# taz.de -- Weltweiter Artenschutz: Igel, Koralle und Banteng in Not
       
       > Die Umweltorganisation WWF zieht eine durchwachsene Jahresbilanz. Arten
       > wie Luchs und Seeadler geht es besser. Viele Arten aber verschwinden.
       
 (IMG) Bild: Bitte fahren Sie langsam mit ihrem Auto. Lassen Sie Laubhaufen liegen und bauen Gartenzäune, durch die Igel schlüpfen können
       
       Berlin dpa |/taz | Vielen geht es schlechter, anderen aber besser: Die
       Umweltstiftung WWF zieht für das Jahr 2024 erneut eine durchwachsene Bilanz
       im Hinblick auf den weltweiten Artenschutz. „Tier- und Pflanzenarten
       verschwinden im Zeitraffertempo für immer von unserem Planeten“, sagte
       Kathrin Samson, Vorständin Naturschutz beim WWF Deutschland.
       
       Korallen, Borneo-Elefanten, das südostasiatische Dschungel-Rind, Banteng
       und Brillenpinguinen geht es laut WWF teils dramatisch schlechter. Und
       sogar der heimische Igel habe mit Problemen zu kämpfen. Die Zahl der
       Westeuropäischen Igel, auch Braunbrustigel genannt, geht demnach stark
       zurück. Die Art werde jetzt als „potenziell gefährdet“ eingestuft. Zu den
       Verlierern zählt der WWF auch den Wolf, dessen Schutzstatus der Europarat
       im Dezember herabgestuft hatte. Mit 200 Rudeln sei die Art auch in
       Deutschland noch nicht in einem sogenannten „günstigen Erhaltungszustand“.
       
       ## WWF: Unermessliche Tragödie in Korallenriffen
       
       In den Korallenriffen der Erde vollzog sich laut WWF 2024 „eine Tragödie
       unermesslichen Ausmaßes“. Die Klimakrise habe zu Rekordtemperaturen im
       Wasser geführt, durch die in den tropischen Meeren der ganzen Welt die
       Korallenriffe bleichen. „Die Unterwasserwälder der Meere stehen förmlich in
       Flammen. Hält dieser Zustand länger an, drohen große Teile dieser
       ikonischen Lebensräume abzusterben“, hieß es.
       
       Und auch den Borneo-Elefanten geht es schlecht. Sie sind mittlerweile so
       selten, dass nur noch rund tausend Exemplare in freier Wildbahn leben. Und
       auch der weltweite Banteng-Bestand ist stark geschrumpft – die Population
       dieser ostasiatischen Wildrinder wird nur noch auf etwa 3.300 Tiere
       geschätzt. Die auch als „Sunda-Ochse“ bezeichnete Art wurde in Form des
       „Balirinds“ domestiziert – die Wildform ist seit diesem Jahr als vom
       Aussterben bedroht. Ebenso Brillenpinguine, eine afrikanische Art. Während
       es 1956/57 noch 141.000 Brutpaare gab, werden jetzt laut WWF nur noch etwa
       9.900 Paare gezählt.
       
       „Die Ursachen sind allesamt menschengemacht: Lebensraumzerstörung,
       Übernutzung und Wilderei, invasive Arten, Umweltverschmutzung sowie die
       Klimakrise“, betonte Kathrin Samson mit Blick auf die bedrohten Arten. Die
       Verlierer-Arten stehen laut WWF stellvertretend für Tausende weitere
       bedrohte Arten. Laut der aktuellen Roten Liste der Weltnaturschutzunion
       (IUCN) gelten rund 46.300 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten als bedroht.
       
       ## Lichtblicke neben Rückschritten
       
       Neben den Rückschritten sieht der WWF aber auch Lichtblicke: „Luchsen und
       Tigern geht es besser, Siamkrokodile, Meeresschildkröten und Thunfische
       kehren in ihre alt angestammten Lebensräume zurück und der Seeadler ist im
       Aufwind“, hieß es von der Stiftung. In der Nordsee tauchen wieder vermehrt
       Blauflossen-Thunfische auf, die durch Überfischung lange Zeit verschwunden
       waren. Strenge Fangverbote und die Bekämpfung illegaler Fischerei sorgen
       laut WWF dafür, dass die Population, die im Nordostatlantik wandert und im
       Mittelmeer laicht, wieder auf ein gutes Niveau anwachsen konnte.
       
       Der Seeadler, der größte europäische Greifvogel, war laut der Stiftung um
       1900 fast vollständig ausgerottet. Heute leben in Deutschland demnach
       wieder über 1.000 Brutpaare. Der WWF führt den Erfolg auch auf seine eigene
       Arbeit zurück, etwa das 1968 in Schleswig-Holstein ins Leben gerufene
       „Projekt Seeadlerschutz“.
       
       Die Population der Unechten Karettschildkröte erhole sich im Mittelmeer
       unter anderem durch die Reduzierung von Beifang und den Erhalt von
       Niststränden. Die positiven Beispiele zeigten, dass es trotz Rückschlägen
       und Krisen noch Chancen für die Natur und uns Menschen gebe, so die
       Stiftung.
       
       26 Dec 2024
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Natur
 (DIR) Biodiversität
 (DIR) Tiere
 (DIR) Garten
 (DIR) Mittelmeer-Dossier
 (DIR) Ausstellung
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
 (DIR) Biodiversität
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Invasive Arten: Der Gast für Gier, Genuss und gute Tat
       
       Im Garten unserer Autorin wächst eine ihr unbekannte Pflanze – das
       orientalische Zackenschötchen. Kulinarisch erweist sich die Schote als
       Gewinn.
       
 (DIR) Invasive Arten: Wie der Feuerfisch das Mittelmeer verändert
       
       Er frisst so ziemlich alles, was ihm vor die Kiemen kommt. Das macht den
       stacheligen Eindringling zum Problem für das Mittelmeer.
       
 (DIR) Künstlerin über Klimakrise-Ausstellung: „Gefangene der eigenen Zerstörung“
       
       Die Künstlerin Irina Ahrend-Liu will gemeinsam mit ihrem Mann Xiaomin Liu
       mit Kunst auf die Klimakrise und das Artensterben aufmerksam machen.
       
 (DIR) Welt-Biodiversitätsrat: „Mit dem Rücken zur Wand, aber es gibt Lösungen“
       
       Klimawandel oder Wasserknappheit werden oft getrennt voneinander
       betrachtet. Der Nexus-Report untersucht erstmals die Verbindungen der
       einzelnen Krisen – und zeigt, welche Maßnahmen helfen.
       
 (DIR) Naturschutz in Deutschland: Auch Wanstschrecken brauchen Wohnraum
       
       Zwei Prozent der Fläche in Deutschland soll wild sein, das fordert die
       nationale Biodiversitätsstrategie. Gerade mal ein Drittel davon ist
       erreicht.
       
 (DIR) UN-Konferenz zur Biodiversität in Cali: Zu viel Gipfeltheater in Berlin
       
       Cali war der passende Ort, über die Rettung der Natur zu verhandeln – und
       doch zu weit weg. Die Ampel müsste begreifen, was das mit uns zu tun hat.