# taz.de -- Prozess wegen Rechtspopulismus-Vorwürfen: Neue Niederlage der „Freien Bauern“ gegen Forscherin
       
       > Ein Oberlandesgericht lehnt eine „Gehörsrüge“ des Agrarverbands ab. Damit
       > darf Janna Luisa Pieper ihn weiter als „rechtspopulistisch“ bezeichnen.
       
 (IMG) Bild: Bauernproteste in Berlin am 15. Januar 2024: „Stirbt der deutsche Bauerstand, stirbt auch das deutsche Vaterland“
       
       Berlin taz | Die Freien Bauern sind mit einer „Gehörsrüge“ gegen [1][ein
       Urteil] gescheitert, demzufolge eine Wissenschaftlerin den
       Agrarunternehmerverband als „rechtspopulistisch“ bezeichnen darf. Das
       Oberlandesgericht Naumburg teilte der taz auf Anfrage mit, es habe einen
       entsprechenden Antrag der Lobbyfirma zurückgewiesen. „Damit ist das
       Verfahren hier endgültig abgeschlossen“, so der Pressesprecher des
       Gerichts. „Das Urteil ist jetzt rechtskräftig.“
       
       Mit der Rüge wollte der Anwalt der Freien Bauern, Stephan Stiletto,
       erreichen, dass das Gericht das Verfahren gegen die Agrarsoziologin Janna
       Luisa Pieper weiterführt, obwohl das Urteil in zweiter Instanz eigentlich
       unanfechtbar ist. Dem hätten die Richter gemäß [2][Zivilprozessordnung] nur
       stattgeben dürfen, wenn sie „den Anspruch dieser Partei auf rechtliches
       Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt“ hätten.
       
       Die Freien Bauern kritisierten, das Urteil habe nicht ihr Argument
       berücksichtigt, Pieper habe bei dem Interview mit der Äußerung
       fälschlicherweise den Anschein erweckt, dass „ihrer Meinung
       [3][wissenschaftliche Erkenntnisse] zugrunde liegen“. Die Forscherin hatte
       aber nach eigenen Angaben bereits 2021 zu Radikalisierungstendenzen der
       Bauernproteste 2019/20 publiziert. Zudem habe sie im Rahmen von
       Gerichtsverfahren Tatsachenbelege aus ihren wissenschaftlichen Analysen
       angeführt, so Pieper. Das Gericht wies die Rüge mit dem Argument ab, es
       habe sehr wohl darauf hingewiesen, dass „auch ein Rundfunkinterview durch
       einen Wissenschaftler keine besondere Äußerungssituation ist, die zu einer
       Einschränkung der Meinungsfreiheit führt“.
       
       Das Oberlandesgericht hatte laut Beschluss vom 20. September die Berufung
       der Organisation gegen ein [4][Urteil des Landgerichts Halle] als
       offensichtlich unbegründet abgelehnt, wonach Pieper die
       „rechtspopulistisch“-Äußerung nicht per einstweiliger Verfügung zu
       verbieten ist. Demnach ist diese Meinungsäußerung durch die allgemeine
       Meinungsfreiheit gedeckt. Als Tatsachengrundlage genügte dem Landgericht
       zufolge, dass die Freien Bauern „sich mit plakativ vorgetragener Kritik an
       Bauerndemonstrationen gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung beteiligt“
       hätten.
       
       ## „Selbstgerechte liberale Oberschicht“
       
       Pieper argumentierte, dass gerade agrarpolitische Themen
       „rechtspopulistisch bearbeitet und kommuniziert werden“ könnten. So hätten
       die Freien Bauern in einer Pressemitteilung erklärt, in „der gegenwärtigen
       Agrarpolitik würden sich fast ausschließlich die weltfremden Ideologien
       einer selbstgerechten liberalen Oberschicht widerspiegeln“. In einer
       anderen Pressemitteilung sei von „Brüsseler Bürokraten“ die Rede, die „als
       grüne Ideologen“ einen „Vormachtsanspruch“ und das Ziel einer
       „schleichende[n] Enteignung“ verfolgen würden. Bei einer Demonstration in
       Brüssel habe ein Bundesvertretungsmitglied der Freien Bauern gesagt, es
       gebe „ein gigantisches Kartell aus Pseudowissenschaft und Medien, die den
       Menschen einreden, sie würden die Welt retten, wenn sie anstatt Milch,
       Fleisch und Eiern oder Fisch ein industrielles Designerfood fressen
       würden“.
       
       Die Freien Bauern konterten in Halle, ihr Programm beschäftigte sich nur
       mit der Agrarpolitik, aber nicht mit rechtspopulistischen Themen wie
       Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus oder angeblich korrupten Eliten. Die
       Organisation räumte allerdings ein, dass sie den Dialog mit Parteien und
       Gruppierungen „im gesamten politischen Spektrum“ suche, „um Schnittmengen
       zu finden“. Aber „ein Näheverhältnis“ zu Parteien meide man „gezielt“. Bei
       einer Demonstration in Berlin hätten sich die Freien Bauern „zur
       politischen Neutralität“ bekannt.
       
       11 Nov 2024
       
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