# taz.de -- Nichtwähler:innen in den USA: „Wozu brauche ich einen Präsidenten?“
       
       > Kampfplätze der Bürgerrechtsbewegung waren Alabama und Tennessee. Heute
       > sind in den USA theoretisch alle gleich – warum ist die Wahlbeteiligung
       > so gering?
       
       Jahrzehntelang lebten sie getrennt. In der Stahlmetropole Birmingham in
       Alabama, im Süden der USA, arbeiteten Schwarze und weiße Menschen getrennt.
       Sie aßen getrennt, sie spazierten in getrennten Parks. Das Leben der
       Schwarzen spielte sich in den Straßen um die 4th Avenue ab. Als Martin
       Luther King in die Stadt kam, wurde die 16th Street Baptist Kirche zum
       Schauplatz der Bürgerrechtsbewegung.
       
       Heute atmet man die Stadtgeschichte in der Gegend um die Schwarze Kirche
       wie in einem Freiluftmuseum ein, überall Hinweisschilder, Denkmäler,
       Museen. Die Kirche, ein großes Gebäude aus Backstein mit Rundbogenfenstern,
       führt damals wie heute ihre Gottesdienste durch. Greg, 57, und Vanessa
       Howard, 53, sitzen wenige Meter entfernt unter Schatten spendenden Bäumen.
       Birmingham glüht in der Spätsommerhitze. Die beiden zünden sich einen Joint
       an. Zwischen ihnen liegt eine Plastiktüte mit Kartoffelchips und Wasser.
       
       „Hey Lady, wir wollen Sie nicht stören.“ Greg deutet verlegen auf den
       Joint. So kommen wir ins Gespräch.
       
       Träfe man die beiden im Supermarkt an, würde nichts darauf hindeuten, wie
       sich ihr Alltag gestaltet. Vanessa und Greg duschen in einer christlichen
       Einrichtung, gehen im Greyhound-Busbahnhof auf die Toilette und laufen
       jeden Tag so viele Kilometer, dass ihnen die Füße schmerzen, um Sandwiches
       mit Speck, Ei und Käse zu organisieren. Vanessa ist schmal und knochig, mit
       ihren bunten Armbändern und einer schneeweißen Baumwollbluse tritt sie
       gepflegt, ja fast elegant auf.
       
       Seit dem 23. Juli dieses Jahres, erzählen die Howards, haben sie zum
       ersten Mal in ihrem Leben kein Zuhause. „This shit is real“, wiederholt
       Vanessa immer wieder den gleichen traurigen Satz. Wenn sie ihren Weg in die
       Obdachlosigkeit schildert, wirkt es so, als ob sie ihn selbst noch nicht
       ganz begriffen hätte.
       
       ## Typischer Weg in den USA
       
       Dabei ist er so typisch für die USA: Zuerst konnte sie wegen ihrer Skoliose
       der Arbeit als Patiententransporterin im Krankenhaus nicht mehr nachgehen.
       Dann verlor Howard wegen einer Verletzung am Fuß seinen Job bei der
       Schnellrestaurantkette Chipotle. Kurze Zeit später schmiss man sie aus
       ihrer Wohnung, weil sie die Miete nicht mehr bezahlen konnten.
       
       Vanessa bezieht eine kleine Rente, von der sie und Greg jeden Monat für ein
       paar Tage ein Hotelzimmer nehmen, um sich vom Leben auf der Straße
       auszuruhen. Nur eine bezahlbare Wohnung zu finden, sagen sie, ist
       unmöglich. Mit den anderen Obdachlosen, den Junkies im Linn Park, wollen
       sie nichts zu tun haben.
       
       Als Vanessa weint, tröstet er sie. „Baby, wir stehen das zusammen durch,
       Gott ist bei uns.“ Sie atmet tief aus. Ihm kullert eine Träne über die
       Wange. Geht jemand, der obdachlos ist, wählen? „Vanessa geht immer wählen!“
       
       Der Satz schießt aus ihr heraus: „Ich bin registriert zum Wählen!“ Als ob
       sie eigentlich sagen wollte: Aus meinem Haus könnt ihr mich schmeißen, aber
       meine Stimme kann mir niemand nehmen.
       
       Alabama blickt auf eine lange Entrechtungsgeschichte Schwarzer
       Wähler:innen zurück. Wollte man sich früher als Schwarzer in die
       Wählerlisten eintragen, wurde man verprügelt, später musste man
       Bildungstests bestehen. „Es sollte für amerikanische Bürger jeglicher
       Hautfarbe möglich sein, sich ohne Einmischung oder Angst vor Repressalien
       zur Teilnahme an einer Wahl zu registrieren.“ So hatte einst in Birmingham
       J.F. Kennedy während einer Radioansprache die Bürgerrechtsreformen
       angekündigt, die 1965 [1][im „Voting Rights Act“] gesetzlich
       festgeschrieben wurden.
       
       Dem Gesetz waren jahrelange Gewalt und Lynchmorde an Schwarzen Menschen
       vorangegangen. Kennedy hielt seine Rede 1963, nur drei Monate vor dem
       Bombenattentat, das die ganze Nation erschüttern sollte: in der Kirche, wo
       nahe daran Vanessa und Greg an diesem Tag sitzen, plante der Ku-Klux-Klan
       einen Terroranschlag, bei dem vier Schwarze Kinder starben. Sie hatten sich
       auf den Sonntagsgottesdienst vorbereitetet. Weil zwischen 1947 und 1965
       mehr als 50 Bombenattentate in Birmingham verübt wurden, erhielt die Stadt
       den schrecklichen Beinamen „Bombingham“.
       
       Heute sind mehr als zwei Drittel der Einwohner Schwarz, mehr als in fast
       jeder anderen Stadt der USA. Auch der Bürgermeister von Birmingham ist
       Schwarz. Doch Bürgerrechtsorganisationen wie die American Civil Liberties
       Union of Alabama beklagen auch heute Versuche, den Voting Rights Act von
       rechts auszuhöhlen. Diskriminierung von Schwarzen Wähler:innen mag im
       Jahr 2024 zwar anders aussehen als 1965 – verschwunden ist sie nicht. Wie
       ist das möglich: ausgerechnet in dem Bundesstaat, der das politische
       Schicksal der Vereinigten Staaten so prägte wie beinahe kein anderer?
       
       2020 lag die Wahlbeteiligung in Alabama bei den Präsidentschaftswahlen
       etwas über 60 Prozent, vier Prozent unter dem nationalen Durchschnitt und
       rund 16 Prozent niedriger als in Deutschland bei der Bundestagswahl 2021.
       Die Wahlbeteiligung Schwarzer Menschen in Alabama war proportional acht
       Prozent niedriger als die von Weißen.
       
       Vanessa zieht ein Visitenkärtchen aus ihrem Tagesrucksack. „Please Vote
       Democratic Kamala Harris“ steht drauf. Alabama ist seit Jahrzehnten fest in
       republikanischer Hand. Aber Vanessa gibt trotzdem immer den Demokraten ihre
       Stimme. Kamala Harris gefällt ihr besonders, weil sie eine Frau ist. Und
       weil diese Frau sich für die Abtreibungsrechte von anderen Frauen einsetzt:
       niemand, der vergewaltigt wurde, sollte dazu gezwungen werden, ein Kind auf
       die Welt zu bringen, findet Vanessa. Greg stimmt ihr zu. Die USA bräuchten
       endlich eine Frau als Präsidentin.
       
       ## Keine Möglichkeit zu wählen
       
       Aber er selbst darf nicht wählen. Er streckt seine Hand nach rechts aus, in
       Richtung Straße. „Siehst du den Barbershop mit der grün angestrichenen
       Fassade? Da haben sie mich bei einem Crackdeal erwischt. Früher war die
       ganze Gegend verseucht von Crack, du hättest hier nicht einfach so sitzen
       können.“ Fünf Jahre verbrachte er im Gefängnis, vor acht Jahren wurde er
       entlassen.
       
       Greg Howard ist einer von etwa 4,4 Millionen Häftlingen und Freigelassenen,
       die zwar US-Bürger:innen sind, aber kein Stimmrecht haben. Über die Hälfte
       aller Gefangenen machen Schwarze aus, bei einem Bevölkerungsanteil
       insgesamt von rund 26 Prozent. Alabama gehört zu den Bundesstaaten, die
       besonders viele seiner Bürger einsperren – doppelt so viele Schwarze wie
       Weiße.
       
       In allen US-Staaten außer Maine und Vermont dürfen Häftlinge nicht wählen.
       Doch in zehn davon, auch in Alabama, bleiben Ex-Insassen auch nach ihrer
       Freilassung ihre Bürgerrechte aberkannt. Zwar gibt es abhängig von der
       Straftat – ausgenommen sind in Alabama Mord, Vergewaltigung, Landesverrat
       und Vergehen an Kindern – die Möglichkeit, einen Antrag bei der Regierung
       zu stellen und so eventuell wieder das Wahlrecht zu erlangen. Greg hat es
       nicht geschafft, sagt er. Immer wieder hätte er es in den vergangenen
       Jahren versucht.
       
       Alles, was Greg und Vanessa erzählen, bleibt Behauptung, nichts davon lässt
       sich ad hoc prüfen. Doch warum sollten die beiden lügen? Sie bitten nicht
       um Geld, wollen nicht einmal eine Essenspende annehmen. Sie möchten nur
       erzählen.
       
       ## Entzug der Bürgerrechte
       
       Dadurch, dass überproportional Schwarze von den Wahlen ausgeschlossen sind
       und diese tendenziell für Demokraten stimmen, fragen sich nicht nur in den
       USA viele, ob dieser Entzug der Bürgerrechte auch Teil einer Strategie in
       republikanisch regierten Staaten ist – die Stimmen dieser Wähler:innen
       könnten einen wesentlichen Einfluss auf den Wahlausgang haben. Die
       Republikaner fürchten das.
       
       [2][Neben dem Stimmrechtausschluss von Ex-Häftlingen] ist vor allem das
       sogenannte Gerrymandering ein klassischer Konfliktfall: eine Partei an der
       Macht beschließt, Wahlkreisgrenzen neu zuzuschneiden, um die eigenen
       Erfolgsaussichten zu maximieren. [3][Das Brennan Center for Justice wertete
       aus,] dass Republikaner im letzten Jahrzehnt 191 Wahlkreisgrenzen
       kontrollierten. Im Vergleich waren es bei den Demokraten 75. Gezogen werden
       die Wahlkreisgrenzen alle zehn Jahre neu.
       
       Gerrymandering trifft in Alabama vor allem den sogenannten Black Belt, die
       Gegend um Städte wie Montgomery und Selma südlich von Birmingham. Der
       „Black Belt“ ist ein Landstrich mit fruchtbarer Schwarzerde, die wegen
       ihrer Baumwollplantagen-Wirtschaft und später wegen des hohen Anteils
       Schwarzer Bevölkerung so genannt wurde. Die meisten Nachfahren von Sklaven
       leben in diesem Landstrich.
       
       Nach der Klage des Schwarzen Aktivisten Evan Milligan fasste der Supreme
       Court im Juni 2023 den Beschluss, dass der Staat Alabama seine Wahlkreise
       neu ordnen müsse. Nur in einem von sieben Wahlbezirken hatten Schwarze
       Wählerinnen eine Mehrheit – dabei sind fast ein Drittel der Bevölkerung
       Schwarz. Und Schwarze wählen mehrheitlich Demokraten, Weiße Republikaner.
       Selbst einige konservative Richter am Supreme Court sahen darin eine
       Diskriminierung und gaben den Klägern recht. Zum ersten Mal haben die
       Wähler:innen in zwei Wahlkreisen für den US-Kongress nun eine Chance,
       ihren Kandidaten nach Washington zu entsenden.
       
       ## Egal, wer an der Macht ist
       
       Der Friseur vom Barbershop, ein älterer Herr mit einem grau melierten
       Spitzbart, stößt zu Greg und Vanessa. Man kennt sich aus der Nachbarschaft.
       „Was sagst du, gehst du wählen?“, fragt Greg. Der Friseur blickt ihn
       gelangweilt an. „Wozu brauche ich einen Präsidenten?“ Egal wer an der Macht
       sei, er selbst müsse jeden Tag aufstehen, zur Arbeit gehen, seine Familie
       ernähren.
       
       Kamala Harris nennt er nur „the Black Lady“, dabei ist er selbst auch
       Schwarz. Vielleicht werde er für sie stimmen, „obwohl ich nichts über sie
       weiß“. Sein einziger Beweggrund: er kann Donald Trump nicht ausstehen. Das
       letzte Mal war der Friseur 2008 wählen. „Obama, na klar.“
       
       Wahl-Apathie ist ein weit verbreitetes Phänomen, das sich durch das ganze
       Land zieht, vor allem aber junge Menschen und weniger klassisch gebildete
       Bevölkerungsschichten betrifft. Laut einer Umfrage des unabhängigen Pew
       Research Centers sind nur vier Prozent aller Wähler:innen zufrieden mit
       dem amerikanischen Wahlsystem. Viele Wähler:innen glauben demnach: ob
       sie wählen gehen oder nicht – eigentlich spielt es keine Rolle.
       
       Das „The winner takes it all“-Prinzip im amerikanischen Wahlsystem
       bedeutet, dass bei jeder Präsidentschaftswahl Millionen abgegebener Stimmen
       für die Tonne sind. In New York etwa gewinnt die Demokratische Partei immer
       deutlich, was sämtliche republikanische Stimmen verfallen lässt. In Alabama
       ist es andersherum.
       
       „Gehst du wählen?“, schreibe ich einem alten Bekannten, einem jüdischen
       Punk-Musiker Mitte dreißig aus Huntsville, einer Stadt nördlich von
       Birmingham. „Auf keinen Fall“, antwortet er. „Ich werde meine Stimme
       niemals den Demokraten geben.“ Dabei hat er sehr wohl ein politisches
       Bewusstsein, vertritt linke Positionen. Jeder US-Bundesstaat habe seine
       eigene Demokratische Partei.
       
       In Alabama hätten in der Demokratischen Partei ältere Schwarze
       Politiker:innen das Sagen, die aus der politischen Organisation
       Schwarzer Protestantischer Kirchen hervorgegangen sind. Sie stünden rechts
       der Demokratischen Partei von Joe Biden und Kamala Harris, würden nicht
       selten queere Menschen diskriminieren und Abtreibungen ablehnen.
       
       „Man übt Druck auf uns aus, wählen zu gehen. Dabei heißt Wählen nur: du
       hast deinen Teil getan und lässt dich von der Illusion auf Fortschritt
       blenden.“ Auch für ihn, wie für viele jüngere Menschen in diesem Land, gibt
       es niemanden, von dem sich der Musiker repräsentiert fühlt. Er glaubt nicht
       an das Prinzip des kleineren Übels.
       
       ## Nashville, Tennessee
       
       Wer Amerika verstehen will, der sollte in Nashville beginnen. Sie ist die
       demokratische Boom-Town in einem republikanischen Bundesstaat. Eine
       Milliardenindustrie für ein konservativ gelesenes Publikum ist hier
       beheimatet: die Country-Musik. Nashville schläft nicht. In
       Honky-Tonk-Spelunken scheppern rund um die Uhr Basstöne. Menschenmassen
       strömen über das Pflaster im Zentrum. Stars wie Dolly Parton, Elvis Presley
       und Kid Rock haben hier ihre Namen auf Edelstahlsternen am Boden verewigt.
       Tagein, tagaus stampfen betrunkene Tourist:innen mit ihren
       Cowboystiefeln darüber.
       
       Der Eintritt in die Hall of Fame der Country-Musik kostet 35 Dollar pro
       Person. Auf dem Gebäude hängt ein gigantisches Foto: Taylor Swift lässt in
       Glitzerbody und bunten Pailletten von Versace ihren verführerischen Blick
       über den Hall of Fame Park schweifen. Ausgerechnet in jenem Park haben sich
       an diesem Samstagmorgen die linken Kräfte der Stadt versammelt. Sie feiern
       nachträglich den Labor Day.
       
       An so einem Tag brutzeln südstaatenklassisch die Burger im Food-Truck,
       Rauch steigt in die heiße Luft, eine Band spielt erbauliche Live-Musik. An
       überdachten Infoständen stecken sie neben Luftballons und Fahnen die Köpfe
       zusammen und beklagen den Zustand der Welt und der Stadt.
       
       Tennessee ist der US-Staat mit der landesweit niedrigsten Wahlbeteiligung:
       nur 59 Prozent gaben hier 2020 ihre Stimme für einen Präsidenten ab. Aber
       anzunehmen, dass den Menschen in dieser wilden, getriebenen Metropole das
       Bewusstsein für die Politik fehlt, wäre zu kurz gedacht – obwohl sie hier
       mit den gleichen strukturellen Problemen wie in Alabama zu kämpfen haben:
       Apathie, Gerrymandering, Schwierigkeiten bei der Registrierung von
       Ex-Häftlingen.
       
       Da sitzt die Kamala-Fangemeinde mit ihren Kamala-T-Shirts in ihren
       Campingstühlen, daneben verteilen die Middle Tennessee – Democratic
       Socialists Of America knallrote Sticker, Kulis und Flyer. Genosse Miller,
       39 Jahre alt, im echten Leben Vertriebskaufmann, ist hier, um auf die
       prekären Missstände amerikanischer Arbeiter:innen aufmerksam zu machen
       und Widerstand zu mobilisieren.
       
       „Wir als Sozialisten unterstützen keine Präsidentschaftskandidaten.“ Zu
       sehr hätten die Demokraten ihn enttäuscht, zuletzt durch ihre Reaktion auf
       die Palästina-Solidarität an Universitäten. Wem er seine Stimme geben
       würde? Miller hält inne, schüttelt den Kopf. Wahrscheinlich, sagt er nach
       kurzer Bedenkzeit, würde er „Uncommitted“ („unentschlossen“) ankreuzen.
       
       ## „Geht wählen!“
       
       Wenige Meter weiter hat die Bürgerinitiative How Nashville Moves ihren
       Stand aufgebaut. Sie wollen bessere Verkehrssteuerung in der Stadt, mehr
       Ampeln und Gehwege: eine Initiative des früher Unabhängigen, jetzt den
       Demokraten angehörenden, beliebten Bürgermeisters von Nashville Freddie
       O’Connell. „Geht wählen! Dass ihr wählt, hat lokal viel größere Bedeutung
       als die Präsidentschaftswahlen“, erklärt die Aktivistin am Stand ihre Sicht
       auf die Dinge.
       
       Niemand von den Menschen, auf die ich treffe, ringt mit der historischen
       Dimension dieses Wahlkampfes. Die sich überschlagenden Ereignisse der
       letzten Monate, Donald Trumps Verurteilung, die zwei Mordversuche, Bidens
       Rückzug – all das, was in der Geschichte Amerikas noch nie Normalität war,
       wird mit verblüffendem Gleichmut aufgenommen. „Wir sind erschöpft. Wir
       können nicht permanent erschrocken sein über den Zustand unseres Landes“,
       sagt mir eine Bekannte in Nashville.
       
       Wie lässt sich die Stimmung in diesem Land also greifen? Die Eindrücke, die
       ich bei ganz „gewöhnlichen Amerikaner:innen“ sammele, sind nicht mehr als
       stichprobenartige, willkürliche Eindrücke. Aber vielleicht erzählen sie ja
       doch etwas über die unendliche Weite dieses Landes.
       
       „Präsidenten wählen?“, fragt mich mein Uber-Fahrer Samuel. Er klingt, als
       ob er sich diese Frage in seinem Leben selten gestellt hätte. Trump sei ein
       guter Politiker, ja, aber sein Verhalten so pubertär. Eigentlich,
       beschließt Samuel, fände er für die USA das Modell aus dem europäischen
       Mittelalter am besten: „King and Queen!“
       
       8 Oct 2024
       
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