# taz.de -- Kriminalroman von Femi Kayode: Bischof unter Verdacht
       
       > Hitze, Staub und Gottesglaube: In seinem zweiten Kriminalroman führt
       > Autor Femi Kayode seinen Ermittler in die Welt einer nigerianischen
       > Freikirche.
       
 (IMG) Bild: Der Krimi spielt in Lagos: Unerträgliche Hitze, das permanente Verkehrschaos wird sehr plastisch porträtiert
       
       Philip Taiwo, forensischer Psychologe mit Ausbildung und Sozialisation in
       den USA, ist mit der Familie in sein Heimatland [1][Nigeria] zurückgekehrt,
       wo er an der Polizeiakademie unterrichtet und in Femi Kayodes neuem Roman
       „Gaslight“ nun schon zum zweiten Mal in einen aufsehenerregenden
       Kriminalfall verwickelt wird.
       
       („Light Seekers“, der erste Philip-Taiwo-Roman aus der Feder des gebürtigen
       Nigerianers und studierten Psychologen Femi Kayode erschien im Jahr 2022
       auf Deutsch.) Kayode verwebt gekonnt Kriminalhandlung mit
       Gesellschaftskritik, lässt Action ebenso zu ihrem Recht kommen wie
       Familienszenen und spart nicht an atmosphärischem Lokalkolorit.
       
       Dieses Mal führen Philip Taiwos Ermittlungen ihn in die Welt einer
       einflussreichen evangelikalen Kirche, deren oberster Geistlicher, der den
       Bischofstitel führt, von den Gläubigen wie ein Heilsbringer verehrt wird.
       Dieser Oberguru ist unerwartet verhaftet worden, weil bei der Polizei
       anonyme Hinweise eingegangen sind, dass der Bischof seiner zwanzig Jahre
       jüngeren Ehefrau etwas angetan haben könnte.
       
       Die junge Frau ist nämlich verschwunden. Doch Taiwos Auftrag ist es nicht,
       die Verschwundene wiederzufinden; in der Gemeinde ist niemand beunruhigt,
       weil allgemein bekannt ist, dass die „First Lady“ sich häufig für längere
       Zeit zurückzieht. Er soll vielmehr ergründen, wer den Bischof verleumdet
       haben kann – und warum.
       
       ## Überraschende Wendung
       
       Und tatsächlich gewinnt Taiwo, nachdem er den Geistlichen im Gefängnis
       getroffen hat, die Überzeugung, dass dieser aufrichtig ist. Zudem scheint
       es seltsam, dass die Polizei derart schnell zugegriffen und anonymen
       Hinweisen Glauben geschenkt hat. Dann aber nimmt der Fall eine
       überraschende Wendung.
       
       Und während Philip Taiwo lange vergeblich versucht, das Geflecht aus Macht,
       Einfluss und Abhängigkeiten zu entwirren, das sich um die Freikirche rankt,
       ist gleichzeitig in seiner Familie Krisenstimmung, weil die
       Teenager-Tochter Probleme hat und sich in ihr altes Leben in den USA
       zurücksehnt – obwohl sie wegen des dortigen Rassismus' das Land verlassen
       haben.
       
       Eine komplexe Gemengelage an sozialen Befindlichkeiten grundiert diesen
       Thriller. Die Welt der evangelikalen Freikirchen, die Kayode entwirft, ist
       fremdartig genug, und doch bekennt der Ermittler und Ich-Erzähler, dass
       auch er selbst einer solch trügerisch sicheren Atmosphäre einst erlegen
       war: der Stimmung bedingungslosen Glaubens in einer Gemeinde, deren
       geistlicher Führer über jede Kritik erhaben ist.
       
       ## Der Schlüssel liegt bei der „First Lady“
       
       Die Welt außerhalb dieser Gemeinde – die unerträgliche Hitze, das
       permanente Verkehrschaos in der Riesenmetropole Lagos – wird im Roman zwar
       nur am Rande, aber immer wieder sehr plastisch und darum auch sehr
       vorstellbar porträtiert. Doch so gut und oft genug faszinierend sich das
       alles wegliest, bleibt der Roman in einem zentralen Punkt doch nicht völlig
       nachvollziehbar: Der Ermittler erkennt zwar bald, dass der Schlüssel zur
       Lösung des Falls in der Lebensgeschichte der verschwundenen „First Lady“
       liegt.
       
       Doch obwohl der Autor eine Menge Erzählzeit darauf verwendet, Hintergründe
       aufzuzeigen, passt das Handeln der jungen Frau – das hier nicht ohne
       Spoilergefahr erläutert werden kann – letztlich nicht zu der ursprünglich
       aktiven, selbstbewussten Persönlichkeit, als die sie gezeichnet wird. Mag
       sein, dass psychologische Glaubwürdigkeit im Thrillergenre nur ein
       untergeordnetes Kriterium darstellt; aber sie sollte erwartet werden
       können, wenn ein Psychologe Thriller schreibt.
       
       Und wenn in der Welt der Evangelikalen noch andere psychische Zwänge wirken
       als sonst, Zwänge, die sogar zu einer Persönlichkeitsveränderung führen
       können, so müssten diese Umstände in einem Roman sehr viel sorgsamer
       auserklärt werden. Aber ja, okay, es ist ein Thriller. Und auf jeden Fall
       spannend und farbig erzählt.
       
       17 Feb 2025
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katharina Granzin
       
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