# taz.de -- Hochwasser in Südbrasilien: Flutgrund Flughafen
       
       > Schwere Überschwemmungen zerstörten im Mai Teile Südbrasiliens. Das
       > deutsche Unternehmen Fraport könnte dabei eine brisante Rolle spielen.
       
 (IMG) Bild: Die überschwemmte Landebahn des Flughafens von Porto Alegre, im Mai
       
       Berlin taz | Die Folgen der Flut seien noch überall sichtbar, sagt Matheus
       Gomes der taz. Gerade käme er von einer armen Gemeinde zurück, viele Häuser
       seien beschädigt, überall liege Müll herum. Gomes sitzt für die linke
       Partei PSOL im Landesparlament des südbrasilianischen Bundesstaates Rio
       Grande do Sul. Seine Heimatstadt Porto Alegre wurde im Mai schwer von einer
       Flutkatastrophe getroffen.
       
       Während die Wiederaufbauarbeiten laufen, hat die politische Debatte an
       Fahrt gewonnen. Matheus Gomes veröffentlichte kürzlich brisante Dokumente,
       die darauf hinweisen sollen, dass Bauarbeiten am Flughafen möglicherweise
       das Hochwassersystem der Stadt geschwächt haben. Das könnte zur
       Verschlimmerung der Flutkatastrophe beigetragen haben.
       
       Besonders brisant: Der Internationale Flughafen von Porto Alegre wird von
       einem deutschen Unternehmen, der Fraport AG betrieben. Inzwischen hat auch
       die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen.
       
       Im Mai verursachten [1][starke Regenfälle verheerende Überschwemmungen in
       Südbrasilien], eine der schwersten Klimakatastrophen in der Geschichte des
       Landes. Dabei kamen 160 Menschen ums Leben, und Hunderttausende wurden
       vorübergehend obdachlos. Expert*innen schätzen, dass der vollständige
       Wiederaufbau mehr als zehn Jahre dauern wird.
       
       ## Verletzte Fraport in Porto Alegre Sicherheitsvorschriften?
       
       Gomes und seine Mitarbeiter*innen hatten Zugang zu einer Vielzahl von
       Dokumenten, darunter städtebauliche Studien, Berichte von
       Ingenieur*innen sowie Korrespondenzen zwischen Fraport und der
       Stadtverwaltung von Porto Alegre. Die 1400 Seiten sollen belegen, dass die
       Erweiterungsarbeiten des Flughafens gegen Sicherheitsvorschriften
       verstießen.
       
       Ein ursprüngliches Bauprojekt sah Maßnahmen vor, um eine Überlastung des
       Entwässerungssystems bei Regenfällen zu vermeiden. Das soll Fraport jedoch
       ignoriert haben. „Um die Kosten zu senken und die Arbeiten schneller
       abzuwickeln, konstruierte Fraport ein paralleles Entwässerungssystem“,
       kritisiert Gomes. Diese Änderungen sollen das städtische Hochwassersystem
       überlastet haben und könnten zu den verheerenden Überschwemmungen
       beigetragen haben. Der Flughafen Salgado Filho in Porto Alegre befindet
       sich in unmittelbarer Nähe von zwei Flüssen.
       
       Fraport widerspricht den Vorwürfen. „Als Teil der Investitionsmaßnahmen
       investierte Fraport rund 170 Millionen brasilianische Real (28,7 Millionen
       Euro) in [2][ein hochmodernes Entwässerungssystem], das den städtischen
       Entwässerungsstandards entspricht und regelmäßig von den zuständigen
       Behörden überprüft wird“, erklärte die Pressesprecherin Fraports der taz.
       
       Das Entwässerungssystem sei so konzipiert worden, dass es nicht allein die
       Niederschläge vom Flughafengelände aufnimmt, sondern auch Niederschläge der
       angrenzenden Gemeinden. „Die Realisierung durch Fraport hat dazu geführt,
       dass nicht nur der Flughafen, sondern auch die benachbarten Viertel von
       Überschwemmungen bis zum Jahrhunderthochwasser im Mai 2024 verschont
       blieben.“
       
       ## Mehrere Überschwemmungen in Flughafennähe
       
       Das sieht der Abgeordnete Gomes anders. Bereits vor dem Hochwasser im Mai
       habe es immer wieder Überschwemmungen in armen Gemeinden rund um den
       Flughafen gegeben, wofür er die mangelhaften Erweiterungsarbeiten am
       Flughafen verantwortlich macht. Fraport erklärte, alle Bauarbeiten seien
       durch die zuständigen Behörden „ordnungsgemäß genehmigt“ worden. Laut Gomes
       zeigten die von ihm analysierten Dokumente allerdings, dass der
       Flughafenbetreiber Kontrollen durch die Behörden verhindert habe.
       
       Politiker Gomes nimmt auch die Stadtverwaltung in die Verantwortung. Sie
       habe – trotz Bedenken von Expert*innen und offensichtlichen Mängeln des
       Systems – die Bauarbeiten nicht gestoppt. „Die Stadtverwaltung entschied
       sich dafür, sich unterzuordnen und die Bedingungen Fraports zu
       akzeptieren.“
       
       2017 [3][erhielt die Fraport AG den Zuschlag] für den Konzessionsvertrag
       für den Flughafen von Porto Alegre, kurze Zeit später begann eine
       25-jährige Konzessionslaufzeit durch Fraport Brasil, eine hundertprozentige
       Tochtergesellschaft der deutschen Fraport AG. Das börsennotierte
       Unternehmen stand auch schon in der Vergangenheit in der Kritik.
       
       Für den Ausbau der Landebahn wurden zwischen 2019 und 2020 rund 1300
       Familien aus der armen, direkt an den Flughafen grenzenden Gemeinde Vila
       Nazaré geräumt. Die Umsiedlung der Bewohner*innen war stark umstritten
       und führte zu Protesten und rechtlichen Auseinandersetzungen.
       
       ## Porto Alegre: Streit um Wiedereröffnung des Flughafens
       
       In der jüngsten Debatte ist auch die Wiedereröffnung des Flughafens ein
       Streitpunkt. Einige Flüge werden zwar vom Militärflughafen und Flughäfen in
       anderen Teilen des Bundesstaates abgewickelt, aber der Hauptflughafen in
       Porto Alegre bleibt weiterhin geschlossen. Dies führt zu ökonomischen
       Schäden in Milliardenhöhe, Einbußen im Tourismus und Verzögerungen bei der
       Frachtzustellung. Laut Presseberichten forderte Fraport Geld vom
       brasilianischen Staat, um den Betrieb wiederaufzunehmen.
       
       Am 16. Juli erklärte Fraport überraschend, den Flughafen bald
       wiederzueröffnen und für die Kosten aufzukommen. „Es ist ein Sieg, dass
       öffentliches Geld nicht in die Taschen der Deutschen wandert“, erklärte
       [4][Lokalpolitiker Matheus Gomes auf X]. „Nun werden wir dafür kämpfen,
       dass Fraport auch für die Schäden aufkommt, die durch die
       unverantwortlichen Bauarbeiten entstanden sind.“
       
       18 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Unwetter-in-Brasilien/!6008323
 (DIR) [2] /Mehr-intakte-Natur-in-Europa/!5992137
 (DIR) [3] /Hessische-Gruene-und-Dannenroeder-Forst/!5717220
 (DIR) [4] https://x.com/matheuspggomes?lang=de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Niklas Franzen
       
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