# taz.de -- BSW in Sachsen und Thüringen: Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
       
       > BSW-Chefin Wagenknecht mischt sich in die Regierungsgespräche im Osten
       > ein. Koalitionen gibt es wohl nur, wenn sich ihre Landesverbände
       > emanzipieren.
       
       Dresden taz | Am Freitag demonstrierten die wahrscheinlichen Thüringer
       Koalitionspartner [1][bei der Vorstellung ihres Sondierungspapiers] noch
       Eintracht. Übers Wochenende wich diese bei CDU, BSW und SPD dann der
       Ernüchterung. Zwar stimmten die Landesvorstände von Union und SPD dem
       Grundlagenpapier für Koalitionsverhandlungen zu. Bei der Vorstandssitzung
       des nach ihr benannten BSW war aber Sahra Wagenknecht aus Berlin zumindest
       zugeschaltet – und zeigte, wer die Chefin ist.
       
       Die bloße Absichtserklärung, Friedensfragen in Europa in der Präambel eines
       Koalitionsvertrages zu erwähnen, genügt ihr nicht. Dem Spiegel sagte sie,
       eine Passage gegen die Stationierung neuer US-Raketen und gegen weitere
       Waffenhilfe für die Ukraine müsse ins Papier. Außerdem fordert Wagenknecht,
       die Thüringer CDU solle sich von Bundesparteichef Friedrich Merz und seiner
       jüngsten „entsetzlichen Rede“ gegen den Aggressor Russland distanzieren.
       
       Die so in Verlegenheit gebrachte [2][Thüringer BSW-Landesvorsitzende Katja
       Wolf] zog sich geschickt aus der Affäre. Es ginge nicht ohne Kompromisse,
       bei denen „alle in eine saure Zitrone beißen müssen“, sagte sie bei Zeit
       Online. Eine komplette Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine könne
       man CDU und SPD nicht abverlangen. „Es gibt in Thüringen keine Alternative
       zu einer stabilen Landesregierung“, so Wolf weiter. „Frau Wagenknecht weiß,
       wie ich ticke.“
       
       Der CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzende Mario Voigt, der Ministerpräsident
       werden möchte, zeigte sich demonstrativ gelassen und verwies auf die
       ohnehin fällige Einigung auf eine Präambel im Koalitionsvertrag. Giftiger
       äußerte sich SPD-Landeschef und Noch-Innenminister Georg Maier: „Mir ist es
       wichtig, dass getroffene Absprachen nicht durch Berliner Parteitaktik in
       Frage gestellt werden.“ Beide stimmen aber Nachverhandlungen zu.
       
       Weit schärfer ging am Montag der noch amtierende Ministerpräsident Bodo
       Ramelow mit seiner ehemaligen Genossin ins Gericht. „Die Zarin und der
       Saarländer haben den kommunistischen Kadavergehorsam tief verinnerlicht“,
       spielte er gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland auf Wagenknecht und
       ihren Ehemann Oskar Lafontaine an. Und erinnerte indirekt an den Saarländer
       Erich Honecker, der als DDR-Staatschef auch nur die Befehle aus Moskau
       exekutiert habe.
       
       Ähnliche Vergleiche kursieren auch in Sachsen unter BSW-Gegnern und
       Journalisten, die in ihrer Schulzeit noch Lenins Schrift „Was tun?“
       studieren mussten. Darin umreißt der russische Revolutionsführer das Modell
       der „Partei neuen Typus“, einer zentralistisch geführten Kaderpartei. Davor
       warnt ein offener Brief älterer sächsischer CDU-Amtsträger und bringt
       offene Gespräche mit der AfD ins Spiel.
       
       „Mit einer vergleichenden Analyse, aus der hervorgeht, was die AfD so viel
       gefährlicher macht als das BSW, ist die CDU bisher nicht hervorgetreten“,
       heißt es darin. Unterzeichnet haben unter anderen der frühere
       CDU-Generalsekretär und Landwirtschaftsminister Frank Kupfer, der frühere
       Minister und Landtagspräsident Matthias Rößler und der ehemalige
       Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz.
       
       Ein Affront gegen Ministerpräsident Michael Kretschmer und die bislang
       ausschließlich mit dem BSW und der SPD verhandelnden Parteispitzen. „Wenn
       mit der AfD, dann nicht mit mir“, stellte Kretschmer nochmals klar. Die
       bislang nicht eingebundenen Abgeordneten und die Parteibasis stimmen ihm
       darin überwiegend zu.
       
       In Sachsen beginnen erst am Dienstag die Sondierungsgespräche. Aber auch
       hier funkt Wagenknecht hinein. Sie fordert ein Amnestiegesetz für
       Bußgelder, die wegen Verstößen gegen Coronaschutzmaßnahmen verhängt wurden.
       Einen entsprechenden Untersuchungsausschuss kann die AfD am kommenden
       Freitag allein durchsetzen.
       
       21 Oct 2024
       
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