# taz.de -- Die Wahrheit: Mein Leben als Retro
       
       > Schlaumeierhafte Erwachsenensimulierer, die checkerhaft für Recht und
       > Ordnung sorgen – das sind die herumschnüffelnden Hunde von „Paw Patrol“.
       
       Wo war ich? Richtig, beim Thema Medien und ihre Nutzung. Eins vorweg: Ich
       bin schon ewig nicht mehr bei Twitter, jetzt X, die Metaversen nutze ich
       aber noch, aber nicht aus antideutschen Gründen – Erklärung wird wegen
       Albernheit weggelassen.
       
       Meine Tochter kleidet sich inzwischen nahezu komplett in „Paw
       Patrol“-Merch, um ihrem Schwarm zu gefallen, der als Erstes mit der „Vier
       Pfoten für ein Halleluja“-Welle in ihrer kleinen Bubble auftauchte. Wie wir
       erfahren haben, ist sie nicht die Einzige, die die Zeichentrickserie über
       vier Köter, die am Strand patrouillieren und schlaumeierhaft Fälle
       aufklären, gar nicht guckt. Immerhin hat sie neulich eine Tonie-Figur aus
       der Bücherei geliehen. Vermutlich Chase. Ich weiß allerdings nicht, wie die
       anderen Tölen heißen. Das erfahre ich bestimmt noch früh genug.
       
       Tonie-Figuren sind die Kassetten der Generation Alpha. Man kauft eine
       würfelhafte Boombox, die man mit dem Internet verbinden muss, dann kauft
       oder leiht man entsprechende Figuren, die kind dann auf die Box stellen
       kann, um sich die entsprechenden Hörspiele anzuhören. Ich habe
       nachgeschlagen: Von der Kassettenhörspiel-Reihe „Bibi Blocksberg“, die in
       Fachkreisen als linksgrün versifft beziehungsweise linksalternativ gilt,
       gibt es inzwischen 156 Folgen, vermutlich seit Folge 100 nur noch auf CD
       oder als Download. Die Bibi-Tonie-Figur, die wir uns neulich geliehen
       haben, umfasste zwei Folgen – heißt, theoretisch müsste es 78 mal die
       kleine Hexe oder eine andere Figur der Reihe als Tonie-Figur geben. Das
       geht dann ganz schön ins Geld.
       
       Nun haben wir auch noch einen Kassettenrekorder, der allerdings die
       Kassetten zu schnell abspielt, und etwa 15 Kassetten der Reihe aus dem
       Bestand ihrer Mutter. Frauen schlafen zu Hörspielen ein, Männer zu
       Sexualfantasien, so sagt jedenfalls das Klischee.
       
       An mir sind die Hörspiele damals vorbeigegangen, aber vielleicht war ich
       auch schon zu alt dafür; ich hatte zwei, drei „Drei???“-Kassetten, die ich
       schnell doof fand und an die mich die „Paw Patrol“-Folgen von heute
       wiederum erinnern: schlaumeierhafte Jungsstimmen, die in bemüht wirkender
       Jugendsprache Erwachsenheit simulieren und checkerhaft für Recht und
       Ordnung sorgen. Dass die Jugendlichen hier herumschnüffelnde Hunde sein
       sollen, erschließt sich aus dem Kontext.
       
       Wie dem auch sei: Das Sammeln ist nicht abzuschaffen, auch nicht durchs
       Digitale. Im Netz musste ich neulich erfahren, dass es Leute gibt, die
       Schallplattenspieler als „altmodischen Scheißdreck“ bezeichnen. Vermutlich
       haben dieselben Leute 585 Tonie-Figuren im Schrank stehen und laufen selbst
       noch in „Paw-Patrol“-Merch herum.
       
       Ich sammle lieber Schallplatten und stelle mir Musikkassetten zusammen; nur
       die Abspielgeräte, die sammle ich eher unfreiwillig: Sie werden nicht mehr
       hergestellt und/oder gehen rasch kaputt. Aber so kennen wir ihn, den
       Kapitalismus.
       
       23 Jan 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Hamann
       
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