# taz.de -- Anpassung an den Klimawandel: Deiche nur für Reiche
       
       > Die Gelder zur Anpassung von Entwicklungsländern an die Erderhitzung
       > reichen nicht aus, stellt ein UN-Bericht fest. Helfen könnte etwas
       > anderes.
       
 (IMG) Bild: Ohne Hochwasserschutz: Überschwemmungen im August in Feni in Bangladesch
       
       Berlin taz | Die Gelder für Klimaanpassung aus dem Globalen Norden für den
       Globalen Süden sind von 2021 auf 2022 um sechs Milliarden US-Dollar
       gestiegen, der größte prozentuale und absolute Anstieg bislang. Das stellt
       der UN-Klimaanpassungsbericht fest, der vom UN-Umweltprogramm UNEP am
       Donnerstag veröffentlicht wurde.
       
       Unter Klimaanpassung werden [1][vorbeugende Maßnahmen zusammengefasst], die
       zum Beispiel wegen steigender Temperaturen, häufigeren
       Extremwetterereignissen oder größeren Niederschlagsmengen notwendig werden.
       
       Damit erreicht die Hilfe aus den Industrieländern zwar 28 Milliarden
       US-Dollar. Modellierungen des UNEP zufolge werden Anpassungsmaßnahmen aber
       215 Milliarden US-Dollar kosten. Berechnet man dagegen, wie viel
       Unterstützung aus dem Globalen Norden nötig wäre, um diese Maßnahmen
       umzusetzen, kommt man laut dem UNEP auf 387 Milliarden US-Dollar. Der große
       Unterschied entsteht aus den verschiedenen Annahmen, die den Berechnungen
       zugrunde liegen.
       
       Die UNEP-Chefin Inge Andersen sagte bei der Vorstellung des Berichts, der
       Klimawandel „verwüstet schon jetzt weltweit Dörfer und Städte, besonders
       die ärmsten und gefährdetsten.“ Menschen, ihr Lebensunterhalt und die
       Natur, von der sie abhängen, seien in ernsthafter Gefahr durch die Folgen
       des Klimawandels: „Wenn wir nicht handeln, ist das nur eine Vorschau auf
       das, was in Zukunft passieren wird.“ Darum sei es nicht zu entschuldigen,
       sich jetzt nicht ernsthaft an den Klimawandel anzupassen.
       
       ## Schuldenerlasse könnten eine Lösung sein
       
       Im Bericht schreiben die Wissenschaftler*innen, dass die jährlichen
       Zinszahlungen der Entwicklungsländer höher seien, als die notwendigen
       Gelder für Klimaanpassung. Durch Schuldenerlasse könne also ein großer Teil
       der nötigen Investitionen finanziert werden.
       
       Bislang sind den Autor*innen zufolge Klimaanpassungsmaßnahmen selten
       ambitioniert genug. Die Staaten reagierten häufig nur auf den Klimawandel,
       zum Beispiel wenn Sturmfluten häufiger auftreten und deswegen Deiche
       ausgebaut werden müssen.
       
       Stattdessen sollten die Maßnahmen miteinbeziehen, dass die Welt mit den
       gegenwärtig geplanten Klimaschutzanstrengungen [2][auf 2,6 bis 3,1 Grad
       Erderhitzung zusteuert], schreiben die Forscher*innen. Die Regierungen und
       Verwaltungen sollten deswegen vorausschauender planen, statt nur zu
       reagieren. Immerhin haben dem Bericht zufolge inzwischen 87 Prozent der
       Länder einen oder mehrere Klimaanpassungspläne.
       
       Das UNEP warnt davor, Klimaanpassung auf die gleiche Weise anzugehen wie
       Emissionsminderung, also auf technische Lösungen zu setzen und sich auf die
       Bereiche zu konzentrieren, die am leichtesten zu finanzieren sind.
       
       Um weniger Treibhausgase auszustoßen, ist es zum Beispiel für
       Entwicklungsländer recht billig, Öl-Kraftwerke durch Solarkraftwerke zu
       ersetzen, weil Öl teuer und Solarenergie billig ist. Solarbetriebene
       Bewässerungsanlagen für Regionen, in denen Dürren häufiger auftreten
       werden, sind dagegen in der Anschaffung und in der Wartung teuer. Notwendig
       können sie trotzdem sein.
       
       ## UNEP: Die reichen Länder sollen finanzieren
       
       Nur ein Drittel der Kosten für nötige Maßnahmen fallen dem UNEP-Bericht
       zufolge in Bereichen an, wo sich üblicherweise private
       Anpassungsinvestitionen lohnen. Dazu gehören zum Beispiel Investitionen in
       die kommerzielle Landwirtschaft, Wasserversorgung und Infrastruktur. Den
       Rest müsse der öffentliche Sektor abdecken, schreiben die Autor*innen. In
       reichen Ländern habe der Staat dafür die nötigen Kapazitäten, in ärmeren
       Ländern dagegen meist nicht.
       
       Das UNEP drängt deswegen darauf, dass die reichen Länder einen Großteil der
       Finanzierung übernehmen. Das sei auch so in der UN-Klimarahmenkonvention
       vereinbart. Dort haben sich die Länder der Welt darauf geeinigt, dass „der
       Verschmutzer zahlt“. Die Entwicklungsländer sind für weit weniger
       Treibhausgasemissionen verantwortlich als die Industriestaaten, sind aber
       häufig stärker von den Folgen der Erderhitzung betroffen.
       
       Die Autor*innen des Berichts fordern deshalb die Industriestaaten auf,
       [3][ihre Finanzierungsziele für Klimaanpassung] auf der UN-Klimakonferenz
       hochzustecken. Die Konferenz beginnt kommende Woche in Baku. Ein zentrales
       Thema wird ein neues Gesamtziel für die Klimafinanzierung sein, von der die
       Klimaanpassung nur ein Teil ist.
       
       7 Nov 2024
       
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