# taz.de -- Wirtschaftsnobelpreis: Ausgezeichnete Binsenweisheit
       
       > Der Wirtschaftsnobelpreis geht an Daron Acemoglu, Simon Johnson und James
       > A. Robinson. Sie haben die Gründe für Wohlstand erforscht.
       
 (IMG) Bild: Daron Acemoglu, einer der drei Preisträger, am 14.10.2024 in Athen
       
       Berlin taz | Ein starker Staat ist wichtig für die Wirtschaft. Ohne eine
       funktionierende Demokratie mit entsprechenden Institutionen gibt es
       langfristig auch [1][kein Wachstum]. Für viele mag das wie eine
       Binsenweisheit klingen, für die Wirtschaftswissenschaften, in der lange
       Zeit Neoliberalismus und methodischer Individualismus vorherrschten und
       tonangebende Forscher*innen meinten, man müsse nur den Markt machen
       lassen, ist diese Erkenntnis nicht selbstverständlich. Der Königlich
       Schwedischen Akademie der Wissenschaften war sie dieses Jahr eines
       Wirtschaftsnobelpreises würdig.
       
       Die drei Ökonomen Daron Acemoglu, Simon Johnson und James A. Robinson
       erhielten die prestigeträchtige Auszeichnung für ihre Studien darüber, „wie
       Institutionen entstehen und den Wohlstand beeinflussen“, teilte die Jury am
       Montag mit. Daron Acemoglu, in Istanbul geboren, ist
       türkisch-amerikanischer Staatsbürger und lehrt wie sein aus Großbritannien
       stammender Kollege Simon Johnson am renommierten Massachusetts Institute of
       Technology (MIT). James Robinson lehrt an der Universität von Chicago.
       
       Damit sind alle diesjährigen Nobelpreise verliehen. Wobei
       Kritiker*innen allerdings gern anführen, dass der Wirtschaftsnobelpreis
       kein richtiger „Nobelpreis“ sei. Schließlich geht er nicht auf eine
       Stiftung des Erfinders Alfred Nobel zurück. Er geht auf eine Initiative der
       Schwedischen Zentralbank zurück und wird seit 1969 vergeben.
       
       Auch dass zuweilen umstrittene Ökonom*innen wie die neoliberalen
       Vordenker Milton Friedman und [2][Friedrich Hayek], die für ihre Nähe zum
       chilenischen Diktator Augusto Pinochet bekannt sind, den
       Wirtschaftsnobelpreis erhielten, steigerte nicht gerade sein Renommee. Der
       schwedische Ökonom Gunnar Mydal etwa, selbst 1974 mit dem Preis
       ausgezeichnet, schlug deswegen die Abschaffung vor.
       
       ## Acemoglu galt deutschen Ökonomen als Favorit
       
       Insbesondere Acemoglu galt auch unter deutschen Ökonom*innen als
       Favorit. „Die Auszeichnung ist hochverdient und passt exzellent in die
       gegenwärtige Zeit“, erklärte Moritz Schularick vom Institut für
       Weltwirtschaft (IfW). „Sie haben gezeigt, wie wichtig demokratische
       Institutionen wie etwa ein unabhängiges Rechtssystem sind, und damit
       untermauert, dass Demokratie und Wachstum eng miteinander verknüpft sind.“
       Ihre Arbeit mache somit auch klar, wie sehr der Populismus Europa und der
       Welt auch wirtschaftlich schadet.
       
       Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW),
       [3][Marcel Fratzscher], bezeichnete die drei Ökonomen als „würdige
       Nobelpreisträger“. Sie würden wichtige Bereiche der Sozialwissenschaften
       verbinden und könnten die Schwächung westlicher Demokratien erklären
       helfen, erklärte Fratzscher auf X. „Ihre Arbeit ist auch entscheidend für
       unser Verständnis, wieso Ungleichheiten in der Welt zum Teil weiter
       zunehmen und es gescheiterte Staaten und Volkswirtschaften gibt.“
       
       So handelt ihre Arbeit auch von der Geschichte des Kolonialismus. Die drei
       Forschenden gehen nämlich der Frage nach, warum aus manchen ehemaligen
       europäischen Kolonien prosperierende Staaten wurden, andere Kolonien im
       Globalen Süden aber ärmere Volkswirtschaften blieben. Acemoglu, Johnson und
       Robinson kamen zu dem Schluss, dass es zwei Arten von Kolonien gab: jene,
       in die viele Europäer*innen auswanderten, und jene, die weniger beliebt
       unter Auswander*innen waren. In letzteren Kolonien herrschte ein
       „extraktives“ ökonomisches System vor, das auf der Ausbeutung der indigenen
       Bevölkerung und der Ausnutzung natürlicher Ressourcen zum Wohle der
       Kolonialisten fußte.
       
       In Ländern, in die viele Siedler*innen auswanderten, wurden hingegen
       inklusive Institutionen benötigt, die die Siedler*innen dazu anregten,
       hart zu arbeiten und in ihr neues Heimatland zu investieren, so die
       [4][Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften]. „Dies wiederum
       führte zu Forderungen nach politischen Rechten, die ihnen einen Anteil am
       Gewinn verschafften.“
       
       14 Oct 2024
       
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