# taz.de -- Innere Sicherheit im Hamburger Wahlkampf: Das besetzte Thema
       
       > Die CDU wollte Sicherheit zu ihrem Thema im Hamburger Wahlkampf machen.
       > Doch das klappte nicht: Die SPD bestimmt das Thema seit über 20 Jahren.
       
 (IMG) Bild: Polizei zeigt Präsens: Innensenator Andy Grote (SPD) bei einer Großkontrolle am Hamburger Hauptbahnhof am 22.1.2025
       
       Hamburg taz | Der Pulk aus Journalist*innen, Kameraleuten,
       Sicherheitspersonal und Polizist*innen muss sich sputen, um an
       Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Hamburgs Innensenator Andy Grote
       (beide SPD) dran zu bleiben. Die haben ein ordentliches Tempo drauf bei
       ihrem Rundgang mit der „Quattro-Streife“, einmal rauf und runter, kreuz und
       quer durch den Hamburger Hauptbahnhof – jenen Ort, der die SPD in Hamburg
       vor 25 Jahren die Wahl gekostet hat.
       
       Grote und Faeser müssen samt Gefolge im Anschluss noch ins
       Miniaturwunderland und winzige Polizistenfiguren in eine
       Modelleisenbahnlandschaft setzen. Und dann noch weiter zur Zentralen
       Erstaufnahme für Geflüchtete in Hamburg-Rahlstedt, wo Faeser verkünden
       wird, dass hier demnächst das bundesweit erste Dublin-Zentrum eingerichtet
       wird für Asylsuchende, für die eigentlich ein anderer EU-Staat zuständig
       ist. Ein klassischer Wahlkampftermin also, bei dem Grote zwei Jahre nach
       Inkraftsetzen der [1][„Allianz sicherer Hauptbahnhof“] Werbung in eigener
       Sache machen kann und, Faeser sei Dank, garantiert auf großes
       Medieninteresse trifft.
       
       Die Quattro-Streifen setzen sich aus Vertreter*innen der Hamburger
       Polizei, der Bundespolizei sowie der Sicherheitsdienste der Bahn und der
       Hamburger Hochbahn zusammen. Die gehen immer zu viert auf Streife,
       kontrollieren mehr und auch niedrigschwelliger. So kurz vor der
       Hamburg-Wahl am 2. März haben sie noch ein paar Großkontrollen
       durchgeführt, auch, um Erfolge verkünden zu können.
       
       Insgesamt ein Hamburger Erfolgsmodell, diese Quattro-Streifen, sagte Grote
       am Ende des Rundgangs sichtlich zufrieden. Sicherheit und
       Aufenthaltsqualität hätten sich am Hauptbahnhof, den NDR, Bild-Zeitung und
       Hamburger Abendblatt noch vor ziemlich genau zwei Jahren als gefährlichsten
       Bahnhof Deutschlands betitelten, seither deutlich verbessert.
       
       ## Bremen übernimmt Hamburger Konzept
       
       In [2][Bremen sind diese Quattro-Streifen] seit vergangenem Juni im Einsatz
       und weitere Städte prüfen, ob sie sich anschließen wollen. Die Botschaft
       Grotes ist an diesem eiskalten und sonnigen Mittwoch, an dem Faeser zu
       Gast ist, jedenfalls eindeutig: Wir haben hier alles im Griff! Das geht vor
       allem in Richtung CDU, die Sicherheit zum bestimmenden Thema im
       Bürgerschaftswahlkampf machen wollte und dem auch das erste Kapitel
       [3][ihres Wahlprogramms] gewidmet hat.
       
       Und die Grünen? Setzen bei Sicherheit [4][im Wahlprogramm] eher auf
       Gefühliges und überlassen das Thema im Prinzip ihrem alten und vermutlich
       auch neuen Koalitionspartner, der SPD. Sie wollen eine intelligente
       Stadtbeleuchtung für mehr Sicherheitsempfinden und ganz Hamburg zu einem
       „Safe Space für alle“ machen.
       
       Das entscheidende Thema bei der Bürgerschaftswahl 2001 war die innere
       Sicherheit. Es ging um die offene Drogenszene, um hohe Kriminalitätsraten,
       den Hauptbahnhof als Angstraum. Von „Safe Space“ keine Spur. Die SPD holte
       damals, als sich abzeichnete, dass hier ein Problem aufzieht, zwar noch
       schnell Olaf Scholz als Innensenator, der hart durchgreifen sollte. Aber es
       war zu spät: [5][Die CDU gewann], koalierte mit dem Rechtspopulisten Ronald
       Schill, der mit seiner Partei und dem Mantra, Hamburg sei die „Hauptstadt
       des Verbrechens“, aus dem Stand 19,4 Prozent holte. Die SPD musste auf die
       Oppositionsbank.
       
       Das soll den Sozialdemokraten nicht wieder passieren und darum überbieten
       sie seither die traditionell restriktivere Politik der CDU auf dem Feld der
       inneren Sicherheit: mehr Polizei, mehr Videoüberwachung, mehr Kontrolle,
       Waffenverbotszonen, mehr Vertreibung von [6][als unerwünscht definierter
       Klientel]. Alles mittlerweile völlig normale SPD-Politik in Hamburg.
       
       ## SPD in Hamburg ungefährdet
       
       Zu befürchten haben die Sozialdemokraten bei den Bürgerschaftswahlen
       nichts. Laut der [7][aktuellen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen] kommt
       die SPD trotz Verlusten immer noch auf 32 Prozent. Die Grünen liegen bei 18
       Prozent. Es würde also weiter für Rot-Grün reichen, auch wenn die CDU
       gegenüber der letzten Umfrage um fast sieben Prozente auf jetzt 18 Prozent
       zulegen konnte. Einer der Gründe, warum die SPD hier so fest im Sattel
       sitzt, ist ihre Strategie beim Thema innere Sicherheit. Sie hat in den
       vergangenen Jahren viel dafür getan, das Thema möglichst nicht mehr aus der
       Hand zu geben.
       
       Da nützt es auch nichts, dass CDU-Partei- und Fraktionschef Dennis Thering
       schon vor einem Jahr mit Blick auf die Bürgerschaftswahl ein
       Sicherheitskonzept vorgestellt hat – mit den üblichen
       Wir-brauchen-mehr-Forderungen: mehr Kameras im öffentlichen Raum, mehr
       Polizist*innen auf den Straßen, die mit mehr Tasern und mehr Bodycams
       ausgestattet sind, mehr Waffenverbotszonen. Im Falle eines Wahlsieges wolle
       die CDU, das wiederholte Thering bei der Vorstellung des Wahlprogramms im
       November, Hamburg „zur sichersten Stadt Deutschlands machen“. Die Polizei
       solle besser gerüstet sein „als die Kriminellen in unserer Stadt“.
       
       Das Problem der CDU ist: All das macht die SPD bereits. „Jahrelang hat die
       SPD die katastrophalen Zustände am Hauptbahnhof ignoriert und unsere
       Warnungen als Fake News abgetan“, blieb Thering nach dem Besuch von
       Bundesinnenministerin Faeser bloß mitzuteilen. Das sei alles bloß
       Wahlkampf-PR am Hauptbahnhof, helfe aber niemandem.
       
       Seit dem 1. Oktober 2023 gilt am Hamburger Hauptbahnhof [8][ein
       Waffenverbot], das mittlerweile auf den gesamten öffentlichen Nahverkehr
       ausgeweitet wurde. Bisher ist zwar noch keine glasklare Trendwende bei der
       Gewaltkriminalität zu erkennen. Die Bundespolizei zählte an Deutschlands
       meistfrequentiertem Bahnhof – 500.000 Menschen sind hier jeden Tag
       unterwegs – im ersten Halbjahr 2024 insgesamt 290 Gewalttaten. Zum
       Vergleich: 2023 waren es im ganzen Jahr 720 Fälle gewesen.
       
       Das ergab im vergangenen Herbst die Antwort der Bundesregierung auf eine
       Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion. Zugleich registrierte die Bundespolizei
       im ersten Halbjahr jedoch bereits 21 Messerdelikte –
       
       so viele wie im gesamten Vorjahr. Allerdings muss bei solchen Zahlen immer
       bedacht werden: Wer mehr Präsenz zeigt und mehr kontrolliert, der findet
       auch mehr.
       
       In der p[9][olizeilichen Kriminalstatistik 2024] findet sich diese
       Entwicklung wieder, die der SPD in die Karten spielt. Grote konnte
       verkünden: Hamburg ist sicherer geworden. Die Zahl der Straftaten ist um
       vier Prozent gesunken, gleich geblieben ist die Aufklärungsquote. Zwar ist
       die Gewaltkriminalität um sieben Prozent gestiegen, aber Grote sagt:
       „Besonders hervorzuheben sind die rückläufigen Zahlen bei den
       Tötungsdelikten und auch bei den ebenfalls gesunkenen Gewaltzahlen am
       Hauptbahnhof.“ Das Thema Sicherheit ist heute für die Hamburger SPD also
       kein Problem mehr, sondern eher eine sichere Bank.
       
       20 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Sicherheit-am-Hamburger-Hauptbahnhof/!5945319
 (DIR) [2] /Verdraengung-der-Drogenszene-in-Bremen/!6029406
 (DIR) [3] https://cduhamburg.de/wp-content/uploads/2024/12/CDU-Hamburg-Unser-Wahlprogramm-zur-Buergerschaftswahl-2025.pdf
 (DIR) [4] https://www.gruene-hamburg.de/gute-gruende-fuer-gruen/
 (DIR) [5] /!1143060/
 (DIR) [6] /Unerwuenschte-Klientel/!5960136
 (DIR) [7] /Zwei-Wochen-vor-der-Buergerschaftswahl/!6069653
 (DIR) [8] /Waffenverbot-im-Hamburger-Nahverkehr/!6054283
 (DIR) [9] https://www.polizei.hamburg/vorstellung-der-polizeilichen-kriminalstatistik-2024--1016008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ilka Kreutzträger
       
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