# taz.de -- Kulturzentrum in Osnabrück: Autonome besetzen kurzzeitig
       
       > Das Osnabrücker Soziokultur-Zentrum „Substanz“ steht nun ohne Mietvertrag
       > und ohne Treffpunkt da. AktivistInnen besetzten das alte Gebäude.
       
 (IMG) Bild: Folgenlose Besetzung in Osnabrück: Das autonome Soziokultur-Zentrum steht weiter ohne Treffpunkt dar
       
       Osnabrück taz | In der Nacht von Freitag auf Samstag haben AktivistInnen
       das einstige autonome [1][Soziokultur-Zentrum Substanz] in der Osnabrücker
       Frankenstraße 25A besetzt. Der Grund: Wenige Tage zuvor war dessen
       Mietvertrag ausgelaufen, nach 15 Jahren. Das Zentrum steht ohne Haus da.
       
       Das Substanz war mit seiner „antifaschistischen, (queer-)feministischen,
       antirassistischen und antikapitalistischen Arbeit hin zu einem guten Leben
       für alle“, wie es sich selbst beschreibt, eine feste Größe der Subkultur-
       und Polit-Szene der Stadt. Es gab eine Theke und kleine Bühne, Vorträge und
       Workshops. Gruppen trafen sich, um etwa Demos vorzubereiten. Es gab die
       Punk-Kneipe, das vegane Mitbringtreffen, das Antifa-Café.
       
       Über Osnabrücks Grenzen hinaus bekannt wurde das Substanz 2023. Claudia
       Roth (Grüne), damals Beauftragte der Bundesregierung für Kultur, gab in
       Hannover die Preisträger des Applaus-Awards bekannt und das Substanz konnte
       sich über zwei Auszeichnungen freuen: in der Hauptkategorie „Beste kleine
       Spielstätten und Konzertreihen“ und über den Sonderpreis „Awareness“. Doch
       schon damals zeichnet sich das Ende ab, die Kündigung liegt bereits auf dem
       Tisch.
       
       Ein Jahr später greift die Kündigung dann tatsächlich, das Zentrum zieht in
       ein Übergangsquartier. „Es ist ironisch wie auch vorhersehbar“, kommentiert
       das Substanz auf seiner Website, „dass die kapitalistische Verwertung des
       Hauses durch die Vermieter dazu führt, dass wir diesen Ort verlassen
       mussten“. Sie solidarisieren sich mit den BesetzerInnen. Die hängen Banner
       mit Schriftzügen wie „Das ist unser Haus“ an die Fassade.
       
       ## Eskalation vermieden
       
       Die Aktion an der Frankenstraße ist dann allerdings schnell vorbei: Am
       Sonntag um 18 Uhr räumen die AktivistInnen das Gebäude bereits wieder. „Wir
       wollten jede Eskalation vermeiden“, sagt eine Sprecherin der Aktion der
       taz.
       
       Am Samstag hatte es Gespräche zwischen Eigentümern, Stadt Osnabrück,
       Polizei und BesetzerInnen gegeben. Die Eigentümer duldeten schließlichdie
       Aktion und stimmten einer Öffnung des Hauses für alle bis Sonntagabend zu.
       
       „Eine Stadtgesellschaft braucht gerade in Zeiten des Rechtsrucks
       antifaschistische Freiräume“, schreiben die BesetzerInnen in einer
       Erklärung. „Doch die Stadt Osnabrück zeigt keinerlei Interesse, solche
       Räume zu schützen.“
       
       Wie nötig solche Schutzräume sind, zeigen aus Substanz-Sicht einige
       übermalte Graffiti-Schriftzüge im Gebäude in der Frankenstraße. Da werde
       die „antifeministische Haltung der Menschen deutlich, die das ehemalige
       Substanz nun kommerziell nutzen wollen “, teilte das Zentrum mit.
       Beispielsweise wurde aus dem Schriftzug „However I dress, wherever I go,
       yes means yes und no means no“ ein „no means yes“.
       
       ## Keine strafrechtlichen Folgen
       
       Die Besetzung verlief bei allem Konfliktpotenzial aber entspannt.
       „Zwischenfälle gab es nicht“, sagt Kim Junker-Mogalle, Sprecherin der
       Polizeiinspektion Osnabrück, der taz. „Die Besetzenden haben das Gebäude
       friedlich verlassen. Das ist alles sehr gut verlaufen.“
       
       Auch strafrechtlich hat die Aktion keine Folgen: „Die Eigentümer haben
       davon abgesehen, Strafantrag wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung
       zu stellen“, so die Sprecherin.
       
       Trotz der Kürze der Aktion haben die AktivistInnen und BesucherInnen es
       geschafft, die Themen wie Kommerzialisierung und Gentrifizierung vor Ort
       ins Bewusstsein zu rücken. Die Forderung der AktivistInnen, das Haus „an
       die langjährigen Nutzenden“ zu übergeben, verhallte aber.
       
       „Ich kann den politischen Protest und die Besetzung gut verstehen“, sagt
       [2][Volker Bajus], Fraktionsvorsitzender der Grünen im Osnabrücker
       Stadtrat, der taz. „Die Menschen im Substanz haben jahrelang dazu
       beigetragen, dass das Quartier beliebter geworden ist. Und dann wird ihnen
       gekündigt. Das ist bitter.“
       
       Die Ratsmehrheit von Grünen, SPD und Volt unterstütze das Substanz als
       „wichtigen Treffpunkt“, sagt Bajus. „Leider hat zurzeit auch die Stadt
       keinen Zugriff auf eine passende Immobilie. Aber die Suche geht ja weiter.“
       
       9 Sep 2024
       
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 (DIR) Harff-Peter Schönherr
       
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