# taz.de -- Rekord-Videospiel „Black Myth: Wukong“: Kontroverser Affenkönig
       
       > „Black Myth: Wukong“ ist eines der meist erwarteten Spiele 2024. Doch
       > neben starken Verkaufszahlen produziert das Spiel auch negative
       > Schlagzeilen.
       
 (IMG) Bild: Affenkönig Wukong in Aktion
       
       Der Affe weicht den herankommenden Schlägen des riesigen Tigers elegant
       aus. Er katapultiert sich mit seinem goldenen Stab in die Lüfte und kommt
       mit einem mächtigen Hieb auf die Erde zurück. Dann greift er zum Schwert
       auf seinem Rücken und der Kampf zwischen Tiger und Affe entbrennt aufs
       Neue. In einer alten Tempelruine und in blutrotem Wasser kämpfen sie bis
       zum Tode. Im Hintergrund steht eine zerstörte Buddha-Statue, die ihren
       bitteren Kampf verfolgt. Nach einem langen Duell aktiviert der Affe seine
       Spezialfähigkeit und aus seinem Stab schießen Flammen hervor. Er schlägt
       ein letztes Mal zu und der Tiger geht mit Gebrüll zu Boden. Der Affe kann
       seine Reise fortsetzen, eine gefährliche und mit Monstern gespickte Reise
       nach Westen, um heilige Schriften nach Indien zu bringen.
       
       Das Videospiel „Black Myth: Wukong“ des chinesischen Studios Game Science
       adaptiert das wohl populärste Stück chinesischer Literatur: „Die Reise nach
       Westen“, geschrieben von dem Dichter Wu Cheng’en im 16. Jahrhundert. Im
       Spiel wie auch in der Vorlage geht es um die Reise und Reinkarnation des
       Affenkönigs Wukong. Mit seinem Stab und der Fähigkeit, sich zu verwandeln,
       tritt er gegen Tiger, Götter und Geister an.
       
       Es ist nicht das erste Mal, dass der Roman als Spiel adaptiert wurde, doch
       das 40-stündige „Black Myth: Wukong“ ist der bisher größte und
       erfolgreichste Versuch. Das Spiel hatte [1][auf der PC-Plattform „Steam“]
       direkt am Veröffentlichungstag am 20. August über 2,2 Millionen
       gleichzeitige Spieler:innen. Damit ist es nicht nur der mit Abstand
       erfolgreichste Einzelspielertitel, sondern auch ein Beweis für das enorme
       Potenzial, das in der chinesischen Spieleindustrie liegt. Doch liegt neben
       Potenzial auch etwas anderes in dem populären Spiel: Misogynie, chinesische
       Zensur und eine klare Position gegen Vielfalt.
       
       Ausgewählte Influencer und Streamer bekamen vorzeitig ein Testmuster und
       dazu Richtlinien des Studios, was sie vermeiden sollen. Unter den zu
       vermeidenden Punkten findet sich „feministische Propaganda“, Wörter wie
       „Isolation“, „Covid-19“, „Quarantäne“ und das Verbot, über die chinesische
       Politik und Spieleindustrie zu sprechen.
       
       ## Sexistische Kommentare
       
       Bereits im November letzten Jahres veröffentlichte das reichweitenstarke
       [2][Online-Spielemagazin IGN eine Recherche] darüber, wie misogyn das
       Studio Game Science ist. Darin wurden mutmaßliche Kommentare des Studios
       wiedergegeben, dass man zu allen weiblichen Figuren masturbieren könne,
       sich übergewichtige Frauen nicht bei ihnen bewerben sollen und ein
       Arbeitsplatz Freundschaften mit sexuellen Vorzügen mit sich bringt. Auf der
       Plattform X haben User das Studio verteidigt, indem sie auf angeblich
       falsche Übersetzungen aus dem Chinesischen in der IGN-Reportage hingewiesen
       haben.
       
       Die nun aufgetauchten Richtlinien zeigen, dass die Sexismusvorwürfe Bestand
       haben. Game Science hat journalistische Anfragen aus mehreren Ländern
       bisher ignoriert. Währenddessen sind die Reaktionen auf das Spiel
       inhaltlich positiv, wobei die chinesischen Kritiken noch wohlwollender
       ausfallen als ihre westlichen Pendants. Doch es bleibt ein Beigeschmack,
       zumal das Redeverbot über die chinesische Politik entfernt an die
       Propaganda des [3][russischen Spiels „Atomic Heart“] erinnert.
       
       Wie der massive Erfolg des Spiels trotz der Kontroversen zu erklären ist?
       Sicherlich nicht damit, dass das Spiel keine Frauen beinhaltet. Schließlich
       wurde Lara Croft aus der „Tomb Raider“-Reihe auch ein Millionenseller.
       Vielmehr liegt es daran, dass „Black Myth: Wukong“ die chinesische Folklore
       klischeefrei präsentiert und dazu ein hervorragendes Spiel ist. Es greift
       Versatzstücke beliebter Spielelemente auf, hat eine Vielzahl an kreativ
       gestalteten Gegnern, eine prächtige Welt und ein anspruchsvolles
       Kampfsystem, das seine Komplexität erst nach mehreren Stunden offenbart.
       
       Dazu hat eine [4][Analyse der Spiele-Agentur GameDiscoverCo] ergeben, dass
       knapp 90 Prozent der Spieler:innenschaft von „Black Myth: Wukong“ aus
       China stammen. In der chinesischen Politik nehmen Diversität und
       Inklusionen allgemein einen geringeren Stellenwert ein als im westlichen
       Diskurs. Man sollte den Erfolg des Spiels also nicht mit einem Sieg gegen
       diese Werte verwechseln.
       
       22 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://store.steampowered.com/app/2358720/Black_Myth_Wukong/
 (DIR) [2] https://www.ign.com/articles/how-black-myth-wukong-developers-history-of-sexism-is-complicating-its-journey-to-the-west
 (DIR) [3] /Computerspiel-Atomic-Heart/!5915392
 (DIR) [4] https://newsletter.gamediscover.co/p/black-myth-wukong-behind-the-numbers
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Seng
       
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