# taz.de -- Neue EU-Kennzeichnungspflicht: Beim Weintrinken Kalorien zählen?!
       
       > Glühwein, Sekt, erlesener Roter: Neuerdings müssen Winzer Zutaten und
       > Nährwerte auf ihren Flaschen angeben. Was bringt das?
       
 (IMG) Bild: Da gib tes viel zu lesen: Etiketten auf Weinflaschen
       
       Berlin taz | Winzer entwickeln neue Etiketten für ihre Weine, auch für
       ihren Sekt: Denn die Hersteller von Wein, Schaumwein und aromatisierten
       Weinerzeugnissen wie Glühwein müssen nach einer EU-Vorgabe jetzt auf ihren
       Flaschen angeben, wie viele Kalorien im Getränk steckt, dazu genauere
       Nährwerte und die Zutaten nennen. Das gilt für alle in Europa verkauften
       Weine, die nach dem 8. Dezember 2023 hergestellt wurden. Abgesehen von
       wenigen Eis- und Schaumweinen ist davon nun erstmals der Jahrgang 2024
       betroffen. Noch lagert davon viel in den Kellern der [1][Weingüter]. Nach
       und nach werden die Labels aber immer häufiger zu sehen sein.
       
       Der Kopf brummt, der Magen grummelt, der Kater lässt einen kaum klar
       denken. Alkohol, zumal in Mengen, hat ohnehin unangenehme Nebenwirkungen.
       Das ist alles andere als ein Geheimnis. Viele Menschen, vor allem jüngere,
       trinken längst weniger Wein als noch vor Jahren. Die Deutsche Gesellschaft
       für Ernährung rät sogar ganz vom Alkohol ab. Demnach gibt es keine
       gesundheitlich unbedenkliche Menge, sondern erhöht jeder Schluck das Risiko
       einer Krebserkrankung. Und dass Alkohol dick macht, ist auch immer wieder
       zu hören.
       
       „Viele wissen aber nicht, wie kalorienreich Alkohol ist“, sagt Armin Valet,
       Ernährungsexperte bei der Verbraucherzentrale Hamburg: „Ein Gramm reiner
       Alkohol enthält 7 Kilokalorien. Das ist nur etwas weniger als bei einem
       Gramm puren Fetts und fast doppelt so viel wie bei einem Gramm Zucker.“ Ein
       Gramm Fett hat 9 Kilokalorien, ein Gramm Kohlenhydrate, das ist Zucker, 4.
       Wein ist allerdings kein reiner Alkohol.
       
       Antje Gahl, die Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, hat
       weitere gewichtige Werte. Sie rechnet vor: „Wer 200 Milliliter Sekt oder
       Champagner trinkt, also so ein übliches Glas voll, nimmt im Schnitt 166
       Kilokalorien auf. Das ist vergleichbar einem kleinen Lebkuchen ohne
       Schokobezug. Bei Rot- oder Weißwein sind es bei selber Menge 146, bei einer
       Weißweinschorle 73, bei Glühwein 220.“
       
       ## Je süßer, desto kalorienreicher der Wein
       
       Grundsätzlich gelte: Je lieblicher der Wein oder je höher der
       [2][Alkoholgehalt], umso mehr Kalorien. Zum Vergleich erklärt die Expertin
       noch: „In einem halben Liter Pils stecken 212 Kilokalorien, in derselben
       Menge Radler, also halb Bier, halb Limo, 170, im alkoholfreien Bier 128.“
       Auch Cocktails haben es in sich. Gahl: „200 Milliliter Caipirinha haben 394
       Kilokalorien, Aperol Spritz 189.“
       
       Auf den Verpackungen etwa für Mehl, Fertigpizza, Schokoriegel müssen schon
       seit langem die Nährwerttabellen mit Angaben zu Kohlenhydraten, Zucker,
       Fett und so fort abgedruckt werden. Für alle Getränke mit einem
       Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent galten Ausnahmen. Herstellern
       steht natürlich immer frei, ihre Produkte dennoch entsprechend zu
       kennzeichnen. So steht es etwa auch auf manchen Bieren. Aber sonst ist das
       eher selten.
       
       Darum sei es gut, dass zumindest Weinflaschen jetzt andere Etiketten
       bekämen, dafür das europäische Weinrecht geändert worden sei, sagt
       Verbraucherschützer Valet – auch wenn ihm die neuen Regeln nicht weit genug
       gehen. Denn beim Wein gibt es anders als bei den Nährwertangaben für andere
       Lebensmittel eine Spezialität – den Buchstaben „E“, der den Energiegehalt
       markieren kann. Das liest sich dann auf der Rückseite der Flasche zum
       Beispiel so: „E in 100 ml 321 kJ/77 kcal“. kJ steht für Kilojoule, kcal für
       Kilokalorie – alles berechnet für das kleine 100-Milliliter-Glas Wein,
       nicht für das bisher noch eher gewöhnliche mit 200 Milliliter.
       
       Die Hersteller müssen jedenfalls nicht die vollständige Nährwerttabelle
       abdrucken und außer enthaltener Stoffe, die Allergien auslösen können, auch
       nicht die Zutatenliste. Sie können stattdessen ein E-Label abdrucken, einen
       QR-Code. Dieses schwarz-weiße Quadrat muss mit dem Handy scannen, wer es
       genauer wissen will. Die Kunden werden dann auf eine Internetseite geführt,
       auf denen die Hersteller ihre entsprechenden Angaben machen.
       
       ## EU kam Winzern entgegen
       
       Damit kam die EU den Winzern entgegen, die fürchteten, dass ihre Etiketten
       viel zu voll gepackt würden mit Informationen. „Aber wer scannt schon von
       verschiedenen Flaschen den Code, um die Produkte dann miteinander zu
       vergleichen?“, moniert Valet. Vor dem Regal auf die Schnelle zwei Weine
       nach Nährwert und Zutaten zu vergleichen, werde damit schwer.
       
       Wäre in diesem Sinne nicht eine grün-gelb-rote Nährwert-Ampel auf dem Wein
       das Beste? Dieser sogenannte [3][Nutri-Score] prangt bereits auf
       verschiedenen Lebensmitteln, auch wenn er nicht verpflichtend ist. Damit
       sollen im Supermarktregal die besonderen Kalorienbomben innerhalb einer
       Produktgruppe auf einen Blick erkannt werden können, ein dunkelgrünes A
       markiert: günstig, eine rotes E: Finger davon lassen. Doch bei Wein mache
       so eine Ampel keinen Sinn, erklärt Valet: „Denn Alkohol ist nie zu
       empfehlen, Kaloriengehalt hin oder her.“ Das sei anders als etwa bei Chips,
       wo eine Handvoll nicht gleich schade.
       
       25 Nov 2024
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hanna Gersmann
       
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