelassen
       
       Im Senegal spürt man, was die Auflösung von USAID bedeutet. Sie trifft die
       Marginalisierten, langfristig könnte das ganze Gesundheitssystem wanken.
       
 (DIR) Ökonomin über Entwicklungszusammenarbeit: „Sicherheit darf nicht nur militärisch gedacht werden“
       
       Die anstehende 4. UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung sei eine Chance
       für die Länder des Globalen Südens, sagt Kathrin Berensmann.
       
 (DIR) Menschen mit Behinderung: In der Sackgasse: Werkstatt
       
       Statt Menschen mit Behinderungen zu fördern, halten Werkstätten sie
       systematisch klein. Sie werden als billige Arbeitskräfte missbraucht.
       
 (DIR) Menschen mit Behinderung: Starke Zusagen für globale Inklusion
       
       Der dritte Global Disability Summit endet in Berlin mit großen Versprechen.
       Entwicklungsministerin Svenja Schulze spricht von einem „Durchbruch“.
       
 (DIR) Global Disability Summit: Mehr Unterstützung für Inklusion weltweit gefordert
       
       Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung wird weltweit infrage gestellt.
       Bundeskanzler Scholz findet in Berlin deutliche Worte der Kritik.
       
 (DIR) Global Disability Summit: Menschen mit Behinderung leben laut Studie deutlich kürzer
       
       Eine Unicef-Untersuchung sieht weltweit Defizite bei der Inklusion. Der
       Gipfel für die Rechte von Menschen mit Behinderungen soll daran etwas
       ändern.
       
 (DIR) Deutsche Entwicklungszusammenarbeit: Es braucht ein neues Konzept
       
       Zunehmend richten Staaten ihre Auslandshilfen an nationalen Interessen aus.
       Deutschland sollte stattdessen auf eine stabile Weltwirtschaft setzen.
       
 (DIR) Tag der Menschen mit Behinderung: Kein Recht auf Schule?
       
       Wenn es um das Grundrecht auf Bildung geht, werden bei Kindern mit
       Behinderungen Ausnahmen von der Schulpflicht gemacht. Welche Folgen das hat
       und wie sich Eltern dagegen wehren können.
       
 (DIR) Flucht mit Behinderung: Eine fast heile Welt
       
       Die A.s wurden mit zwei schwerbehinderten Töchtern aus Berlin abgeschoben.
       Nun sind die Tschetschenen zurück – und scheinbar in Sicherheit.