# taz.de -- Wahlprogramm der Union: Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
       
       > Im Entwurf ihres Wahlprogramms bleibt die Union an vielen Stellen vage,
       > besonders was die Finanzierung angeht. Am Dienstag soll er beschlossen
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Auch wenn Friedrich Merz hier angestrengt schaut: Die großen Krisen der Zeit kommen im Wahlprogramm der Union nur sehr begrenzt vor
       
       Berlin taz | Die Union will mit dem Versprechen, die Steuern zu senken, und
       einem scharfen Kurs in der Migrationspolitik in den Wahlkampf ziehen. Sie
       will eine Wehrpflicht als Teil eines Gesellschaftsjahres einführen, das
       Bürgergeld und [1][das Cannabis-Gesetz der Ampel wieder abschaffen]. Das
       geht aus dem 79-seitigem Entwurf des Wahlprogramms hervor, der der taz
       vorliegt. Wie sie ihre Vorhaben finanzieren will, bleibt an vielen Stellen
       offen.
       
       „Politikwechsel für Deutschland“ lautet der Titel des Wahlprogramms, den
       federführend die beiden Generalsekretäre Carsten Linnemann (CDU) und Martin
       Huber (CSU) sowie der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion,
       Thorsten Frei (CDU), und der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander
       Dobrindt, erarbeitet haben. Darin will die Union nach eigenen Worten „ein
       neues Wohlstandversprechen“ geben. Die großen Krisen der Zeit kommen dabei
       nur sehr begrenzt vor. In einer gemeinsamen Sitzung wollen die Vorstände
       von CDU und CSU das Programm am Dienstag beschließen. Anschließend ist eine
       Pressekonferenz geplant, auf der die beiden Parteivorsitzenden, Friedrich
       Merz und Markus Söder, es öffentlich vorstellen.
       
       Die Union will den Einkommenssteuersatz „schrittweise spürbar“ abflachen,
       der Spitzensteuersatz soll später greifen, die Unternehmensbesteuerung soll
       gesenkt, der Soli vollständig abgeschafft werden. Derzeit muss er nur noch
       von Spitzenverdiener*innen gezahlt werden. Die Pendlerpauschale will
       die Union erhöhen, Überstundenzuschläge will sie steuerfrei stellen und
       sich bei den Sozialversicherungsbeiträgen „auf die 40 Prozent hinbewegen“.
       Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie soll auf sieben Prozent sinken, die
       Agrardieselrückvergütung für die Landwirt*innen wieder vollständig
       eingeführt werden.
       
       Konkrete Schritte oder Jahreszahlen finden sich in dem Papier nicht.
       Schuldig bleibt die Union auch eine Antwort auf die Frage, wie das ganze
       finanziert werden soll. Von Steuererhöhungen ist im Wahlprogramm nicht die
       Rede, eine Vermögenssteuer wird abgelehnt. [2][Bei der Schuldenbremse
       bleibt die Formulierung wolkig]. „An der grundgesetzlichen Schuldenbremse
       festhalten“, heißt es im Entwurf. Das schließt eine Reform, die nicht nur
       von SPD und Grünen, sondern auch von zahlreichen Ministerpräsidenten
       gefordert wird, nicht aus. „Unmittelbar zu Beginn der neuen Wahlperiode
       machen wir einen ehrlichen Kassensturz“, heißt es weiter. Ob danach eine
       Reform möglich sein könnte, bleibt offen.
       
       ## Asylpolitik
       
       „Eine strikte Begrenzung der Migration ist dringend nötig“, Land und
       Integrationsfähgkeit seien überfordert, heißt es im Entwurf. [3][Die Union
       verspricht, „einen faktischen Aufnahmestopp“ sofort durchzusetzen]: „Dazu
       weisen wir diejenigen an den deutschen Grenzen zurück, die aus einem
       anderen Mitgliedstaat der EU oder dem Schengen-Raum nach Deutschland
       einreisen und bei uns einen Asylantrag stellen wollen.“ Das ist rechtlich
       umstritten und dürfte bei den anderen EU-Ländern gar nicht gut ankommen.
       Expert*innen befürchten Kettenzurückweisungen.
       
       Die Union will Asylverfahren und Rückführungen beschleunigen, dazu weitere
       Länder zu sicheren Herkunftsländern erklären und nach Syrien und
       Afghanistan abschieben. Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte
       soll beendet, alle freiwilligen Aufnahmeprogramme gestrichen werden.
       Sozialleistungen für Ausreisepflichtige sollen dem Grundsatz „Bett, Brot
       und Seife“ folgen.
       
       Die Union will auch das europäische Asylrecht weiter verschärfen. Jeder,
       der in Europa Asyl beantragt, soll in einen sicheren Drittstaat außerhalb
       der EU gebracht werden. Dort soll nicht nur das Verfahren durchgeführt
       werden, die Menschen, die anerkannt werden, sollen auch dort bleiben. Ob
       das nach geltendem Recht überhaupt möglich ist, ist mehr als umstritten.
       Auch ist bislang völlig unklar, welches Nicht-EU-Land dazu bereit wäre.
       
       Auch den Kurs gegenüber Geflüchteten aus der von Russland angegriffenen
       Ukraine will die Union verschärfen. Neu ankommende Geflüchtete sollen nicht
       mehr Bürgergeld erhalten, sondern Leistungen nach dem
       Asylbewerberleistungsgesetz, die geringer sind.
       
       Die Möglichkeit, in Ausnahmefällen bereits nach drei Jahren eingebürgert zu
       werden, und die generelle Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft
       sollen rückgängig gemacht werden. Beides hatte die Ampel eingeführt.
       
       ## Energie und Klima
       
       Die Union bekennt sich zum Pariser Klimaabkommen und dem Ziel der
       Klimaneutralität bis 2045. Als zentrales Werkzeug sieht sie dabei die
       CO2-Bepreisung. Sie will Stromsteuer und Netzentgelte senken und so den
       Strom „für alle schnell und spürbar günstiger“ machen. Netze, Speicher und
       „alle Erneuerbaren“ sollen ausgebaut werden. [4][An der „Option
       Kernenergie“ will die Union festhalten]. Dabei setzt sie vor allem auf
       Forschung – etwa zur Kernfusion.
       
       Auch die Prüfung, ob die zuletzt abgeschalteten AKWs wieder ans Netz gehen
       können, findet sich im Programmentwurf. Dabei sagen Expert*innen und
       auch Betreiber, dass dies unter anderem aus wirtschaftlichen Gründen gar
       nicht möglich ist. Das Heizungsgesetz der Ampel will die Union abschaffen,
       unklar bleibt, was das für die Förderung beim Einbau etwa von Wärmepumpen
       bedeutet. Das Verbrennerverbot soll rückgängig gemacht werden und die
       Abgaben für die Luftfahrt gesenkt werden.
       
       ## Rente
       
       Zur Rentenpolitik betont die Union: „Wir halten an der bestehenden
       gesetzlichen Regelung zum Renteneintrittsalter fest.“ Damit weicht sie von
       ihrem neuen Grundsatzprogramm ab, in dem eine Anpassung des
       Renteneintrittsalters an die Entwicklung der Lebenserwartung gefordert
       wird. So wollen CDU und CSU Angriffe der SPD im Wahlkampf abwehren, die der
       Union Rentenkürzungen vorgeworfen hat.
       
       Die Union will eine sogenannte Aktivrente einführen, bei der die Personen,
       die über das gesetzliche Rentenalter hinaus freiwillig weiterarbeiten, das
       Gehalt erst ab 2000 Euro im Monat versteuern müssen. Zudem soll es eine
       „Frühstartrente“ geben. Der Staat soll für jedes Kind vom 6. bis zum 18.
       Lebensjahr pro Monat zehn Euro in ein kapitalgedecktes und
       privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot einzahlen.
       
       Das Bürgergeld will die Union wieder abschaffen. Bei so genannten
       Totalverweigerern will sie die Grundsicherung komplett streichen. „Wenn
       jemand grundsätzlich nicht bereit ist, Arbeit anzunehmen, muss der Staat
       davon ausgehen, dass er nicht bedürftig ist.“ Unklar ist, ob das rechtlich
       überhaupt möglich ist.
       
       Außenpolitik und Verteidigung 
       
       In der Außenpolitik werden verstärkte Sanktionen gegen Russland gefordert.
       Die Solidarität für die Ukraine wird betont – allerdings gibt es im
       Wahlprogramm nur ein Bekenntnis zur EU-Mitgliedschaft des Landes, nicht
       aber zu einem Nato-Beitritt. Zu Israel heißt es: „Israel stehen wir bei
       seinem legitimen Kampf gegen den Terror zur Seite.“ Zwei Prozent der
       Wirtschaftsleistung sind laut Programmentwurf eine „Untergrenze unserer
       Verteidigungsausgaben“, zu mehr bekennt sich die Union aber auch nicht.
       Eine „aufwachsende Wehrpflicht soll kommen“, dazu „perspektivisch“ ein
       verpflichtendes Gesellschaftsjahr.
       
       In Umfragen führt die Union derzeit deutlich. Kanzlerkandidat Merz kann
       sich deshalb Hoffnung machen, Olaf Scholz (SPD) abzulösen. CDU und CSU
       dürften aber auf einen Koalitionspartner angewiesen sein, dafür kommen
       derzeit nur die SPD und die Grünen in Frage, [5][auch wenn CSU-Chef Söder
       letzteres ausschließt]. Beide Parteien lehnen etliche der im Wahlprogramm
       genannten Forderungen oder Versprechen ab.
       
       14 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [2] /Schuldenbremse-Debatte-in-Union/!6053623
 (DIR) [3] /Debatte-um-Asyl-und-Migration/!6033837
 (DIR) [4] /Energieplaene-der-Union/!6045460
 (DIR) [5] /Schwarz-Gruen-als-Option-nach-der-Wahl/!6051520
       
       ## AUTOREN
       
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