# taz.de -- Vor den Wahlen in Botswana: Krieg der politischen Elefanten im Land der Diamanten
       
       > Erst verklagte Botswanas Präsident Masisi seinen Vorgänger Khama. Jetzt
       > verklagt Khama Masisi. Am Mittwoch wird gewählt.
       
 (IMG) Bild: Botswanas Präsident Masisi inspiziert den größten jemals im Land gefundenen Rohdiamanten, den zweitgrößten der Weltgeschichte
       
       Gaborone taz | Am Mittwoch wählt Botswana ein neues Parlament und Präsident
       Mokgweetsi Masisi hofft auf die Bewahrung seiner Mehrheit und eine zweite
       Amtszeit. Sein Hauptgegner ist jemand, der das Präsidentenamt gar nicht
       anstrebt: sein Vorgänger General [1][Ian Khama], der im September aus dem
       südafrikanischen Exil zurückkehrte.
       
       Seit der Unabhängigkeit 1966 regiert in Botswana die BDP (Botswana
       Democratic Party), gegründet von Sir Seretse Khama. Mit seiner englischen
       Frau Ruth Williams an seiner Seite regierte er als Präsident bis 1980. Sohn
       Ian Khama wurde Armeechef, Vizepräsident und 2008 Präsident. 2018 folgte
       ihm sein Vizepräsident Masisi.
       
       Khama war ein engagierter Naturschützer und verfügte ein Verbot der
       [2][Elefantenjagd]; Masisi hat dieses Verbot gekippt, [3][obwohl die Jagd
       streng reglementiert bleibt]. Aber das ist nicht der Hauptgrund für den
       erbitterten Streit zwischen den beiden.
       
       Im Jahr 2019 warf die Regierung Masisi Expräsident Ian Khama und seiner
       südafrikanischen Freundin Bridgette Motsepe-Radebe vor, das Land um über 10
       Milliarden US-Dollar betrogen zu haben – das wäre fast die Hälfte des
       botswanischen BIP. Das Geld soll in Auslandskonten weltweit gelandet sein.
       
       ## Milliardenvorwürfe gegen Khama
       
       Bridgette Motsepe-Radebe ist eine reiche Geschäftsfrau – und ihre Schwester
       Tshepo Motsepe ist die Ehefrau von Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa,
       also Südafrikas First Lady.
       
       2018, beim BDP-internen Kampf um Ian Khamas Nachfolge als Präsident, hatte
       der scheidende Präsident nicht seinen Vize Masisi unterstützt, sondern
       einen erfolglosen Rivalen, und Bridgette Motsepe-Radebe soll sich dafür
       finanziell engagiert haben. Als Masisi sich durchsetzte, sagte sich Khama
       von der BDP los. Fünf Tage nach den Wahlen 2019, die die BDP – nunmehr
       unter Masisis Führung – an der Macht bestätigten, tauchten die
       Milliardenvorwürfe gegen Khama und Motsepe-Radebe auf.
       
       Die schwerreiche Südafrikanerin blieb nicht untätig. Sie heuerte die
       Anwaltskanzlei von Cherie Blair, Ehefrau des britischen Expremiers Tony
       Blair, und die ehemalige südafrikanische Generalstaatsanwältin Thuli
       Madonsela für eine Gegenermittlung an. Diese stellte 2020 fest, dass die
       Vorwürfe unhaltbar seien und es keine Belege für Verschwinden von Geldern
       aus Botswanas Staatskassen oder illegale Einzahlungen auf den genannten
       ausländischen Banken gebe.
       
       Der Fall landete or dem High Court in Botswanas Hauptstadt Gaborone, und
       dieser urteilte im August 2021, die Vorwürfe seien „absichtlich fabriziert“
       worden. Botswanas Regierung ging in Berufung und verlor.
       
       ## Seit 58 Jahren kein Putsch und keine Diktatur
       
       Ian Khama zog daraufhin nach Südafrika und erklärte, in Botswana sei sein
       Leben in Gefahr. Botswanas Justiz stellte einen Haftbefehl gegen ihn wegen
       illegalen Waffenbesitzes aus und er blieb im Exil.
       
       Aber am 13. September dieses Jahres stieg er in Südafrika in ein Auto, fuhr
       über die Grenze nach Botswana und stellte sich den Behörden. Der Haftbefehl
       gegen ihn wurde aufgehoben und das Verfahren bis nach den Wahlen vom 30.
       Oktober vertagt.
       
       Jetzt befindet sich Khama also mitten im Wahlkampf wieder in Botswana, als
       Erzfeind des amtierenden Präsidenten. Am 16. Oktober forderte die von ihm
       beauftragte Anwaltskanzlei Mack Bahuma in Gaborone in einen Brief an
       Botswanas Generalstaatsanwaltschaft, die für die Vorwürfe von 2019
       verantwortlichen Amtsträger vor Gericht zu stellen. In der Schlussphase des
       Wahlkampfes ist das ein riskanter Spielzug gegen den Präsidenten.
       
       Botswana ist eines der wenigen Länder Afrikas, das seit der Unabhängigkeit
       vor 58 Jahren nie einen Putsch oder eine Diktatur erlebte. Aber nun
       überschattet der bittere persönliche Streit zwischen Masisi und Khama diese
       Errungenschaften.
       
       ## Diamanten als Wahlkampfthema
       
       Er überschattet auch den Wahlkampf. Die BDP tritt zurückhaltend auf und
       Präsident Masisi ist kaum zu sehen. Gerüchte, er sei krank, dementiert das
       Präsidialamt.
       
       Viel sichtbarer auf den Straßen ist die Oppositionskoalition UDC (Umbrella
       for Democratic Change) unter dem US-ausgebildeten Juristen Duma Boko. Er
       hält quer durch das Land Großkundgebungen ab.
       
       Bokos Hauptthema ist der Umgang mit Botswanas Diamantenreichtum – Botswana
       ist der zweitgrößte Diamantenförderer der Welt, nach Russland. Die
       Diamantenmine betreibt die Firma Debswana, das Joint Venture zwischen dem
       botswanischen Staat und der südafrikanischen Bergbaufirma De Beers, die
       historisch die Produktion weltweit vermarktet – lange Zeit in London, seit
       2013 in Gaborone.
       
       Der Diamantenbergbau ist aber global in der Krise, da industriell
       produzierte Fabrikdiamanten billiger sind als natürliche Diamanten und von
       diesen kaum noch zu unterscheiden sind. Ihr Marktanteil am Diamantenschmuck
       in den USA ist zwischen 2018 und 2023 von zwei auf 40 Prozent gestiegen.
       
       ## Bergbaugigant will verkaufen
       
       Der südafrikanisch-britische Bergbaugigant Anglo American, dem De Beers
       seit 2021 gehört, will daher nun verkaufen. Ein erstes Übernahmeangebot des
       australischen Bergbauriesen BHP in Höhe von 49 Milliarden US-Dollar wurde
       abgelehnt, die Zukunft von De Beers und Debswana ist offen.
       
       Botswanas Oppositionsführer Boko wirbt nun mit der Idee, ein globales
       Konsortium mit Sitz in Gaborone zu errichten, um De Beers zu erwerben. In
       Bokos Zukunftsvision kontrolliert Botswana seinen Diamantenreichtum
       komplett selbst und lockt mit Steuersenkungen Investoren und Start-Ups ins
       Land, was eine Diversifizierung der auf Bergbau und Tourismus
       konzentrierten Wirtschaft ermöglicht. Eine Politik, die zu den
       dominierenden Wahlkampfthemen passt: sinkender Lebensstandard, Inflation,
       steigende Jugendarbeitslosigkeit.
       
       29 Oct 2024
       
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