# taz.de -- Die Wahrheit: Schweiß und Schwein
       
       > Klischees sind oft falsch, auch solche über Tiere. Also: Schweine
       > schwitzen nicht – und stinken nur in Ausnahmefällen. Alles weitere im
       > Folgenden …
       
       Nur kurz einige spätsommerliche Anmerkungen zu aktuellen, gerade noch
       hitzebedingt verursachten Wahrnehmungen im öffentlichen Raum. Ach,
       verzeihen Sie bitte, ich wollte es gar nicht so hochgestochen formulieren,
       es ist mir deutlich zu kompliziert herausgetropft.
       
       Eigentlich ist es viel einfacher, sogar ziemlich banal. Ums kurz zu machen:
       Ich habe etwas gehört. Kürzlich. Kürzlich war es sehr heiß, und es war
       stickig, und es war in der von transpirierenden und entsprechend würzig in
       die Umgebung ölmenden Menschen sehr vollgemachten U-Bahn. Dort, wo sich die
       Stammstrecken unterirdisch kreuzen. Aber das nur nebenbei.
       
       Nur drei Nasenbreiten von mir entfernt stand ein recht junges Pärchen, eine
       Sie und ein Er, nicht nur sehr eng aneinander geschmiegt, sondern auch sehr
       im eigenen Saft. Und da habe ich es dann gehört. Das, was sie deutlich
       wahrnehmbar zu ihm sagte. Lieb und zugeneigt und verständnisvoll und
       richtiggehend zärtlich: „Puh – du stinkst wie’n Schwein.“
       
       Ich stank also direkt neben den beiden und war geneigt, der jungen Frau
       laut und deutlich zuzustimmen. Ich konnte mich aber noch so eben
       zurückhalten, weil mir zum Glück klar wurde, dass das nicht nur ziemlich
       unwoke gewesen wäre, sondern darüber hinaus ausgesprochen
       schweineverachtend.
       
       Denn das Schwein schwitzt ja nicht. Und sollte das Schwein tatsächlich mal
       stinken, dann eben auf gar keinen Fall, weil es schwitzt, sondern weil es
       sich halt zwecks Körpertemperaturregulierung in einem höchst kühlenden
       Sauhaufen rumgewälzt hat.
       
       ## Schwein ohne Schweißdrüsen
       
       Dem Schwein fehlt es nämlich an so einigem. Nicht an Verstand, das nicht,
       aber zum Beispiel an Schweißdrüsen. Es ist wohl die Schweißdrüse, die den
       Menschen annehmen lässt, er könne sich über das Schwein erheben. Der Mensch
       meint, er stänke ausstattungstechnisch von einem höheren Niveau auf das
       Schwein herunter und dürfe sich ob der in ihm verbauten Schweißdrüsen für
       etwas Besseres, ja sogar für die Krone der Schöpfung halten.
       
       Wenn der Mensch überhaupt bereit ist, dem Schwein einen gewissen Vorteil
       gegenüber sich selbst einzuräumen, dann allenfalls den, dass das Schwein
       wegen der ihm fehlenden Drüsen niemals unter der Menschheitsgeißel
       Schweißfuß leiden muss. Möglicherweise werden Schweinsfüße auch deswegen
       hier und da noch vom Menschen gern gegessen.
       
       Dass der Mensch sich angeblich „wie ein Schwein“ benimmt, kann man dem
       Schwein wahrlich nicht vorwerfen. „Du stinkst wie ein Schwein“ ist ein
       Vergleich, den sich das Schwein nicht ausgedacht hat. Dafür hat es einen
       viel zu feinen Charakter. Im Gegensatz zum Menschen, der sich weiß Gott
       grundlos was auf sich selbst einbildet. Arrogant, eklig und zu allem fähig.
       Nicht nur, aber auch wegen seiner Drüsen.
       
       So – und jetzt gehe ich mal ganz schnell duschen.
       
       10 Sep 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fritz Eckenga
       
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