# taz.de -- Westjordanland: Al Jazeera von Palästinensischer Autonomiebehörde verboten
> Die Palästinensische Autonomiebehörde hat den katarischen Sender Al
> Jazeera in der Westbank untersagt. Vielen in Israel gilt er als
> Hamas-Sprachrohr.
(IMG) Bild: Ein Mann fotografiert das Büro des Senders Al Jazeera in Ramallah
Al Jazeera erlitt am Mittwoch einen weiteren Rückschlag im Nahen Osten: Die
Palästinensische Autonomiebehörde verkündete, [1][dass der katarische
Sender mit Sitz in Doha in ihren Gebieten in der Westbank verboten werde],
zumindest vorübergehend. Der Sender filmte, wie palästinensische
Sicherheitsbehörden einem ihrer Journalisten den Verbotsbescheid persönlich
überreichten. Die Begründung: „Aufwiegelung“, „hetzerisches Material“ und
die „Einmischung in interne palästinensische Angelegenheiten“.
Bereits im Mai verabschiedete Israel ein neues Gesetz, das ausländische
Medien betrifft, die die Sicherheit Israels gefährden würden. Gemeint war
Al Jazeera, das [2][von vielen in Israel als „Sprachrohr der Hamas“
kritisiert wird] und der islamistischen Muslimbruderschaft ideologisch
nahesteht. Der Sender musste daraufhin jegliche Berichterstattung im
jüdischen Staat einstellen. Seitdem kann er dort nicht mehr empfangen
werden, die Webseite ist für Israelis gesperrt. Im September schloss Israel
auch vorübergehend das Al-Jazeera-Büro in Ramallah in der Westbank.
Journalisten berichteten weiter für den Sender, gaben sich aber als
Freelancer aus.
Nun wird auch das nicht mehr möglich sein: Wafa, die Nachrichtenagentur der
palästinensischen Regierung in der Westbank, hat die „Arbeit all seiner
Journalisten eingefroren“, heißt es. Alle lokalen Büros wurden zudem
geschlossen. Die Entscheidung werde in Kraft bleiben, bis der Sender, der
gegen lokale Gesetze verstoßen haben soll, „seinen rechtlichen Status
geklärt hat“. Beispiele für die Verstöße lieferte die Palästinensische
Autonomiebehörde nicht. Al Jazeera spricht von einem „Versuch, die
Berichterstattung über [3][die eskalierenden Ereignisse in den besetzten
Gebieten] zu verhindern“.
In den vergangenen Wochen ging die Palästinensische Autonomiebehörde hart
gegen die Radikalislamisten der Hamas und des Palästinensischen Islamischen
Dschihads in Dschenin und Nablus vor. Es kam wiederholt zum heftigen
Schusswechsel, auch Fahrzeuge der Palästinensischen Autonomiebehörde wurden
gestohlen. Elf Menschen, auch Sicherheitskräfte, wurden getötet.
## Scharfe Kritik von Al Jazeera
Al Jazeera hatte das Durchgreifen der palästinensischen Sicherheitsbehörden
scharf kritisiert, es sei ein „Appell an israelische und westliche
Interessen“, hieß es neulich in einer Überschrift. Der Sender wirft der
Palästinensischen Autonomiebehörde nun vor, in Dschenin die „Wahrheit
unterdrücken“ zu wollen. Schon seit Dezember spricht Al Jazeera von einer
„Kampagne“ der Fatah gegen den Sender. Auch Politiker der säkularen Fatah,
der Partei des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas, haben Al
Jazeera immer wieder als Bollwerk der Hamas-Unterstützung kritisiert.
Schon vor [4][dem 7. Oktober 2023], dem schweren Überfall der Hamas und
anderer palästinensischer Terrororganisationen auf Israel, bei dem rund
1.200 Menschen – größtenteils Zivilisten – getötet wurden, wurde Al Jazeera
von vielen vorgeworfen, einseitige Narrative über den Nahostkonflikt zu
verbreiten. Seit dem Angriff setzt sich dieser Trend verstärkt fort: Die
Hamas sei eine „Widerstandsorganisation“ gegen eine „zionistische
Besatzung“, der 7. Oktober eine „Militäroperation“, Israel wiederum verübe
einen „Genozid“. Kritisiert wird auch, dass Al Jazeera – der
reichweitenstärkste Sender im arabischen Raum, der auch auf Englisch
berichtet – vom katarischen Staat finanziert wird, einer autoritären
Dynastie, die als größter Sponsor der islamistischen Muslimbruderschaft
weltweit gilt.
Nach dem Al-Jazeera-Verbot der Palästinensischen Autonomiebehörde in der
Westbank meldete sich auch die Hamas zu Wort. Die islamistische
Terrororganisation fordert die Regierung in Ramallah dazu auf, es
„unverzüglich rückgängig zu machen“. Es sei „von entscheidender Bedeutung,
eine Fortsetzung der Berichterstattung sicherzustellen, die die Besatzung
aufdeckt und die Standhaftigkeit unseres Volkes unterstützt“.
2 Jan 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Pressefreiheit-in-Palaestinensergebieten/!6060269
(DIR) [2] /Al-Jazeera-im-Nahostkonflikt/!5977556
(DIR) [3] /Israels-Strategie-im-Westjordanland/!6029991
(DIR) [4] /7-Oktober--ein-Jahr-danach/!6034819
## AUTOREN
(DIR) Nicholas Potter
## TAGS
(DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
(DIR) Palästina
(DIR) Al-Jazeera
(DIR) Verbot
(DIR) Feinde der Pressefreiheit
(DIR) Social-Auswahl
(DIR) Israel
(DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
(DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
(DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Deutsche Gelder in Israel: Förderstopp für zwei israelische NGOs
Die deutsche Bundesregierung stoppt die Finanzierung von Zochrot und New
Profile. Dies gefährde die israelische Zivilgesellschaft, so
Kritiker*innen.
(DIR) Pressefreiheit in Palästinensergebieten: Autonomiebehörde erlässt Sendeverbot für Al-Jazeera
Dem katarischen Sender Al Jazeera wird Verbreitung von „Falschinformationen
und Hetze“ vorgeworfen. Auch Israel hat schon ein Sendeverbot erlassen.
(DIR) Notlage in Gaza: Kein Krankenhaus mehr in Nordgaza
Mit dem Kamal-Adwan-Krankenhaus zerstört das israelische Militär das letzte
funktionierende Hospital in Nordgaza. Hinzu kommt noch die Winterkälte.
(DIR) Nach israelischen Luftangriffen: Fünf getötete Journalisten
Im Gazastreifen wurden am Donnerstag fünf palästinensische Reporter bei
einem Luftangriff in Nuseirat getötet. Die Sorge um Medienschaffende
wächst.