# taz.de -- Scholz besucht Erdoğan: Waffenlieferung? Ganz normal!
       
       > Die Türkei kauft Rüstungsgüter für 100 Millionen Euro aus Deutschland.
       > Und Scholz verkauft damit im Gegenzug jegliche Werte der deutschen
       > Außenpolitik.
       
 (IMG) Bild: Ziemlich beste Freunde: Scholz und Erdoğan am Sonntag in Istanbul
       
       Menschenrechte, Pressefreiheit und Rechtsstaat? Das war einmal. Inzwischen
       sind Rüstungsexporte, Flüchtlingsabwehr und ein gemeinsames
       Krisenmanagement im Nahen Osten und der Ukraine die deutsch-türkischen
       Themen.
       
       So jedenfalls ließe sich der Eindruck zusammenfassen, den der deutsche
       Kanzler Olaf Scholz bei seinem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep
       Tayyip Erdoğan am Samstag in Istanbul hinterlassen hat. Erinnert man sich
       an die Auseinandersetzungen zwischen beiden Regierungen im Anschluss an den
       gescheiterten Putschversuch gegen Erdoğan 2016, ist es schon erstaunlich,
       wie sehr Scholz nun seine Einigkeit mit Erdoğan betont.
       
       Jahrelang ging es um verhaftete Journalisten, um mangelnde
       Rechtsstaatlichkeit der Erdoğan-Regierungen im Umgang mit ihren
       KritikerInnen und die Repression gegen die türkische Zivilgesellschaft
       insgesamt. All das hat sich ja nicht verändert, nur offiziell wird nicht
       mehr darüber geredet. Stattdessen stellt Scholz nun umfangreiche
       Waffenlieferungen an die Türkei als völlig normal dar. Und auch die weitere
       Finanzierung Erdoğans als Grenzwächter gegen Flüchtlinge, die von der
       Türkei aus nach Europa wollen, ist selbstverständlich.
       
       ## Geflüchtete, Russland, Brics als Drohszenario
       
       Das hat innen- und außenpolitische Gründe. Griechenland, Deutschland und
       die EU insgesamt haben heute noch mehr als vor ein paar Jahren, als Merkel
       den EU-Türkei Flüchtlingsdeal einfädelte, ein gesteigertes Interesse daran,
       dass Erdoğan die Flüchtlinge aufhält.
       
       Noch entscheidender dürfte aber die „Zeitenwende“ durch den russischen
       Krieg gegen die Ukraine sein. Da die Nato insgesamt davon ausgeht, dass
       Russland selbst nach einem Frieden mit der Ukraine auf Dauer die größte
       militärische Herausforderung bleiben wird, soll verhindert werden, dass die
       Türkei in das russisch-chinesische Lager abdriftet.
       
       Dass die Türkei auf dem am Dienstag beginnenden Brics-Gipfel in Russland
       einen Beitritt beantragen will, hat die Alarmglocken bei Scholz offenbar
       laut klingeln lassen.
       
       20 Oct 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) Waffenlieferung
 (DIR) Olaf Scholz
 (DIR) Menschenrechte
 (DIR) GNS
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) BRICS
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) Recep Tayyip Erdoğan
 (DIR) Schwerpunkt Pressefreiheit
 (DIR) Handelsstreit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Türkei auf dem Brics-Gipfel: Erdogan will auf beiden Seiten des Tisches sitzen
       
       Der türkische Präsident kommt zum Brics-Gipfel. Er hofiert aber nicht
       Putin, sondern verfolgt eigene Ziele.
       
 (DIR) Putins Brics-Gipfel in Kasan: Club der falschen Freunde
       
       Die Welt zu Gast – ausgerechnet beim russischen Diktator. Die Bilder können
       aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Brics-Staaten nur wenig eint.
       
 (DIR) Nachruf auf Fethullah Gülen: Das Ende von Erdoğans Erzfeind
       
       Der Chef der wichtigsten islamischen Bewegung der Türkei wurde vom
       Mitstreiter des Präsidenten zu seinem Widersacher. Nun ist Fethullah Gülen
       gestorben.
       
 (DIR) Umbau der Schulen in der Türkei: Mohammed statt Atatürk
       
       Erdoğan setzt den Umbau der Türkei fort. An Schulen gilt künftig ein
       Lehrplan, der Kinder zu „nationalbewussten, gläubigen Patrioten“
       heranziehen soll.
       
 (DIR) Kurdischer Journalist über Pressearbeit: „Der Türkei ein Dorn im Auge“
       
       Der kurdische Journalist Rêbîn Bekir spricht über Angriffe auf kritische
       Reporter:innen im Nordirak. Er selbst überlebte nur knapp einen
       Anschlag.
       
 (DIR) Internationale Beziehungen: Global bescheidener auftreten
       
       Die Welt ist zu komplex, um vom „Westen“ versus Autokratien zu reden. Diese
       Arroganz ist bei der Suche nach neuen Partnern wenig dienlich.