# taz.de -- Nach Verhandlung in der Ukraine: Der Krieg geht weiter
       
       > Trotz des Angebots einer Waffenruhe und der Hoffnung auf eine
       > Deeskalation, setzt Russland seine Angriffe auf die Ukraine fort.
       
 (IMG) Bild: In Kriwyj Rih, der Heimatstadt von Präsident Selenskyj, schlug am Morgen ein russisches Geschoss in einem Hotel ein
       
       Kyjiw taz | Während die Agenturen diese Nachricht meldeten: „Ukraine bereit
       zu umfassendem Waffenstillstand“, hallten in Kyjiw kurz nach den Sirenen um
       Mitternacht mehrere Einschläge durch die Stadt. Sie waren nicht die
       einzigen, die die Ukraine in der Nacht zum Mittwoch erlebte.
       
       [1][In Kriwyj Rih, der Heimatstadt von Präsident Selensky]j, schlug am
       Morgen ein russisches Geschoss in einem Hotel ein. Dabei kam ein Mensch ums
       Leben, neun weitere wurden verletzt, berichtet das ukrainische Ministerium
       für Katastrophenhilfe. Auch in Charkiw schlug eine Drohne ein, dabei kam es
       in einigen Hinterhöfen zu Beschädigungen, berichtet Bürgermeister Terechow.
       Eine Person habe derart auf diesen Angriff psychisch reagiert, dass sie
       medizinisch behandelt werden musste. Auch in Sumy und Dnipro griffen
       Drohnen an. Menschen kamen nicht zu Schaden. In Odessa wurden bei einem
       Raketenangriff in der Nacht vier Menschen getötet und erhebliche Schäden an
       einem zivilen Frachtschiff sowie an der Hafeninfrastruktur verursacht.
       
       Besonders betroffen, so der ukrainische stellvertretende Premierminister
       Alexej Kuleba, war das unter der Flagge von Barbados fahrende Frachtschiff
       „Mj Pina“, das während des Angriffs gerade Weizen für den Export nach
       Algerien verlud. Vier Besatzungsmitglieder – allesamt syrische Staatsbürger
       – kamen ums Leben. Kuleba betonte, dass es sich bei dem beschädigten Schiff
       um ein rein ziviles Handelsschiff handelte.
       
       [2][Nur ungern sprechen Ukrainer:innen über ihre Sicht der]
       Verhandlungsergebnisse. Eine, die spricht, ist Kseni Necheporenko. „Trump
       ist jetzt zu Beginn seiner Amtsperiode ungefähr in einer ähnlichen Lage, in
       der auch Selenskyj zu seiner Amtszeit war. Und da hatte Selenskyj doch
       gesagt, es reiche aus, wenn man einfach nicht mehr schieße“, und sagt
       weiter: „Nein, das reicht eben nicht aus. Dieser Wille zum Frieden zeigt
       sich in Raketen und Drohnen auf unsere Häuser, dieser Friedenswille tötet
       uns und unsere Kinder. Und diesen Frieden wollen jetzt auch die
       Amerikaner.“ Was sie jetzt interessiere, so Necheporenko, sei die Frage,
       wie sich die amerikanische Seite verhalten werde, sollte Russland dieses
       Angebot zum Waffenstillstand ablehnen. „Wird Trump dann sein Versprechen
       einhalten und die Ukraine verstärkt unterstützen oder wird er mit dem
       Verlust des Territoriums einverstanden sein?“ Und Letzteres, so
       Necheporenko, sei nicht akzeptabel.
       
       ## Der Wunsch nach Waffenruhe ist groß
       
       Swetlana Ganitsch, Mitarbeiterin des Museums der Katakomben von Odessa,
       will nicht glauben, dass ein Waffenstillstand in greifbarer Nähe ist:
       „Wissen Sie, ich höre die Nachrichten von einem möglichen
       Waffenstillstand und dann mache ich das Fenster auf – und ich kann nicht
       atmen. Weil ein Hafenterminal von Odessa nach einem russischen Luftangriff
       von vor zwei Tagen immer noch brennt.“ Und außerdem fragt sie sich: „Warum
       spielt eigentlich Saudi-Arabien auf einmal so eine große Rolle? Das sind
       doch Geschäftsleute, die wollen sicher etwas für ihre Dienste haben. Zum
       Beispiel wertvolles ukrainisches Land. Und trotzdem begrüße ich einen
       Waffenstillstand. Wir können alle nicht mehr. Wir wollen, dass das Töten
       aufhört.“
       
       Dass auch Geschäftsinteressen hinter einer Waffenstillstandsvereinbarung
       stecken könnten, vermutet auch der in Odessa lebende Blogger und Anarchist
       Wjatscheslaw Azarow. In den USA sei nun mal, gerade unter dem jetzigen
       Präsidenten, Außenpolitik in hohem Maße von wirtschaftlichen Interessen
       geprägt. Es sei durchaus möglich, so Asarow, dass sich die USA letztendlich
       vollständig aus der Ukrainekrise zurückziehen, die Sanktionen gegen
       Russland aufheben und stattdessen mit Wladimir Putin gemeinsame Sache in
       wirtschaftlichen Projekten in der Arktis machen.
       
       Eine Arzthelferin aus Kyjiw, die ihren Namen nicht nennen will, kritisiert
       auch die ukrainische Seite: „Ich kann nicht verstehen, warum die Ukraine
       ausgerechnet in der Nacht vor diesen Verhandlungen die bisher größten
       Drohnenangriffe gegen Moskau durchgeführt hat. Das ist doch nicht
       vertrauensbildend.“
       
       [3][Unterdessen will die ukrainische Regierung ins Detail gehen]. Man sei
       dabei, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die sich um die Vorbereitungen zur
       Umsetzung eines Waffenstillstandes kümmern werde, zitiert das Portal
       strana.news Außenminister Andrii Sybiha.
       
       12 Mar 2025
       
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