# taz.de -- Oligarch vor Gericht: Putins Mann in Moldau interessiert sich fürs Gesetz
       
       > Ilan Șor tut alles, um den moldauischen Staat auf Russland auszurichten.
       > Die EU verhängte Sanktionen gegen ihn, er klagte. Ein Porträt.
       
 (IMG) Bild: Ilan Șor im Juni auf einem Kongress in Moskau
       
       Ilan Șor sorgt immer mal wieder für Schlagzeilen, so auch an diesem
       Mittwoch. Das Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg lehnte die
       Klage des moldauischen Oligarchen ab. Dieser hatte sich auf diesem Wege
       elegant der Sanktionen entledigen wollen, die die EU 2023 gegen ihn
       verhängt hatte.
       
       Dass ausgerechnet Șor vor Gericht geht, um seine Rechte durchzusetzen, ist
       bemerkenswert, denn mit den Gesetzen nimmt es der 37-Jährige nicht so
       genau. Wo es keinen juristischen Graubereich beziehungsweise entsprechende
       Nischen gibt, werden Vorschriften umgegangen oder einfach gebrochen.
       
       Geboren wurde Șor am 6. März 1987 in Tel Aviv, in den 90er Jahren kehrte
       seine Familie jedoch nach Moldau zurück. Sein Vater Miron war Geschäftsmann
       und in den Bereichen Duty Free sowie Reisen aktiv. Nach dessen Tod 2005
       übernahm der damals 18-jährige Șor das Familienunternehmen „Șor-Holding“
       und expandierte. Er kaufte mehrere Fernsehsender, eine Versicherungsagentur
       sowie den moldauischen Fußballclub FC Milsami Orhei.
       
       2015 wurde er zum Bürgermeister der Kleinstadt Orhei gewählt, den Posten
       hatte er bis zum April 2019 inne. Zwei Jahre zuvor war Șor von einem
       moldauischen Gericht zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil
       er an dem größten Bankenbetrug in der Geschichte Moldaus maßgeblichen
       Anteil hatte. Dabei waren drei Geldinstitute um rund 1 Milliarde US-Dollar
       erleichtert worden. Einen Hausarrest, wo er auf das Ergebnis eines
       Berufungsverfahrens wartete, nutzte Șor 2019 zur Flucht nach Israel. 2023
       erhöhte ein Berufungsgericht die Gefängnisstrafe wegen Korruptionsvorwürfen
       auf 15 Jahre, Șors gesamtes Vermögen wurde eingefroren.
       
       ## Wähler*innenbestechung aus der Moskauer Portokasse
       
       Die Verstrickungen taten der Beliebtheit des zwielichtigen Oligarchen und
       zweifachen Vaters indes keinen Abbruch. Lange hielt er beim Ranking der
       beliebtesten Politiker*innen in Moldau stabil den dritten bzw. vierten
       Platz. Für seine gleichnamige Partei zog er 2019 (da befand er sich bereits
       im Exil) ins moldauische Parlament ein und wurde zwei Jahre später
       wiedergewählt. Die offen prorussische Partei existiert nicht nicht mehr.
       Sie wurde 2023 per Urteil des Verfassungsgerichts [1][verboten] und kurz
       darauf aufgelöst. Ein Vorwurf lautete, die Partei habe in Moldau
       wochenlange Massenproteste gegen die proeuropäische Regierung mit
       organisiert und finanziert.
       
       Derzeit lebt Șor in Moskau und besitzt seit Mai dieses Jahres auch noch die
       russische Staatsbürgerschaft. Von der russischen Hauptstadt aus lief er vor
       der diesjährigen Präsidentenwahl in Moldau zu Hochform auf. Sie fand
       zeitgleich mit einem Referendum über die Festschreibung einer europäischen
       Perspektive in der Verfassung statt.
       
       Nach der Devise, das Land maximal destabilisieren, was selbstredend im
       ureigensten Interesse Moskaus ist, soll er im großen Stil über ein weit
       verzweigtes kriminelles Netzwerk Wähler*innen mit Geldern in Höhe von
       umgerechnet von knapp 14 Millionen Euro aus der Moskauer Portokasse
       bestochen haben. Besonders dankbare Abnehmer*innen fanden sich in
       [2][Gagausien]. Die autonome Region blickt traditionell in Richtung Kreml,
       viele Menschen leben an der Armutsgrenze.
       
       Es ist kaum vorstellbar, dass Șor, trotz der Niederlage vor dem Luxemburger
       EU-Gericht, seine subversiven Störfeuer künftig einstellen wird. Im
       kommenden Jahr finden in Moldau Parlamentswahlen statt. Wir dürften also
       bald wieder etwas von Șor hören. Mutmaßlich nichts Gutes.
       
       18 Dec 2024
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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